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der amerikanischen Academy of Manage-
ment leitete die Amerikanerin Denise
Rousseau die Ära des evidenzbasierten
Managements in der Managementfor-
schung ein. Das in diesem Beitrag im
Vordergrund stehende evidenzbasierte
betriebliche Gesundheitsmanagement
stellt gewissermaßen eine Verbindung
der evidenzbasierten Medizin und des
evidenzbasierten Managements dar.
Wir verstehen unter evidenzbasiertem
betrieblichem Gesundheitsmanagement
(EbBGM) den systematischen Einsatz
von evidenzbasierten Präventions- und
Gesundheitsförderungsmaßnahmen, al-
so Maßnahmen, deren positive Wirkung
auf die Gesundheit in wissenschaftlichen
Studien bewiesen wurde, unter Anwen-
dung von evidenzbasierten Manage-
mentmethoden.
Effektive Auswahl der Förderungsmaß-
nahmen und effektives Management
Im Rahmen der Strategie des evidenz-
basierten betrieblichen Gesundheits-
managements (EbBGM) geht es darum,
den Anteil an Präventions- und Gesund-
heitsförderungsmaßnahmen und Ma-
nagementmethoden des betrieblichen
Gesundheitsmanagements
einerseits
zu erhöhen, gleichzeitig aber sicherzu-
stellen, dass möglichst nur Maßnahmen
und Managementmethoden zum Ein-
satz kommen, die in empirischen Stu-
dien zumindest ansatzweise den Nach-
weis erbracht haben, wirksam zu sein.
Das evidenzbasierte betriebliche Ge-
sundheitsmanagement hat damit zwei
Hauptfunktionen: Einerseits sollen un-
nötige, unwirksame oder gar schädliche
Maßnahmen aus dem Portfolio des be-
trieblichen Gesundheitsmanagements
entfernt werden. Die zweite Funktion be-
steht darin, möglichst nur wirksame Maß-
nahmen zum Einsatz kommen zu lassen.
Durch die Eliminierung von unwirksamen
Maßnahmen kann die Effizienz des Ma-
nagements insgesamt verbessert werden.
Moderne betriebliche Gesundheits-
manager in Betrieben stehen oft vor der
schwierigen Entscheidung, welche Maß-
in den 1990er-Jahren von dem kanadi-
schen Mediziner David Sackett geformt
wurde. Unter evidenzbasierter Medizin
versteht man nach Sacketts Definition
die gewissenhafte, eindeutige und ver-
nünftige Anwendung der besten verfüg-
baren wissenschaftlichen Evidenz in der
Entscheidungsfindung bei der Behand-
lung von individuellen Patienten. Die evi-
denzbasierte Medizin zielt darauf ab, nur
solche Therapien und Heilmittel anzu-
wenden, die nachweislich wirksam sind.
Dem reinen Glauben an Medikamente
und der strikten Befolgung von einzel-
nen Expertenmeinungen wird der wis-
senschaftliche Beweis entgegengesetzt.
Vor ungefähr zehn Jahren hielt das evi-
denzbasierte Vorgehen dann auch Einzug
in die Managementforschung. Mit ihrer
berühmten Antrittsrede als Präsidentin
nahmen sie der Belegschaft anbieten und
welchen Anbieter sie dafür auswählen.
Oft werden sie von Dienstleisterangebo-
ten geradezu überhäuft. Da ist guter Rat
teuer. Evidenzbasierte betriebliche Ge-
sundheitsförderung kann helfen, diesen
Auswahlprozess rationaler zu gestalten
und aufgrund der empirischen Lage die
Spreu vom Weizen zu trennen. Hier wird
eine dritte, maßgebliche Funktion des
evidenzbasierten Vorgehens deutlich,
nämlich die der Entscheidungshilfe bei
der Auswahl von Maßnahmen und Ange-
boten.
Im Bereich der Managementmethoden
geht es darum, Methoden der Steuerung
der Gesundheitsförderung anzuwenden,
die erwiesenermaßen schlank, zielfüh-
rend und effizient sind. Während das
Endziel der evidenzbasierten Gesund-
heitsförderung die Gesundheit ist, ist das
Endziel des evidenzbasierten Manage-
ments die erfolgreiche, zielgerichtete
und ressourcenschonende Steuerung der
Maßnahmen. Die Hoffnung ist, dass eine
effiziente Steuerung der Gesundheitsför-
derung im Endeffekt auch zu einer Ver-
besserung der Gesundheit der Mitarbeiter
führt. Dies ist jedoch das zweitrangige
Ziel des evidenzbasierten Managements.
In erster Linie geht es darum, die Wirk-
samkeit der Steuerung und des Manage-
menthandelns zu erhöhen.
Drei Wege zur Einführung von EbBGM
in die betriebliche Praxis
Um evidenzbasiertes BGM in das betrieb-
liche BGM einzuführen und in der Praxis
umzusetzen, gibt es mehrere Wege.
Die einfachste Form der Einführung
besteht darin, von den Gesundheitsan-
bietern, die Gesundheitsförderungsmaß-
nahmen im Betrieb durchführen wollen,
den wissenschaftlichen Nachweis der
Wirksamkeit ihrer Maßnahme zu ver-
langen. Die Bringschuld liegt in diesem
Fall bei den Anbietern. Sie müssen die
wissenschaftlichen Studien, welche die
Wirksamkeit der angebotenen Maßnah-
me belegen, benennen und nachweisen
können. Außerdem sollten sie zeigen,
ONLINE
Der IGA-Report 28 aus dem Jahr 2013 gibt
einen guten Überblick über die Wirksamkeit
einzelner betrieblicher Präventions- und
Gesundheitsförderungsmaßnahmen sowie
deren ökonomischer Nutzen.
Das „Center for Evidence-Based Manage-
ment“ bietet auf seiner Homepage hilfreiche
Praxistipps und tiefergehende Literatur zum
Thema evidenzbasiertes Management an.
EbBGM ist die Synthese aus den Erkennt-
nissen der evidenzbasierten Medizin und
evidenzbasierten Managementmethoden.
QUELLE: PFAFF, HUBER, IMVR 2016
DEFINITION
EbBGM
Evidenzbasiertes betriebliches
Gesundheitsmanagement
Evidenzbasierte Medizin
Wirksamkeit einzelner Gesund-
heitsförderungsmaßnahmen
Evidenzbasiertes Management
Einsatz von nachgewiesen effizien-
ten Managementmethoden
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