personalmagazin 10/2015 - page 67

10/15 personalmagazin
RECHT
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URTEILSDIENST 67
Streik: Kein Schadensersatz für Dritte
In zwei Fällen zum Arbeitskampfrecht hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt: Wer-
den Unternehmen nicht unmittelbar bestreikt, können sie auch keinen Schadensersatz
verlangen – auch wenn sie wirtschaftlich vom Streik betroffen sind. Nach den Urteilen
dürften vor allem Gewerkschaften aufatmen.
URTEIL DES MONATS
Erstmals beschäftigte sich das BAG mit der
Frage, ob Unternehmen, die nicht selbst
bestreikt werden, Schadensersatz für
Streikfolgekosten verlangen können – wenn
es Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines
Arbeitskampfs gibt. In den Streitfällen vor
dem BAG war jeweils die Gewerkschaft der
Flugsicherung (GDF) die beklagte Partei. Die
Luftverkehrsunternehmen als mittelbar vom
Streik Betroffene verlangten Schadensersatz
von der GDF. Das BAG hat sich nun den Ent-
scheidungen der Vorinstanzen angeschlossen
und wies die Schadensersatzklagen ab. Es
liege keine widerrechtliche Eigentumsverlet-
zung vor, indem die Nutzung der Flugzeuge
erheblich beeinträchtigt wurde, entschieden die Richter. Auch das Recht der Fluggesellschaf-
ten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sei nicht verletzt. Ebenso lag keine
sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB durch den Arbeitskampf vor. Vielmehr
war der Fluglotsenstreik gegen den Betrieb der Deutschen Flugsicherung gerichtet. Nach
der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben nur rechtswidrig bestreikte
Arbeitgeber Schadensersatzansprüche gegen die streikführende Gewerkschaft.
ZIRKUS UM ARBEITNEHMERSTATUS
ZUSAMMENFASSUNG
Für den Bereich der Zirkusartisten hat das BAG entschieden: Regelmä-
ßig liegt kein Arbeitsverhältnis vor, wenn eine Artistengruppe mit dem Zirkusunternehmen
vereinbart, während der Vorstellungen eine bestimmte Artistennummer aufzuführen. Im
Fall widersprach das BAG dem LAG und gab dem Unternehmer Recht. Der „Vertrag über
freie Mitarbeit“ sehe ein für Arbeitsverhältnisse charakteristisches Weisungsrecht nicht vor.
RELEVANZ
Zwar hatte das BAG nur über den Arbeitnehmerstatus von Zirkusartisten entschie-
den. Für Unternehmen außerhalb der Branche dürfte jedoch die Begründung interessant
sein. Darin gehen die Richter auf grundlegende Kriterien zur Unterscheidung zwischen Ar-
beitsverhältnis und allgemeinen Dienstvertrag ein: den Grad der persönlichen Abhängigkeit,
in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer sei, wer aufgrund
eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener,
fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.
Fluglotsen, hier im Einsatz: Das BAG urteilte
jedoch zu Folgen eines Fluglotsenstreiks.
Quelle
BAG, Urteil vom 25.8.2015, Az. 1 AZR 754/13 und Az. 1 AZR 875/13
Quelle
BAG, Urteil vom 11.8.2015, Az. 9 AZR 98/14
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