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            MANAGEMENT
          
        
        
          _WISSENSCHAFTSTRANSFER
        
        
          personalmagazin  09/15
        
        
          S
        
        
          eit über 250 Jahren wird in
        
        
          der Wirtschaftstheorie die so-
        
        
          genannte Tragik der Allmende
        
        
          diskutiert. Wenn alle Bauern
        
        
          im Dorf ihre Kühe auf der offen zugäng-
        
        
          lichen Weide grasen lassen, bekommt
        
        
          jedes einzelne Tier immer weniger Fut-
        
        
          ter und magert ab. Bei frei verfügbaren
        
        
          Von
        
        
          
            Martin Claßen
          
        
        
          und
        
        
          
            Christian Gärtner
          
        
        
          Dingen besteht eine Gefahr der Über-
        
        
          nutzung, mit der am Ende alle verlie-
        
        
          ren. Solche öffentlichen Güter, für die
        
        
          potenzielle Nutzer nicht ausgeschlossen
        
        
          werden können und bei Knappheit eine
        
        
          Rivalität untereinander entsteht, müss-
        
        
          ten ökonomisch limitiert werden. Etwa
        
        
          durch einen Preis, damit sich nicht zu
        
        
          viele Trittbrettfahrer aus Egoismus kos-
        
        
          tenlos bedienen oder eine Ausbeutung
        
        
          zum Schaden aller stattfindet. Deshalb
        
        
          zahlen wir in der Straßenbahn unser
        
        
          Ticket. Deshalb gibt es Fangquoten in
        
        
          den Weltmeeren. Deshalb versucht sich
        
        
          Deutschland an der Autobahnmaut.
        
        
          Da befremdet auf den ersten Blick der
        
        
          Erfolg von „Open Collaboration“, also
        
        
          der freiwilligen, unentgeltlichen und oft-
        
        
          mals ziemlich altruistischen Zusammen-
        
        
          arbeit von Menschen wie etwa bei Linux
        
        
          oder Wikipedia. Wildfremde Menschen
        
        
          ohne jede persönliche Vertrauensbezie-
        
        
          hung tragen bereitwillig zum ökono-
        
        
          misch wertvollen Gesamtergebnis bei.
        
        
          Und das ist den kommerziellen Angebo-
        
        
          ten der entsprechenden Produktkatego-
        
        
          rie gleichwertig oder sogar überlegen.
        
        
          Grund genug, eine Studie zu genau die-
        
        
          sem Thema darzustellen.
        
        
          Die Methodik der Studie, die wir
        
        
          hier aufgreifen, ist ein aufwendiges
        
        
          computerbasiertes Modell, mit dem
        
        
          verhaltenswissenschaftlich plausible
        
        
          Annahmen zigfach durchgespielt wer-
        
        
          den, um Tendenzaussagen über mensch-
        
        
          liche Reaktionen zu treffen. Die Analyse
        
        
          beruht also nicht auf echtem Verhalten,
        
        
          sondern auf technischer Simulation. Mit
        
        
          diesem Verfahren lassen sich durchaus
        
        
          realitätsnahe Aussagen über uns Men-
        
        
          schen treffen.
        
        
          Was man sich merken sollte
        
        
          Das Wichtigste, was die Studie ergeben
        
        
          hat: Viele Menschen sind von sich aus
        
        
          zu offener Zusammenarbeit bereit, auch
        
        
          bei ungünstigen Bedingungen. Selbst
        
        
          ein kleiner Anteil von Mitwirkenden,
        
        
          eine hohe Quote von Trittbrettfahrern,
        
        
          ähnliche und daher konkurrierende Be-
        
        
          Leistung statt Rivalität
        
        
          
            SERIE.
          
        
        
          Warum funktioniert Wikipedia ohne finanzielle Anreize? Und was kann HR
        
        
          daraus lernen? Eine Studie geht dem Phänomen der „Open Collaboration“ nach.
        
        
          Zu oft hakt es immer noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis.
        
        
          Darum stellen der Berater Martin Claßen und der Wissenschaftler Christian Gärtner im
        
        
          Personalmagazin betriebswirtschaftliche Studien aus den USA mit ihren Kernergebnissen
        
        
          vor und ziehen Schlussfolgerungen für das deutsche Personalmanagement. In diesem
        
        
          Serienteil geht es um die Studie „Open Collaboration for Innovation: Principles and
        
        
          Performance“ von Sheen S. Levine und Michael J. Prietula. Sie ist 2014 in „Organization
        
        
          Science, 25/5“ erschienen.
        
        
          
            (end)
          
        
        
          
            SERIE
          
        
        
          Geben ohne zu nehmen:
        
        
          Das Prinzip lässt sich auch
        
        
          in Unternehmen umsetzen.