personalmagazin 10/2015 - page 74

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RECHT
_BETRIEBSRATSANHÖRUNG
personalmagazin 10/15
E
ine rechtmäßige Betriebsrats-
anhörung hält für Arbeitgeber
viele Hürden bereit. Diese gilt
es zu meistern, denn § 102
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
schreibt vor, dass der Betriebsrat grund-
sätzlich vor jeder Kündigung anzuhören
ist. Und „jede“ bedeutet: Die Anhörung
hat zum Beispiel auch bei Kündigungen
in der Wartezeit, bei der Kündigung
von Auszubildenden, wie auch bei dem
beabsichtigten Ausspruch einer Än-
derungskündigung gemäß § 2 Kündi-
gungsschutzgesetz, zu erfolgen.
Arbeitgeber sollten daher die Betriebs-
ratsanhörung sorgfältig umsetzen. Frist,
Zuständigkeit, Inhalt oder Rechtsfolgen
der Stellungnahme des Betriebsrats
müssen geläufig sein. Andernfalls droht
die schwerwiegende Folge: Ohne oder
ohne ordnungsgemäße Anhörung ist die
Kündigung unwirksam.
Daher müssen Arbeitgebern für die
Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
die wesentlichen Voraussetzungen der
Anhörung präsent sein – ebenso wie ein
in der Praxis sinnvolles Vorgehen.
Anhörung ja – aber wie?
So ist Arbeitgebern zum Beispiel drin-
gend zu empfehlen, auch wenn es das
Gesetz nicht ausdrücklich vorschreibt,
dass die Anhörung des Betriebsrats
schriftlich erfolgt. Andernfalls stellt sie
ein unkalkulierbares Risiko dar. Denn
es ist für eine wirksame Anhörung nicht
allein entscheidend, dass der Betriebs-
rat angehört wurde. Vielmehr muss sie
Von
Christian Flogaus
gemäß den Vorgaben des Gesetzes und
der Rechtsprechung erfolgt sein.
Bestreitet der Arbeitnehmer, dass die
Anhörung des Betriebsrats ordnungsge-
mäß erfolgt ist, so liegt die Darlegungs-
und Beweislast allein beim Arbeitgeber.
Erfolgte die Anhörung nur mündlich,
muss der Arbeitgeber im Kündigungs-
schutzprozess durch Zeugenbeweis
versuchen, die ordnungsgemäß erfolgte
Anhörung nachzuweisen. Gelingt dies
nicht, verliert der Arbeitgeber den
Rechtsstreit.
Wer beim Betriebsrat zuständig ist
Auch bei der Frage, wer für die Entge-
gennahme der Anhörung aufseiten des
Betriebsrats zuständig ist, können sich
Problemfelder ergeben. Nach demGesetz
ist der Betriebsratsvorsitzende gemäß §
26 Abs. 2 BetrVG für die Entgegennah-
me zuständig. Bei einer Verhinderung
ist der stellvertretende Vorsitzende zur
Entgegennahme berechtigt. Allerdings:
Bei nur kurzfristigen Verhinderungen
bleibt der Vorsitzende zuständig, soweit
nicht eine unaufschiebbare Angelegen-
heit zu regeln ist. Bei Verhinderung des
Betriebsratsvorsitzenden und seines
Stellvertreters ist ein vom Betriebsrat
bestimmtes Mitglied für die Entgegen-
nahme zuständig. Ist dieses nicht fest-
gelegt, so kann die Übergabe an jedes
Betriebsratsmitglied erfolgen.
Manche Betriebsräte teilen dem Ar-
beitgebermit, dass imFalle der Abwesen-
heit des Betriebsratsvorsitzenden und
dessen Stellvertreter kein Betriebsrats-
mitglied zur Entgegennahme von Anhö-
rungen berechtigt ist. Diese Mitteilung
Form, Frist und Inhalt beachten
PRAXIS.
Die Betriebsratsanhörung bei Kündigungen zählt zu den Dauerbrenner-
Themen. Dennoch unterlaufen Personalern oft Fehler – mit schwerwiegenden Folgen.
Anhörungsfristen einhalten: Andernfalls droht die unwirksame Kündigung.
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