personalmagazin 10/2015 - page 41

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
zung geleistet werden. Gefühle der Be-
schmutzung entstehen dort nicht.
Der wichtigste und der nachdenk­
lichste Satz der Studie
Der wichtigste Satz lautet: „Unsere Er-
gebnisse zeigen, dass das Phänomen
des Netzwerkens nur vollends verstan-
den werden kann, wenn die moralischen
Auswirkungen berücksichtigt werden,
weil es um mehr als nur positive oder
negative Gefühle geht – es geht um mo-
ralische Reinheit und den Drang, sich
reinzuwaschen.“
Der nachdenklichste Satz lautet: „Per-
sonen, die machtvoll sind oder sich als
mächtig erleben, tendieren deutlich
stärker zu instrumentalisierendem Net-
working, ohne dass sie sich dabei be-
schmutzt fühlen.“
Konsequenzen für HR-Management
Was bedeuten diese Ergebnisse für HR?
Organisationale Strukturen bieten un-
terschiedliche Startbedingungen für das
Erleben und die Ergebnisse von Netzwer-
ken: Stark hierarchische Strukturen –wie
jene in der untersuchten Anwaltskanzlei
– begünstigen demnach die Ungleich-
heit. In solchen Fällen gibt es eindeutig
Mächtige, die ohne moralische Bedenken
und dafür mit viel Erfolg instrumentali-
sierendes Networking betreiben. In den
unteren Ebenen ist die moralische Bar-
riere gegenüber Beziehungsarbeit deut-
lich höher. Dort entwickelt sich oft eine
Kultur, die von Zweifeln, Scham- und
Schuldgefühlen sowie defensiven Verhal-
tensweisen geprägt ist. Daher sollte das
HR-Management konkrete Möglichkeiten
und ausreichend Gelegenheit zum offizi-
ellen und damit „anständigen“ persönli-
chen und digitalen Netzwerken bieten.
Wer sich nicht beschmutzt fühlt, wird
weiterhin mit anderen netzwerken, um
damit seine beruflichen Ziele zu errei-
chen und so die Produktivität des Unter-
nehmens zu fördern.
Die Studie aus Sicht der HR-Praxis
weitergedacht
HR kann das Ausmaß an Unbehagen,
das Mitarbeiter beim Netzwerken emp-
finden, analysieren. Wie bei allen Ana-
lysen muss sich HR dann fragen, welche
Implikationen die Ergebnisse haben: für
das persönliche Wohlbefinden der Mitar-
beiter, für das individuelle und kollektive
Arbeitsergebnis, für die Verfestigung von
Machtstrukturen sowie für den zeitlichen
Aufwand, den Mitarbeiter für ihre mora-
lische Reinwaschung verwenden. Letzte-
res kann vieles beinhalten: von kurzen
Selbstgesprächen und Rückversicherun-
gen bei Kollegen über längere Diskussio-
nen in der Mittagspause bis hin zu schlaf-
losen Nächten, in denen Mitarbeiter sich
fragen, wie sehr sie sich schon zum mani-
pulativen Karrieristen entwickelt haben.
Diese Reaktionen ein- und aufzufangen,
ist nicht einfach. Anonyme Vertrauens-
stellen oder Internetforen können eine
mögliche Maßnahme sein. Wirksamer
wäre es jedoch, den Betroffenen klar zu
machen, dass es sich nicht um persönli-
ches Versagen, sondern organisationsbe-
dingte Notwendigkeiten handelt. Denn
Beziehungsarbeit ist in unserer „Network
Economy“ mehr und mehr geboten.
MARTIN CLASSEN
führt seit
2010 sein Beratungsunter-
nehmen People Consulting.
DR. CHRISTIAN GÄRTNER
ist Assistenz-Professor an der
Universität der Bundeswehr
in Hamburg.
Zu oft hakt es immer noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis.
Darum stellen der Berater Martin Claßen und der Wissenschaftler Christian Gärtner im
Personalmagazin betriebswirtschaftliche Studien aus den USA mit ihren Kernergebnissen
vor und ziehen Schlussfolgerungen für das deutsche Personalmanagement. In diesem
Serienteil geht es um die Studie „The contaminating effects of building instrumental ties:
How networking can make us feel dirty“ von Tiziana Casciaro, Francesca Gino und Mary-
am Kouchaki. Sie ist 2015 in „Administrative Science Quarterly, 59 (4)“ erschienen.
(end)
SERIE
© GAPCHUK LESIA / SHUTTERSTOCK.DE
solche Maßnahmen wird das Netzwerken
nicht nur ermöglicht, sondern sogar of-
fiziell gefördert. So kommt bei den Mit-
arbeitern das Gefühl, etwas Anrüchiges
zu tun und sich deshalb schmutzig zu
fühlen, gar nicht erst auf.
Wichtig ist dies alles, weil sich jene,
die sich eher schmutzig fühlen, aus dem
aktiven Netzwerken zurückziehen und in
der Folge zu schlechteren Arbeitsergeb-
nissen kommen. Das setzt eine Abwärts-
spirale in Gang: Die wenig erfolgreichen
Mitarbeiter werden in noch weniger
Netzwerke eingebunden, was ihre Ar-
beitsleistung weiter schmälert.
Für wen oder was das Ganze gilt
Die Erkenntnisse gelten grundsätz-
lich für alle Netzwerker im beruflichen
Kontext. Ausgenommen ist das private
Networking, mit dem Freundschaften
geschlossen oder emotionale Unterstüt-
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