personalmagazin 04/2016 - page 55

HORST-DIETER BRUHN
ist Senior Expert
bei Kienbaum.
ANDREAS SCHULZ
ist Datenschutzbeauftrag-
ter bei der Bitkom Servicegesellschaft mbH.
DR. JOHANNES KIRCH
lehrt an der Hoch-
schule für Wirtschaft und Recht Berlin.
starke Wissensdefizite. In der Stichpro-
be hatten 84 Prozent aller Teilnehmer
schon an Weiterbildungen zum Daten-
schutz teilgenommen. Handlungssicher-
heit wurde allerdings nur in 55 Prozent
der Fälle vermittelt. Dass der Qualifizie-
rungsbedarf nicht nur der subjektiven
Einschätzung der Befragten entspricht,
belegt ein weiteres Ergebnis der Studie:
Demnach hat rund jeder zehnte Beschäf-
tigte Zugang zu personenbezogenen Da-
ten, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu
sein. Immerhin: 92 Prozent der Unterneh-
men bestätigen, dass alle Beschäftigten
mit Zugang zu personenbezogenen Daten
auf das Datengeheimnis verpflichtet sind.
Aus den genannten Ergebnissen lei-
ten wir ab, dass die Digitalisierung zu
einem enormen Bedarf an pragmatisch
auf die Bedürfnisse der Beteiligten zuge-
schnittenen Weiterbildungsangeboten
im Datenschutz führt, der derzeit nur
ungenügend bedient wird. Wir konn-
ten zudem beobachten, dass es einen
starken Zusammenhang zwischen der
Bewertung der Risiken und dem Qualifi-
zierungsstand gibt: Je besser qualifiziert
jemand ist, desto stärker ist das Bewusst-
sein über die Risiken ausgeprägt. Vor
dem Hintergrund des digitalen Wandels
ist die Handlungssicherheit – nicht nur
der Personaler – im Datenschutz eine
wichtige Kompetenz, um den Wandel
aktiv mitzugestalten. Will HR diesen
Wandel auf Augenhöhe begleiten, muss
der Qualifizierung im Datenschutz mehr
Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Innovation trotz Datenschutz
Die nachhaltige Qualifizierung von Mit-
arbeitern und die Zusammenarbeit mit
IT-Dienstleistern werden auch mit Fort-
schreiten der Digitalisierungs-Prozesse
wesentliche Herausforderungen für
Unternehmen bleiben. Auch HR muss
sich künftig verstärkt in diese Prozesse
einbinden, um den Anschluss an Anfor-
derungen des Datenschutzes an inno-
vatives Bewerber- und Mitarbeiterma-
nagement nicht zu verlieren. Besondere
Bedeutung wird hierbei dem Cloud Com-
puting zukommen. Unterstützenswert
sind deshalb Förderinitiativen für mehr
Akzeptanz von sicheren Cloud-Angebo-
ten wie die Trusted-Cloud-Initiative der
Bundesregierung, die Nutzenpotenziale
besonders für kleinere und mittlere Un-
ternehmen aufzeigen und das Vertrauen
in die Cloud steigern soll.
Gerade die kommende EU-Daten-
schutz-Grundverordnung wird Unter-
nehmen vor die Aufgabe stellen, die
Einbindung von Datenschutzfragen in
ihre Geschäftsprozesse nachvollziehbar
zu dokumentieren. Der Gedanke von ver-
stärkter „Accountability“ soll nicht dazu
führen, denEinsatz von innovativen (Soft-
ware-)Lösungen zu verhindern. Nach-
vollziehbarkeit dient vor allem dazu, alle
am Datenschutz beteiligten Stakeholder
sinnvoll in fortschrittliche Geschäftspro-
zesse einzubinden. Gut konzipierter und
praxisgerechter Datenschutz steht somit
auch disruptiven Ideen im HR-Manage-
ment nicht im Wege.
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