personalmagazin 10/2015 - page 14

personalmagazin 10/15
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TITEL
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SUCHT AM ARBEITSPLATZ
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
D
ie Zigarettenpause, bei der
oft die besten Ideen entste-
hen. Zwei, drei Kaffees, die
ermöglichen, den Projektbe-
richt noch am Abend des Abschlussmee-
tings endlich vom Tisch zu bekommen.
Und bei kleinen Fehlschlägen ein noch
kleinerer Cognac für die Magennerven.
Alles in Maßen, alles im Dienst der Fir-
ma – wer würde hier schon den ersten
Stein wegen möglicher Suchtgefahren
werfen wollen? Und doch geben Be-
triebsärzte und Gesundheitsexperten
den Anteil der suchtabhängigen Mitar-
beiter in deutschen Unternehmen mit
fünf bis zehn Prozent an. Eine erheb-
liche Dunkelziffer nicht eingerechnet.
Die Konsequenzen, so die Berechnun-
gen des Fehlzeitenreports 2013 der
AOK, sind 2,42 Millionen Arbeitsun-
fähigkeitsstage allein aufgrund der
Suchterkrankungen und ein Verlust an
Von
Katharina Schmitt
(Red.)
Arbeitsproduktivität von 1,3 Milliarden
Euro. Damit dürften Suchtabhängigkei-
ten von Arbeitnehmern, aber auch von
Arbeitgebern, zu den am besten gehü-
teten Betriebsgeheimnissen gehören.
Legal, illegal – alles wirkt
Die Palette an Suchtmitteln in der Ar-
beitswelt ist groß: „Nach wie vor ist Alko-
holabhängigkeit am meisten verbreitet“,
erklärt Professor Rüdiger Höll, Chefarzt
der Parkklinik Heiligenfeld, die unter
anderem spezialisiert auf die Behand-
lung von Suchtproblematiken ist. An
zweiter Stelle folge der unsachgemäße
Gebrauch von Aufputschmitteln, Schlaf-
mitteln oder Beruhigungsmitteln. „Aber
auch das Thema Hirndoping gewinnt im-
mer mehr an Bedeutung. Dabei werden,
ohne dass es medizinisch notwendig ist,
verschreibungspflichtige Medikamente
eingenommen, um die Leistung zu stei-
gern oder das Wohlbefinden zu verbes-
sern“, beschreibt Höll die Situation.
Hinzu kommen die Raucher: Tabak-
sucht gilt in der gesellschaftlichenWahr-
nehmung nicht als Sucht im klinischen
Sinn, dennoch sind die Belastungen
durch die langfristigen gesundheitlichen
Folgen des Rauchens enorm: Nach einer
Studie der Ohio State University koste-
te jeder rauchende Mitarbeiter 2013 im
Schnitt sein Unternehmen circa 4.600
Euro mehr als ein Nichtraucher. Zuneh-
mend greifen Arbeitnehmer auch zu
illegalen Drogen, wobei – so der Dro-
genbericht der Bundesregierung 2015
– insbesondere die Ersteinnahme syn-
thetisch hergestellter Substanzen wie
Amphetamine (Speed, Crystal Meth) und
Ecstasy bedrohlich zunimmt. Die Grün-
de dafür sind vielschichtig. Unter dem
sprechenden Titel „Verdammt zum Er-
folg – die süchtige Arbeitsgesellschaft“
nennt die Psychologin Professor Antje
Ducki im Fehlzeitenreport 2013 die Aus-
Gut drauf durch den Tag?
ÜBERBLICK.
Drogenberichte und Gesundheitsreports zeigen: Unsere Arbeitswelt ist
süchtig. Unternehmen sind Mitverursacher, aber auch Opfer. Beides muss sich ändern.
© ERWIN WODICKA / SHOTSHOP.COM
Knapp drei Millionen Arbeit-
nehmer haben schon verschrei-
bungspflichtige Medikamente
zur Leistungssteigerung am
Arbeitsplatz genommen.
Suchtabhängigkeiten
von Arbeitnehmern,
aber auch von Arbeitge-
bern, dürften zu den am
besten gehüteten Be-
triebsgeheimnissen in
Deutschland gehören.
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