personalmagazin 04/2016 - page 60

personalmagazin 04/16
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SPEZIAL
_GESUNDHEITSMANAGEMENT
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
inwieweit sie diese belegten Maßnah-
men eins zu eins in ihrem Programm
umsetzen. Hier können bereits die in der
Wissenschaft vorhandenen Kurzzusam-
menfassungen der Studien dem Gesund-
heitsmanager bei der Überprüfung der
Anbieterangaben helfen.
Alternativ können HR-Mitarbeiter oder
andere mit dem Thema BGM im Unter-
nehmen Beauftragte selbst mithilfe der
vorhandenenÜberblicksliteratur dieAus-
wahl der Präventions- und Gesundheits-
förderungsmaßnahmen vornehmen. Mit
den IGA-Reports 13 und 28 liegen für den
Bereich der Gesundheitsförderung be-
reits entsprechende Überblicksarbeiten
vor, die dem Personalmanager helfen
können, eine strategische Auswahl der
Maßnahmen zu treffen. Die Cochrane
Collaboration bietet in ihrer Onlinebibli-
othek „Cochrane Kompakt“ deutsche Zu-
sammenfassungen ihrer systematischen
Reviews, die allgemein einen sehr hohen
Qualitätsstandard haben, in verständ-
licher Sprache an (Internetlinks finden
Sie auf Seite 61 und im Kasten links).
Als dritte Möglichkeit können Unter-
nehmen, die intensiv in das Thema ein-
steigen wollen, interessierte Mitarbeiter
oder bereits vorhandene Gesundheits-
manager beauftragen, sich in das Thema
evidenzbasierte Recherche selbstständig
einzuarbeiten. Entsprechende Kurse
werden in Deutschland zum Beispiel von
der Cochrane Collaboration in Freiburg
oder dem Netzwerk für evidenzbasierte
Medizin in Lübeck angeboten.
Bereits bei der Auswahl des BGM-
Managers die Weichen stellen
Um das evidenzbasierte Gesundheits-
management nachhaltig in den Betrieb
zu integrieren, lohnt es sich, bereits
bei der Personalauswahl des BGM-
Verantwortlichen die wissenschaftliche
Komponente in Betracht zu ziehen. Ein
Gesundheitsmanager mit einer wissen-
schaftlichen Grundausbildung mit Ge-
sundheitsbezug hat die evidenzbasierte
Recherchepraxis in der Regel bereits
verinnerlicht und kann in diesen Belan-
Die WHO empfiehlt mindestens 30 Minuten moderate körperliche Bewegung pro Tag.
Die Cochrane Collaboration ist der Frage nachgegangen, ob Schrittzähler tatsächlich die
körperliche Aktivität erhöhen und damit eine gesundheitsförderliche Wirkung haben.
Die systematische Literaturrecherche ergab 3.282 Treffer, von denen lediglich vier
Studien die Mindestanforderung an wissenschaftliche Qualität erreichten.
Lediglich eine Studie stellte eine signifikante Erhöhung der körperlichen Aktivität
durch die Verwendung von Schrittzählern fest.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass keine ausreichende wissenschaftliche
Evidenz existiert, dass Schrittzähler-Interventionen am Arbeitsplatz die körperliche
Aktivität von Mitarbeitern steigern und dadurch die Gesundheit erhalten und fördern
können.
Unser Fazit: Unternehmen, die Schrittzähler im Rahmen ihres BGM an Mitarbeiter ver-
teilen, sollten sich bewusst sein, dass es keine nachgewiesene Wirkung in Bezug auf
die Erhöhung der körperlichen Aktivität und Verbesserung der Gesundheit gibt. Aus
Sicht der EbBGM ist dies nur dann sinnvoll, wenn andere Zielsetzungen damit verfolgt
werden (zum Beispiel als Incentive oder „Goodie“ für die Mitarbeiter). Das vollständi-
ge Review finden Sie mit dem Suchwort „Schrittzähler“ unter
Schrittzähler kein Beitrag zum BGM
STUDIE
Evidenzbasiertes betriebliches Gesundheitsmanagement beschäftigt sich mit der
Frage, ob eine Maßnahme, die man einsetzen will oder die dem Personalmanage-
ment angeboten wird, tatsächlich wirksam ist und dazu beiträgt, die Gesundheit der
Beschäftigten nachhaltig zu fördern.
Das evidenzbasierte betriebliche Gesundheitsmanagement unterteilt sich in zwei
Bereiche:
evidenzbasierte betriebliche Gesundheitsförderung durch den Einsatz von verhältnis-
und verhaltensbezogenen Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit und zur Krank-
heitsprävention der Mitarbeiter, deren Wirkung in empirischen Studien nachgewiesen
wurde,
evidenzbasiertes Management als systematischer Einsatz von nachweislich wirksa-
men Managementmethoden zur innerbetrieblichen Steuerung der einzelnen Gesund-
heitsmaßnahmen.
Evidenz wird dabei in zwei verschiedene Arten unterteilt: Zum einen gibt es das soge-
nannte „Big E“, die Evidenz von außen. Diese Evidenz bezieht sich auf generalisierbares
Wissen über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, das durch wissenschaftliche Forschung
gewonnen wurde. Dieses „Big E“ sollte bei der Bewertung und Auswahl von Manage-
mentmethoden eine große Rolle spielen. Nicht außer Acht zu lassen ist aber auch das
sogenannte „little e“, die Evidenz von innen. Hiermit ist die lokale und organisations-
spezifische Evidenz gemeint, die durch Analyse der Organisationsdaten gewonnen wird
und auf deren Basis organisationale Entscheidungen erleichtert werden sollen.
Was ist evidenzbasiertes BGM?
HINTERGRUND
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