personalmagazin 10/2015 - page 40

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MANAGEMENT
_WISSENSCHAFTSTRANSFER
W
ie werden berufliche
Netzwerke
geknüpft?
Nicht selten durch be-
langlosen Small Talk auf
dem Flur, oft verstärkt mittels digitaler
Kontaktaufnahme, durch anbiederndes
Lachen oder auch gleich durch direktes
Einschmeicheln. Die drei Autorinnen
der Studie „The contaminating effects
of building instrumental ties: How net-
working can make us feel dirty“ hatten
diese und weitere negativ behaftete For-
men des Networkings vor Augen, als sie
folgende These untersuchten: Wer Net-
working betreibt, um berufliche Ziele zu
erreichen und Karriereambitionen zu be-
dienen, fühlt sich – moralisch betrachtet
– beschmutzt („dirty“). Um das belastete
Gewissen wieder reinzuwaschen, wird
weiteres instrumentalisierendes Netz-
werken vermieden. Dadurch sinkt die
Arbeitsleistung und es können immer
weniger Kollegen für die Umsetzung der
eigenen Ziele mobilisiert werden. Diese
Zusammenhänge zeigten sich in drei ex-
perimentellen Laborstudien sowie einer
empirischen Untersuchung von Rechts-
anwälten einer großen US- Kanzlei.
Was man sich merken sollte
Wie wichtig „Vitamin B“ für den beruf-
lichen Erfolg ist, hat sich herumgespro-
chen. Bislang unbekannt ist, wie sich
die Instrumentalisierung von Bezie-
hungen für berufliche Zwecke auf die
moralische Integrität der Netzwerker
auswirkt. Die Studie belegt, dass ins­
trumentalisierendes Networking das
Von
Martin Claßen
und
Christian Gärtner
Erst netzwerken, dann waschen
SERIE.
Eine US-Studie zeigt, dass sich Mitarbeiter in den unteren Hierarchieebenen
nach dem Netzwerken unwohl oder gar schmutzig fühlen. Das senkt die Produktivität.
Die Autoren der Studie
haben Netzwerkstrukturen
unter die Lupe genommen.
Gefühl, moralisch rein zu sein, negativ
beeinflusst. Insbesondere fühlen sich
Netzwerker dann schmutzig, wenn sie
in weniger machtvollen Positionen sit-
zen. Warum? Für die Mächtigen hat
die Beziehungsarbeit keine moralische
Dimension, sondern primär eine aufga-
benbezogene. Wer kraft seines Amtes
schon in viele Netzwerke eingebunden
ist, hat zudem mehr zu geben: mehr
Informationen, mehr Kontakte zu wich-
tigen Akteuren, mehr strategisch-poli-
tische Einblicke, mehr Budget. Weil ihr
Geben-Nehmen-Saldo positiv ist, haben
die Mächtigen weniger Schulden bei an-
deren und fühlen sich weniger schuldig.
Die Studie offenbart noch mehr: Wenn
Firmen Networking strukturell fördern,
etwa durch flache Hierarchien, Job-Rota-
tion oder offizielle Veranstaltungen zum
besseren Kennenlernen, entlastet dies
das persönliche Gewissen. Denn durch
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