personalmagazin 8/2016 - page 56

personalmagazin 08/16
zu einem sogenannten Microtasking. Da-
bei wird eine Aufgabe in möglichst viele
kleine Teilaufgaben zerlegt, die von eben-
so vielen externen sogenannten Click-wor-
kern bearbeitet werden (Crowdworking).“
Aber wer soll das Ganze integrieren? Auch
wieder irgendwie die Digitalisierung?
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SPEZIAL
_DIGITALE TRANSFORMATION
Die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften (Acatech) hat einen HR-Kreis
mit renommierten Personalvorständen zusammengestellt, die das Positionspapier
„Die digitale Transformation gestalten – Was Personalvorstände zur Zukunft der
Arbeit sagen“ erstellt haben. Moderator war der Publizist Thomas Sattelberger.
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) beschäftigt sich mit der
Entwicklung von Technik und Gesellschaft. Zuletzt gab es ein Projekt zu Industrie 4.0,
aus dem die Idee entstand, zusammen mit Personalfachleuten über die Auswirkungen
der „digitalen Revolution“ nachzudenken. Deshalb hat die Acatech einen „HR-Kreis“
zusammengestellt, der einen „geschützten Raum für den Austausch über die Herausfor-
derungen der zukünftigen Gestaltung der Arbeit“ bieten sollte. Die Ergebnisse von zwei
Gesprächsrunden, in die auch vorhandene Papiere von Teilnehmern eingeflossen sind,
wurden in dem Positionspapier „Die digitale Transformation gestalten – Was Personal-
vorstände zur Zukunft der Arbeit sagen“ veröffentlicht. Im Papier wird aber keine klare
Position formuliert, vielmehr stehen darin auch Aussagen mit unterschiedlichen Akzentu-
ierungen nebeneinander. Dessen waren sich die Urheber offenbar bewusst, weshalb sie
als Untertitel „Stimmungsbild aus dem Human-Resources-Kreis“ wählten.
Der Teilnehmerkreis ist renommiert. Dazu gehören beispielsweise Immanuel Hermreck
(Bertelsmann), Katharina Heuer (DGFP), Heiko Hutmacher (Metro), Christian Illek (Telekom),
Melanie Kreis (Post), Janina Kugel (Siemens), Zhengrong Liu (Beiersdorf), Horst Neumann (Ex-
Volkswagen), Stefan Ries (SAP) oder Bettina Volkens (Lufthansa). Moderiert wurde der Kreis
von Thomas Sattelberger und Henning Kagermann. Der HR-Kreis tagte zweimal, woraus das
Papier entstand, das anschließend von den Teilnehmern freigegeben wurde.
Dem HR-Kreis liegen zwei übergeordnete Ziele besonders am Herzen:
„1. Wir müssen unsere Innovationskraft in Deutschland erhalten und schnellstmöglich die
Transformation angehen. Die Notwendigkeit der Transformation betrifft Unternehmen, die
Bereiche Bildung und Arbeit sowie die Gesellschaft als Ganzes. Eine besondere Herausfor-
derung besteht darin, die Transformation von neuen Geschäftsmodellen her zu denken.
2. Wir müssen auch weiterhin Wachstum in Deutschland ermöglichen, um unseren
Wohlstand zu sichern. Aspekte, mit denen wir uns dabei auseinandersetzen müssen,
sind unter anderem die Fachkräftesicherung in Zeiten des demografischen Wandels, die
Themen Integration und Diversity, ein Bildungssystem, das fördert, statt zu selektieren
und die Steigerung unserer Produktivität.“
Das Papier ist damit nicht nur eine Stellungnahme zu den Herausforderungen der HR-
Arbeit, sondern formuliert auch Anforderungen an Schule, Hochschule und Politik. Das
vollständige Papier können Sie kostenlos downloaden unter:
HR-Vorstände zur Zukunft der Arbeit
HINTERGRUND
Gleichzeitig brauchen wir angeblich
permanent kreative „Zerstörerinnen
und Zerstörer, die die Transformation
von Geschäftsmodellen beherrschen“
und nebenbei Beziehungen, Abteilungen
sowie ganze Unternehmen „zerstören“,
nur um sie agil wieder aufzubauen.
Natürlich ist Agilität nötig: In diesem
Positionspapier aber wird Agilität mit ra-
dikaler Zerstückelung gleichgesetzt. Und
das ist aus systemtheoretischer Sicht ein-
fach falsch.
Der versteckte Sprengstoff:
Abschaffung der Mitbestimmung
Sicherlich waren einige der unterzeich-
nenden (ehemaligen) HR-Vorstände
schon einmal „Opfer“ eines aggressiven
Betriebsrats. Das ist aber kein Grund, in
eine Debatte über eine „Mitbestimmung
light“ (so der Originalton der Autoren)
einzusteigen: Wir dürfen nicht die Vor-
teile der deutschen Mitbestimmung ver-
gessen wie beispielsweise die Reduktion
von Transaktionskosten. Dass Mitbe-
stimmung ihr Ablaufdatum erreicht hat,
mögen zwar einige der Autoren dieses
Positionspapieres hoffen, dies ist aber
wissenschaftlich nicht bestätigt.
Natürlich brauchen wir eine Diskussi-
on über die Mitbestimmung: Wir brauchen
aber keine pauschale Reduktion, sondern
eine Erweiterung, beispielsweise bei der
External Workforce. In einigen Unterneh-
men müssen wir sogar erst mit echter Mit-
bestimmung anfangen. Und schließlich
müssen wir auch über Fälle wie Good-
game diskutieren, die „erfolgreich“ den
Betriebsrat verhinderten.
Die Unmenschlichkeit: Flexibilisierung
der Mitarbeiter
Neben Digitalisierung und Agilität ist
„Flexibilisierung“ das zweite große Zau-
berwort. Allerdings bezieht sich Flexi-
bilisierung hier fast ausschließlich auf
Mitarbeiter: Sie müssen arbeiten, wenn
Arbeit anfällt. Wenn weniger Arbeit da
ist, dürfen sie zu Hause oder im Gar-
ten arbeiten. Die Flexibilitätsgewinne
der Unternehmen werden also durch
die Mitarbeiter erwirtschaftet und zur
Steigerung ihrer Lebensqualität an das
obere Management sowie die Anteilseig-
ner verteilt. Gleichzeitig verabschiedet
man sich von Planungsaufgaben: Denn
warum sollte man eine systematische
Personaleinsatzplanung erstellen, wenn
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