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der Qualität von Persönlichkeitsfragebo-
gen. Kritische Kunden sollten Einblick
in die Studien verlangen, in denen die
Aussagekraft der Gutachten empirisch
nachgewiesen wird, indem zum Beispiel
aufgrund der Gutachten Prognosen etwa
über künftige Vertriebszahlen erstellt
und später überprüft wurden.
Effekte noch näher untersuchen
Der durch Barnum-Aussagen hervor-
gerufene Forer-Effekt der persönlichen
Überzeugung ist gut untersucht. Andere
Fragen sind hingegen noch unbeantwor-
tet. So bleibt zu analysieren, wie sich
der Glaube an die Aussagekraft des Gut-
achtens auswirkt. Im Sinne der „Self-
fulfilling Prophecy“ ist zu befürchten,
dass Personen künftig das erwartete
Verhalten, das man einem bestimmten
Persönlichkeitstyp zuschreibt, zeigen.
Ein weiteres potenzielles Problem be-
steht in dem durch die Barnum-Aussa-
gen begründeten Vetrauensverhältnis.
Entwickelt man aufgrund der Barnum-
bedingten Zustimmung zum Gutachten
auch Vertrauen in die Person, die mit
dem Fragebogen und Gutachten in Ver-
bindung gebracht wird, ist dies proble-
matisch, wenn diese Person über keine
tatsächliche Qualifikation für ihre Ar-
beit beispielsweise als Coach verfügt.
Umgekehrt sollte man auch die posi-
tiven Möglichkeiten untersuchen, mit
einer gezielten Dosis an Barnum-Aus-
sagen die Akzeptanz valider Gutachten
zu steigern und die Beziehung zwischen
qualifizierten Coachs oder Trainern und
ihren Klienten zu verbessern. Oder, um
es im Sinne von Phineas Taylor Barnum
zu formulieren: „Bestimmte Techniken
können Sie als Chance oder als Bedro-
hung wahrnehmen.“
PROF. DR. MARTIN KERSTING
leitet die
Abteilung für Psychologische Diagnostik an
der Justus-Liebig-Universität Gießen.
VERENA GRAULICH
arbeitet in der Abtei-
lung Allgemeine Psychologie der Justus-
Liebig-Universität Gießen.
PASCALE STEPHANIE BOTHE
arbeitet in
der Abteilung Psychologische Diagnostik der
Justus-Liebig-Universität Gießen.