personalmagazin 10/2015 - page 30

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personalmagazin 10/15
MANAGEMENT
_RECRUITING
S
tellenanzeigen sind nicht tot –
trotz zum Teil anderslautender
Äußerungen. Ganz im Gegen-
teil: Sie sind auch heute noch
ein absolutes Kernelement im Recrui-
ting. Wollen Unternehmen potenziellen
Bewerbern mitteilen, dass eine Stelle zu
besetzen ist und wer dafür gesucht wird,
sind Stellenanzeigen nach wie vor das
meist genutzte Instrument.
Vor dem Hintergrund dieser hohen
Bedeutung von Stellenanzeigen und
der mittlerweile langen Historie, stellt
sich die Frage, inwieweit die Stellenaus-
schreibungen einer positiven „Candi-
date Experience“ gerecht werden. Dieser
Frage ist die Studie „Status Quo von Stel-
lenanzeigen 2015“ nachgegangen. Wir
haben darin ermittelt, inwieweit Online-
Stellenanzeigen wesentliche Anforde-
rungen an eine gute Jobanzeige erfüllen.
1.000 Stellenanzeigen untersucht
Für das Projekt haben wir zunächst einen
Anforderungskatalog für Stellenanzeigen
entwickelt. Auf Basis dieses aus 29 Krite-
rien bestehenden Katalogs und eines ab-
gestimmten Bewertungsmodells wurden
1.000 Stellenanzeigen von Mitte April
bis Mitte Mai 2015 auf den Online-Stel-
lenbörsen Monster, Stepstone, Stellenan-
zeigen.de und Jobware untersucht. Fünf
Studierende der Betriebswirtschaftslehre
der Hochschule Rhein-Main haben die
Daten erhoben.
Ein Schwerpunkt lag auf der Unter-
suchung von Stellenanzeigen für den
HR-Bereich. Gerade Personaler sollten
Von
Henner Knabenreich
und
Thorsten Petry
wissen, worauf es bei der Gestaltung von
Stelleninseraten ankommt. Ein weiteres
Augenmerk lag auf stark nachgefragten
Berufen wie Software-Entwickler oder
Pflegekraft. Aber auch andere Bereiche
wurden geprüft, um einen Vergleich zwi-
schen verschiedenen Berufsgruppen zu
ermöglichen.
Eingrenzung auf rationale Kriterien
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist
Folgendes zu beachten: Grundsätzlich
muss eine Stellenanzeige sowohl den
Kopf als auch den Bauch ansprechen.
Die vorliegende Studie fokussiert auf die
rationale, einigermaßen objektivierbare
Seite. Ob eine Stellenanzeige emotional
anspricht, bleibt weitgehend unberück-
sichtigt. Daher kann es sein, dass eine
emotional die Zielgruppe ansprechende
Anzeige sehr erfolgreich funktioniert
und eine ausreichende Anzahl passen-
der Bewerber generiert, obwohl viel-
leicht nur wenige der rationalen Anfor-
derungen erfüllt werden.
Auch ist der in der Studie berechnete
Erfüllungsgrad nicht so zu verstehen,
dass hundert Prozent das immer anzu-
strebende Optimum sind. Denn manche
Informationen können im konkreten
Kontext unnötig sein. Dennoch sollten
alle untersuchten Kriterien zumindest
bedacht werden, wenn Stellenanzeigen
entstehen.
Von daher erlaubt die Studie Rück-
schlüsse, inwiefern Stellenanzeigen die
rationalen Anforderungen an eine gute
Stellenanzeige erfüllen beziehungswei-
se welche wichtigen Informationen und
Inhalte häufig fehlen. Das Studiendesign
lässt es jedoch nicht zu, abschließend zu
urteilen, ob Stellenanzeige A besser ist
als Stellenanzeige B.
Noch viel Luft nach oben
Die Ergebnisse sind deutlich: Nur jede
vierte Stellenanzeige erfüllt 60 Prozent
oder mehr der Anforderungskriterien.
Im Durchschnitt wird nur gut die Hälfte
(53 Prozent) der zugrunde gelegten Kri-
terien erfüllt. Hier besteht somit noch
klares Optimierungspotenzial. Stellen-
anzeigen im Personalbereich schneiden
im Vergleich am besten ab. Dies ist we-
nig verwunderlich, weil hier auch die
größte Kompetenz im Hinblick auf die
Gestaltung guter Stellenanzeigen sitzen
sollte und kein personalferner Fachbe-
reich mitwirkt. Allerdings überrascht
der teilweise nur geringe Abstand zu
den anderen Bereichen, da aufgrund
dieser Kompetenz deutlich bessere Er-
gebnisse zu erwarten wären.
Bei einer tieferen Betrachtung der acht
Untersuchungsbereiche zeigt sich ein
unterschiedliches Bild. Stellenbeschrei-
bung, Unternehmensdarstellung und
Bewerberansprache sind in der Regel or-
dentlich umgesetzt. Auffallend schwach
ausgeprägt oder nicht vorhanden sind
aber Informationen zu Arbeitgeberlei-
Optimal ist anders
STUDIE.
Die Stellenanzeige ist nach wie vor das Mittel der Wahl im Recruiting. Doch
eine Analyse zeigt, dass bei vielen Inseraten noch Optimierungspotenzial besteht.
BILDERGALERIE
In der Personalmagazin-App finden Sie
einige der untersuchten Stelleninserate
in einer Bilderstrecke – gelungene wie
misslungene Beispiele sind darunter.
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