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RECHT
_BETRIEBSRATSANHÖRUNG
personalmagazin 10/15
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:
Sowohl bei der außerordentlichen wie
auch der ordentlichen Kündigung kann
der Betriebsrat seine Bedenken mittei-
len. An diese alleine sind jedoch keine
Rechtsfolgen für Arbeitgeber geknüpft.
Der Betriebsrat kann aber auch einer
ordentlichen Kündigung mit einem der
in § 102 Abs. 3 BetrVG abschließend
bezeichneten Gründe widersprechen.
Spricht der Arbeitgeber dennoch die
Kündigung aus, so hat er eine Abschrift
der Stellungnahme des Betriebsrats dem
Arbeitnehmer zu übergeben. Die weitere
Folge eines ordnungsgemäßen Wider-
spruchs: Dem Mitarbeiter steht ein Wei-
terbeschäftigungsanspruch zu. Er kann
also verlangen, dass der Arbeitgeber ihn
nach der Kündigungsfrist bis zum rechts-
kräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu
unveränderten Arbeitsbedingungen wei-
ter beschäftigt – vorausgesetzt, er hat ei-
ne Kündigungsschutzklage erhoben.
Das muss eine Anhörung enthalten
Auch bei der inhaltlichen Ausgestaltung
der Betriebsratsanhörung sind einige
Punkte zu beachten. Zunächst sind die
Personalien und Sozialdaten des jewei-
ligen Arbeitnehmers – insbesondere
Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflich-
ten, Alter und Schwerbehinderung – auf-
zunehmen. Dabei braucht sich der Ar-
beitgeber nur auf die ihm vorliegenden
Informationen beziehen. Es treffen ihn
keine Nachforschungspflichten. Zudem
ist die beabsichtigte Art der Kündigung
anzugeben: ordentliche, außerordent-
liche oder Änderungskündigung. Weiter
ist bei einer ordentlichen Kündigung die
Dauer der Kündigungsfrist nach der Be-
rechnung des Arbeitgebers anzugeben
und: woraus sich die Kündigungsfrist
ergibt, also etwa aus dem Arbeitsvertrag
oder aus einem Tarifvertrag.
Bei den Kündigungsgründen gilt der
sogenannte Grundsatz der subjektiven
Determinierung. Der Arbeitgeber hat
dem Betriebsrat also den Kündigungs-
sachverhalt mit den besonders prä-
genden Begleitumständen mitzuteilen.
Es sind dem Betriebsrat dabei nur die
Tatsachen mitzuteilen, auf die der Ar-
beitgeber seine Kündigung stützen will.
Wichtig ist dabei: Die Kündigungsgrün-
de, die nicht in der Anhörung benannt
sind, können später auch nicht im Kün-
digungsschutzprozess berücksichtigt
werden. Das Nachschieben von Gründen
ist nur möglich, wenn diese zum Zeit-
punkt der Kündigung dem Arbeitgeber
nicht bekannt waren. Wenn sich im Lau-
fe des Prozesses neue Kündigungsgrün-
de ergeben, ist eine erneute Anhörung
des Betriebsrats erforderlich.
Darzustellen sind allein die konkreten
Tatsachen, keine allgemeinen subjek-
tiven Wertungen des Arbeitgebers. Bei
einer verhaltensbedingten Kündigung
sind neben den Gründen, die letztlich
den Arbeitgeber zum Ausspruch der
Kündigung bewogen haben, die zuvor
ausgesprochenen Abmahnungen mit
aufzuführen und als Anlage der Anhö-
rung beizufügen. Zudem hat der Ar-
beitgeber auch entlastende Umstände
anzugeben, soweit diese dem Arbeitge-
ber bekannt sind. Hat der Arbeitnehmer
beispielsweise eine Gegendarstellung
zu einer Abmahnung übergeben, in wel-
cher er den Sachverhalt der Abmahnung
abstreitet, ist dies ebenfalls in die Anhö-
rung mit aufzunehmen.
Besonderheiten beachten
Zudem sollten Arbeitgeber bei bestimm-
ten Kündigungen ein Augenmerk auf
einzelne Voraussetzungen legen.
Bei einer verhaltensbedingten Kün-
digung sind Zeit, Ort und Datum des
Vorfalls mit den vorhandenen Zeugen so
genau wie möglich anzugeben. Bei kom-
plexen Sachverhalten ist sicherzustellen,
dass sich aus der Anhörung der konkrete
Vorwurf, auf den die Kündigung gestützt
werden soll, hinreichend deutlich ergibt.
Bei der krankheitsbedingten Kün-
digung sind die Fehltage des Arbeit-
Muster
Schreiben zur Einleitung einer
Anhörung vor dem Betriebsrat (HI871513)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
Häufig planen Arbeitgeber in der Praxis, einen Arbeitnehmer außerordentlich fristlos,
hilfsweise ordentlich zu kündigen. Was sie dabei für die Anhörung beachten sollten.
In dem dargestellten Fall gibt der Arbeitgeber sodann die Anhörung für beide Kündi-
gungen in einem Anhörungsschreiben an den Betriebsrat. Der Betriebsrat hat nun bei
der außerordentlich fristlosen Kündigung drei Tage, bei der ordentlichen Kündigung
sieben Tage Zeit zu reagieren. Jetzt kann es durchaus passieren, dass der Betriebsrat
allein zu der außerordentlich fristlosen Kündigung abschließend Stellung nimmt und
zu der ordentlichen Kündigung kein Wort verliert beziehungsweise nicht abschließend
dazu Stellung nimmt. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich
und hilfsweise ordentlich, so ist die ordentliche Kündigung aufgrund der nicht einge-
haltenen Anhörungsfrist unwirksam. Da der Betriebsrat allein zu der außerordentlichen
Kündigung abschließend Stellung genommen hatte, hätte der Arbeitgeber in dieser
Konstellation den Ablauf der Wochenfrist abwarten müssen. Nur der Ausspruch der
außerordentlich fristlosen Kündigung wäre nach erfolgter (abschließender) Stellungnah-
me möglich gewesen. Die ordentliche Kündigung hätte der Arbeitgeber nach Ablauf der
Anhörungsfrist von einer Woche „nachschieben“ müssen.
Fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt
BEISPIEL