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10/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
richt der Bundesre-
gierung stieg die Zahl
der erstauffälligen Konsu-
menten harter Drogen im Jahr 2014 um
rund fünf Prozent. Mehr als die Hälfte
wurden mit Amphetaminkonsum auf-
fällig und die deutlichste Steigerung gab
es bei den Erstkonsumenten von Crystal
Meth: 14 Prozent mehr als 2013. Die Dro-
genbeauftragte der Bundesregierung
stuft Crystal Meth als „hochgefährlich
ein“: Im deutsch-tschechischen Grenz-
gebiet würden Crystal-Konsumenten
inzwischen 50 bis 70 Prozent der Hil-
fesuchenden in den Beratungs- und
Behandlungszentren ausmachen. Der
Europäische Drogenbericht kam zu
ähnlichen Ergebnissen und zeigt, dass
sich der Trend zu Lebensstil-Drogen und
sogenannten „Legal-Highs“ nicht auf
Deutschland beschränkt.
Drei Millionen Jobdoper in deutschen
Unternehmen
Wo ein Markt ist, nehmen Angebot und
Nachfrage zu und neue Vertriebswege
etablieren sich. Die Krankenkasse DAK
schätzt die Zahl regelmäßiger Jobdoper
auf inzwischen eine Millionen. In ihrem
Gesundheitsbericht 2015 hat sich die
DAK nach 2008 erneut mit dem „Hirn-
doping“ befasst und vergleichende Be-
wertungen dazu angestellt. Dabei ging
es wiederum vor allem um verschrei-
bungspflichtige
leistungssteigernde
Mittel
wie
Ritalin,
Wachmacher, Stimmungs-
aufheller und Ähnliche, aber
auch um illegale Drogen wie Crystal
Meth oder Ecstasy. Grundlage ist eine
repräsentative Studie mit über 5.000
Erwerbstätigen im Alter von 20 bis 50
Jahren und eine Analyse der Arzneimit-
telverordnungen.
Danach haben knapp drei Millionen
Deutsche verschreibungspflichtige Me-
dikamente benutzt, um am Arbeitsplatz
leistungsfähiger zu sein oder Stress ab-
zubauen. Der Anteil der Arbeitnehmer,
die entsprechende Substanzen schon
zum Doping missbraucht haben, ist
demnach in den letzten sechs Jahren von
4,7 auf 6,7 Prozent gestiegen. Vor allem
Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten
oder unsicheren Jobs zählten zu den Ri-
sikogruppen, während Führungskräfte
entgegen landläufiger Meinung kaum
dopen. Beschäftigte mit einer einfachen
Tätigkeit haben bis zu 8,5 Prozent be-
reits Medikamente zur Leistungsstei-
gerung oder Stimmungsverbesserung
eingenommen. Bei Gelernten oder
Qualifizierten sind es dagegen nur 6,7
Prozent und bei den hochqualifizierten
Beschäftigten „nur“ 5,1 Prozent. DAK-
Chef Herbert Rebscher sieht damit „Das
Klischee der dopenden Top-Manager
vom Tisch“.
Der Griff zur Pille vor Präsentationen
und Verhandlungen
Von den drei Millionen Deutschen, die
schon mal leistungssteigernde Mittel
genommen haben, sind rund eine Mil-
lion regelmäßige Konsumenten, also
rund 1,9 Prozent aller Beschäftigten.
Bei der Untersuchung vor sechs Jahren
waren es bereits 800.000. Obwohl Hirn-
doping damit noch kein Massenphä-
nomen ist, warnen Suchtexperten und
Mediziner vor den Suchtgefahren und
Nebenwirkungen. In den Vordergrund
der öffentlichen Diskussion rücken zu-
nächst die Fragen nach den Ursachen
des steigenden Konsums.
Auslöser für den Griff zur leistungs-
steigernden Pille waren zumeist hoher
Leistungsdruck und Stress. Vier von
zehn Jobdopern gaben an, bei Anlässen
wie anstehenden Präsentationen oder
wichtigen Verhandlungen Neuroen-
hancer einzunehmen. Dabei gab
es Unterschiede zwischen
Männern und Frauen:
Männern geht es vor
allem darum, beruf-
liche Ziele besser zu
erreichen und nach
der Arbeit noch En-
ergie für Freizeit
und Privates zu
haben. Sie wollen
wach bleiben, stark
und leistungsfähig.
Frauen dagegen neh-
men die Medikamente
eher ein, damit ihnen die
Arbeit leichter von der Hand
geht und sie emotional stabil sind.
Gehirndoping ganz legal:
Der Arzt als Bezugsquelle
Mit abnehmender Arbeitsplatzsicher-
heit nimmt die Zahl der Verwender
zu. Die Angst vor Fehlern und deren
Konsequenzen ist eine Motivation für
den Konsum, ebenso die Absicht bezie-
hungsweise das Verlangen, bis an die
Grenze der Leistungsfähigkeit zu arbei-
ten. Gefühle im Griff haben zu müssen,
wurde als weiterer Grund genannt. Der
Wunsch nach Medikamenten zur Stei-
gerung des psychischen Wohlbefindens
wurde nach den Befragungsergebnissen
übrigens bei solchen Arbeitnehmern
deutlich geringer, deren Arbeitsanfor-
derungen von den Merkmalen „neue
Ideen“ und „Kreativität“ geprägt sind.
Menschen mit solch interessanter und
motivierender Arbeit brauchen in der
Regel kein Doping.
Jeder dritte Befragte sagte dagegen,
die Arbeit gehe ihm dank der Einnah-
me solcher Medikamente leichter von
der Hand. Erschreckend viele Befragten
glauben sogar, ohne solche Medika-
mente beruflich gar nicht mehr mithal-
VIDEO
Einen Beitrag des WDR zum DAK-Gesundheitsreport „Doping am Arbeits-
platz“ finden Sie in unserer App.
© WDR
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