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TITEL
_SUCHT AM ARBEITSPLATZ
personalmagazin 10/15
S
uchtprobleme von Mitarbeitern
stellen Arbeitgeber, Vorgesetzte
und Kollegen nicht nur vor die
Frage ihrer sozialen Verantwor-
tung, weil oft gerade sie die entscheiden-
den Impulse zu Ausstieg und Therapie
setzen können. Auch unmittelbar im Ar-
beitsverhältnis wirken sich Alkohol- und
Von
Isabel Nazari Golpayegani
und
Raimund Lange
Drogenmissbrauch aus. Einfache Hau-
ruck-Lösungen scheitern jedoch an der
Komplexität des Problems. Weil riskan-
ter Konsum und Sucht am Arbeitsplatz
verheimlicht und oft sogar von Kollegen
gedeckt werden, sind bei einem Ver-
dachtsfall schwierige Einschätzungen
und unangenehme Entscheidungen zu
treffen. Oft vergehen Jahre bis zu einer
Lösung. Allerdings bietet der Arbeits-
platz einen hervorragenden Rahmen
für Aktivitäten der Prävention und all-
gemeinen Bewusstseinsbildung ebenso
wie für Maßnahmen der Früherkennung
und Intervention. Daher sollten Arbeit-
geber einige wichtige Fragen zu diesem
Themenkomplex beantworten können.
Darf oder muss der Arbeitgeber ein
Alkohol- oder Drogenverbot anordnen?
Für Suchtmittel im Sinne des Betäu-
bungsmittelgesetzes braucht der Arbeit-
geber nicht extra ein Verbot auszuspre-
chen, denn diese sind durch das Gesetz
ohnehin verboten. Für den Missbrauch
von sonstigen Medikamenten und vor
allem Alkohol gilt als vertragliche Ne-
benpflicht entsprechend den Unfallver-
hütungsvorschriften ein relatives Verbot
(vergleiche § 7 Abs. 2 Betriebsgenossen-
schaftliche Vorschriften (BGV) A 1). Da-
nach darf der Unternehmer Versicherte,
die erkennbar nicht in der Lage sind, eine
Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere
auszuführen, mit dieser Arbeit nicht be-
schäftigen. Die Fürsorgepflicht des Ar-
beitgebers gebietet es ferner, für einen
gefahrlosen Heimtransport des beein-
trächtigten Mitarbeiters – wenngleich auf
dessen eigene Kosten (§ 683 BGB) – zu
sorgen. Der Vorgesetzte hat bei der Beur-
teilung eine sogenannte Einschätzungs-
prärogative, das bedeutet, die subjektive
Gefährdungseinschätzung auf Basis kon-
kreter Anhaltspunkte (zum Beispiel Alko-
holfahne) reicht aus, um den Mitarbeiter
Rechtliche Fragen zur Sucht
ÜBERBLICK.
Suchtprobleme bei Mitarbeitern stellen Arbeitgeber oft vor große Heraus
forderungen. Antworten auf wichtige Rechtsfragen, die Arbeitgeber wissen sollten.
Abhängig vom Flachmann in
der Büroschublade? Was Arbeit-
geber beachten müssen.