personalmagazin 10/2015 - page 57

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10/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
eine Haltung zugelegt hat, bei der der
Bewerber die Rolle des Bittstellers ein-
nimmt. Ein Blick auf textlastige Stellen-
anzeigen im besten Behördendeutsch,
auf Stellentitel, mit denen wirklich nur
Insider des öffentlichen Dienstes etwas
anfangen können, oder auf die vielfach
sperrigen Bewerbungsprozesse zeigt,
dass dieses Verständnis vielerorts leider
immer noch Realität ist.
Die Herausforderung besteht darin,
den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber
bekannt zu machen. Zielgruppenspezi-
fische Informationen in Print und Online
sind genauso wichtig wie „die Verwal-
tung zum Anfassen“ auf Messen oder
Tagen der offenen Tür. Hilfreich ist die
Zusammenarbeit mit der Tourismus-
werbung und der Wirtschaftsförderung.
Sich regional mit anderen Behörden und
auch Wirtschaftsunternehmen zusam-
menzuschließen, macht Sinn und spart
Kosten. Bewerbern Wertschätzung ent-
gegenzubringen, ist so selbstverständ-
lich wie einfach: persönlich ansprechbar
sein, offen und regelmäßig kommuni-
zieren und die Einstellungsprozesse mit
Blick auf die Candidate Experience op-
timieren, scheitert nicht am Geld, son-
dern ist Einstellungssache. Neben den
individuellen Maßnahmen der einzelnen
Behörden und Arbeitgeber bedarf es zur
Aufklärung und Beseitigung von Vorur-
teilen einer Kampagne des öffentlichen
Dienstes an sich. An dieser Stelle erneu-
ere ichmeinen bereits vielfach an die ver-
schiedenen Spitzenverbände gerichteten
Aufruf, hier tätig zu werden.
Lachen Sie über Beamtenwitze?
Der öffentliche Dienst ist da relativ hu-
morlos. Beamtenwitze vermitteln das Bild
der Amtstube lange vergangener Zeiten
und sind ein Indiz dafür, dass über das
Arbeiten in Behörden Vorurteile beste-
hen. Weitere sind beispielsweise die lei-
der meist an Fakten mangelnde Diskus-
sion über gescheiterte Großprojekte der
öffentlichen Verwaltung und zahlreiche
Medienberichte, die ein negatives Bild
des öffentlichen Dienstes zeichnen. Auch
Umfragen zeigen immer wieder, dass die
Verwaltung als aufgeblasen, langsam,
unflexibel, starr und langweilig wahrge-
nommen wird. Ein Fremdbild, das es zu
ändern gilt. Realistische Einblicke in den
vielfältigen, verantwortungsvollen und
spannenden Alltag der Verwaltung sind
erforderlich. Videos und die sozialen Me-
dien sind hierfür geeignete Instrumente.
Wesentlich für deren Erfolg ist es, dass
der damit verbundene Kontrollverlust
akzeptiert wird. Von einer Presseabtei-
lung geschliffene Marketingkampagnen
werden erfolglos bleiben, weil sie weder
mit der Wahrnehmung der eigenen Be-
schäftigten, noch der von Bürgern, Kun-
den und Bewerbern übereinstimmt. Eine
Arbeitgebermarke wird nicht gemacht,
sondern zugeschrieben. Authentisches
Auftreten, der Einsatz von intrinsisch
motivierten Testimonials als Marken-
botschafter, eine selbstkritische Haltung
sowie eine offene (und im passenden Au-
genblick auch humorvolle) Kommunika-
tion machen sympathisch und attraktiv.
Damit wird auch deutlich, dass Personal-
marketing nicht bei Stellenanzeigen en-
det. Der dienstleistungsorientierte Um-
gang mit den Kunden des öffentlichen
Dienstes trägt zum (hoffentlich guten)
Ruf bei.
Ohne Stolz keine Weiterempfehlung
Arbeitnehmer des öffentlichen Diens-
tes, die vor Fremden mit Stolz gefüllter
Brust von ihrer Arbeit erzählen, sind
leider in der Minderheit. Oft wird der
Arbeitgeber als „mittelständiges Dienst-
leistungsunternehmen“
verschleiert.
Der fehlende Stolz der Beschäftigten auf
den eigenen Arbeitgeber und die damit
verbundene mangelnde Weiterempfeh-
lungsbereitschaft sind ein kritischer
Punkt im Personalmarketing. Wichtig
ist, die Zufriedenheit der eigenen Mit-
arbeiter zu kennen und durch Perso-
nalentwicklung zu erhöhen. Ergebnisse
von Mitarbeiterbefragungen in Verwal-
tungen zeigen sehr deutlich, dass der
Stolz der Beschäftigten auf ihre sinn-
vollen Aufgaben sehr ausgeprägt ist.
Hier gilt es anzusetzen. Internes Perso-
nalmarketing bedeutet, gemeinsam mit
den Mitarbeitern Werte definieren und
eine Arbeitgebermarke entwickeln, die
dann intern und extern „vermarktet“
wird. Damit werden zwei Missverständ-
nisse ausgeräumt: Employer Branding
und Personalmarketing sind nicht das
Gleiche. Und: Mit bunten Bildern extern
zu kommunizieren, bevor intern der Bo-
den für eine gute Unternehmenskultur
bereitet ist, ist ein Denkfehler. Die Wei-
terempfehlung kommt dann von alleine.
Der Öffentliche Dienst ist ein attrak-
tiver Arbeitgeber. Vielfältige und span-
nende Aufgaben, das Arbeiten für das
Gemeinwohl, für die eigene Stadt, Regi-
on oder Heimat sind Dinge, auf die man
zu Recht stolz sein kann. Um Vorurteile
abzubauen und den Bekanntheitsgrad zu
erhöhen, bedarf es aber des internen und
externen Marketings. Personalmarketing
ist dabei kein Selbstzweck: Die Steigerung
der Mitarbeiterzufriedenheit, die Verrin-
gerung von Fluktuation, die Erhöhung des
Bekanntheitsgrades und die Besetzung of-
fener Stellen sind Ziele, an denen sich die
Maßnahmen messen lassen müssen. Per-
sonalmarketing geht nicht „nebenher“,
aber auch mit kleinem Budget lässt sich
viel erreichen.
STEFAN DÖRING
hat das
Personalmarketing der Stadt
München aufgebaut und
geleitet. Als Autor, Redner
und Berater beschäftigt er sich mit den
Themen Recruiting, Employer Branding und
HR-Servicemanagement
VIDEO
Die Stadt München präsentiert sich über
den Slam-Poeten Nektarios Vlachopou-
los. Sie finden das Video in unserer App.
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