personalmagazin 10/2015 - page 78

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RECHT
_BAV
personalmagazin 10/15
Z
u handfesten finanziellen Aus-
wirkungen hat das Allgemei-
ne Gleichbehandlungsgesetz
(AGG) nach seiner Einführung
im Jahr 2006 nicht nur dann geführt,
wenn innerhalb von Bewerbungsverfah-
ren oder in laufenden Arbeitsverhältnis-
sen Diskriminierungen mit der Folge
von Schadensersatz festgestellt werden.
Auch nach dem Ausscheiden aus dem
Arbeitsverhältnis kann das AGG noch
ein unter Umständen teures Thema
werden. Der Grund: Die Bestimmungen
aus den Versorgungseinrichtungen der
betrieblichen Altersversorgung (bAV)
müssen sich wie Arbeitsverträge auch
eine AGG-Kontrolle gefallen lassen. Und
da viele Versorgungsversprechen auch
Leistungen in Form von Hinterbliebe-
nenrenten vorsehen, können selbst nach
dem Tod eines Mitarbeiters noch AGG-
Auseinandersetzungen vor den Arbeits-
gerichten erfolgen.
BAG-Urteil: Spätehenklausel als
direkte Altersdiskriminierung
So auch in einem vom Bundesarbeitsge-
richt entschiedenen Fall, in dem sich ein
Arbeitgeber auf den Standpunkt stellte,
dass die Witwe eines ehemaligen Mit-
arbeiters keinen Anspruch aus der be-
trieblichen Altersversorgung habe. Sei-
ne Begründung: In der entsprechenden
Versorgungsordnung war unter ande-
rem festgelegt, dass für die Hinterblie-
benenrente der Mitarbeiter die Ehe „vor
der Vollendung seines 60. Lebensjahrs“
geschlossen haben muss.
Von
Thomas Muschiol
Der Weg durch die Instanzen ging für
die Witwe zunächst negativ aus, denn
sowohl das Arbeitsgericht, als auch das
Landesarbeitsgericht München konnten
in der „Sechziger-Klausel“ keine unzu-
lässige Altersdiskriminierung erkennen.
So stellte insbesondere das LAG (Az. 7 Sa
573/12) ausführlich den Freiwilligkeits-
grundsatz heraus: Danach könne der Ar-
beitgeber bei einer von ihm finanzierten
betrieblichen Altersversorgung frei über
deren Einführung und über die Frage,
für welche Sachverhalte er Leistungen
zusagt, bestimmen. Aus diesem Grunde
sei er grundsätzlich auch berechtigt, die
Hinterbliebenenversorgung von zusätz-
Spät gefreit hat nie gereut?
URTEIL.
Leistungen aus der bAV an Hinterbliebene können für Unternehmen teuer
werden. Manch einschränkende Bedingungen jedoch auch – weil sie unzulässig sind.
Spätes Eheglück? Das BAG hat
spezielle Klauseln zur Hinter-
bliebenenrente kassiert.
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