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            MANAGEMENT
          
        
        
          _BÜROKONZEPTE
        
        
          personalmagazin  09/15
        
        
          tung von Chill-out-Areas erreichen kann.
        
        
          Vielmehr ist es unerlässlich, für jeden Un-
        
        
          ternehmensbereich zunächst zu prüfen,
        
        
          wie durch Bürogestaltung Aufgaben und
        
        
          Arbeitsabläufe besser unterstützt werden
        
        
          können, um dann eine passende Viel-
        
        
          falt an Arbeitsplätzen anzubieten. Dabei
        
        
          gilt es auch, die immer noch verbreitete
        
        
          Präsenzkultur durch Ergebnisorientie-
        
        
          rung zu ersetzen. Die dafür notwendige
        
        
          Weiterentwicklung der Unternehmens-
        
        
          kultur muss ihren Ausgang beim Top-
        
        
          Management nehmen und von allen
        
        
          Führungskräften getragen werden. Die-
        
        
          se sind nicht nur gefordert, ihre Mitar-
        
        
          beiter für den Wandel zu mobilisieren,
        
        
          sondern auch ihr Selbstverständnis und
        
        
          Führungsverhalten zu überdenken.
        
        
          Neue Anforderungen an die Führung
        
        
          Zur Frage, wie sich neue Bürokonzepte
        
        
          im Einzelnen auf die Führung auswirken,
        
        
          liegen noch keine umfassenden Unter-
        
        
          suchungen  vor – obgleich sie die Praxis
        
        
          schon länger beschäftigen. Um Verände-
        
        
          rungen in der Führungssituation zu iden-
        
        
          tifizieren und daraus Handlungsfelder
        
        
          für die HR-Arbeit abzuleiten, haben wir
        
        
          Tiefeninterviews mit zwölf Führungs-
        
        
          kräften von Firmen durchgeführt, die in
        
        
          den vergangenen Jahren neue Bürowel-
        
        
          ten implementiert haben. Die Befragung
        
        
          zeigte zunächst, dass das Ausmaß der
        
        
          erlebten neuen Führungsanforderungen
        
        
          abhängig von der Ausgestaltung der je-
        
        
          weiligen Bürokonfiguration ist: je stärker
        
        
          die Zusammenarbeit an verschiedenen
        
        
          Orten auch außerhalb des Büros, also
        
        
          virtuell, erfolgt, desto größer die Heraus-
        
        
          forderungen bei der Teamkoordination
        
        
          sowie die von den Führungskräften zu
        
        
          leistenden Verhaltensanpassungen.
        
        
          Als tiefgreifendste Veränderung
        
        
          erachten die Befragten das Kommu-
        
        
          nikationsverhalten im Büro. Die im Zu-
        
        
          sammenhang mit neuen Bürokonzepten
        
        
          typischerweise eingeführten Informa-
        
        
          tions- und Kommunikationstechnologien
        
        
          eröffnen demnach nicht nur vielfältigere
        
        
          Möglichkeiten des (Online-)Austauschs
        
        
          und der Zusammenarbeit, sondern stel-
        
        
          len auch erweiterte Anforderungen an
        
        
          die Technik- und Medienkompetenz von
        
        
          Führungskräften und Mitarbeitern.
        
        
          Als weitere zentrale Auswirkung neu-
        
        
          er Büroformen beobachten die Befragten
        
        
          die gestiegene Handlungsautonomie der
        
        
          Beschäftigten, die ihrer Einschätzung
        
        
          nach durch den Trend zum orts-, zeit-
        
        
          und raumunabhängigen Arbeiten weiter
        
        
          an Bedeutung gewinnen wird. Die Be-
        
        
          fragten identifizieren daher das Führen
        
        
          über Zielvereinbarungen als einen zent
        
        
          ralen Erfolgsfaktor neuer Büroformen.
        
        
          Mit dem erweiterten Handlungsspiel-
        
        
          raum der Beschäftigten sei die Führungs-
        
        
          kraft zudem vor allem in ihrer Rolle als
        
        
          Coach, Berater und Vernetzer der Be-
        
        
          schäftigten gefragt, so die Befragten. Dies
        
        
          bedingt, Vertrauen im Team zu schaffen,
        
        
          Erwartungen an die Beschäftigten und
        
        
          Spielregeln der Zusammenarbeit gemein-
        
        
          sam zu definieren und Unterstützung bei
        
        
          der Selbstorganisation zu bieten. Wichtig
        
        
          sei zudem das Vorleben der Nutzungs-
        
        
          möglichkeiten der neuen Bürostrukturen,
        
        
          etwa indem Führungskräfte selbst Ruhe-
        
        
          und Entspannungsräume, Denkerzellen
        
        
          oder informelle Kommunikationszonen
        
        
          aufsuchen und somit den neuen Freiräu-
        
        
          men Glaubwürdigkeit verleihen.
        
        
          Dass diese Rollen auch bei den mit
        
        
          neuen Bürokonzepten bereits erfah-
        
        
          renen Führungskräften noch bisweilen
        
        
          ein Umdenken erfordert, zeigen Äuße-
        
        
          rungen von einigen Interviewten, die die
        
        
          begrenzte Überprüfbarkeit von Leistung
        
        
          in flexiblen und mobilen Strukturen
        
        
          beklagen. Da verwundert es nicht, dass
        
        
          die Befragten mehrheitlich gerade Ver-
        
        
          änderungsbereitschaft und -fähigkeit
        
        
          neben Kommunikationsvermögen und
        
        
          Empathie als zentrale Kompetenzen von
        
        
          Führungskräften bewerten.
        
        
          Führungskräfteentwicklung im Fokus
        
        
          Die Führungskräfteentwicklung wird da-
        
        
          mit zu einem zentralen Erfolgsfaktor bei
        
        
          der nachhaltigen Umsetzung neuer Büro-
        
        
          welten. Dabei reicht es bei Weitem nicht
        
        
          aus, Führungskräften neue Informations-
        
        
          und Kommunikationstechnologien zu
        
        
          vermitteln und ihnen einen Feel-Good-
        
        
          Manager an die Seite zu stellen. Vielmehr
        
        
          gilt es, Hilfe zu bieten, den oft gefühlten
        
        
          Kontroll- und Statusverlust sowie das
        
        
          neue Rollenverständnis zu reflektieren
        
        
          und Kompetenz sowie Sicherheit im Um-
        
        
          gang mit Selbstorganisation der Mitarbei-
        
        
          ter zu entwickeln. Hierfür empfehlen sich
        
        
          Führungskräfteworkshops oder Einzel-
        
        
          coachings, in denen Führungskräfte ihre
        
        
          Roadmap entwickeln und Good Practices
        
        
          bei der Führung in den neuen Bürowel-
        
        
          ten austauschen können.
        
        
          Die Untersuchungsbefunde unter-
        
        
          streichen, dass es für den Erfolg neuer
        
        
          Bürokonzepte auf ein für jede Organisa-
        
        
          tion individuelles Zusammenspiel von
        
        
          Flächenplanung, Raumgestaltung und
        
        
          Weiterentwicklung von Führung und
        
        
          Zusammenarbeit ankommt. Dazu muss
        
        
          HR die Neugestaltung einer attraktiven
        
        
          Bürolandschaft in die Personalstrategie
        
        
          aufnehmen und Know-how in Fragen
        
        
          des Workplacedesigns gezielt aufbauen.
        
        
          Nur so gelingt es, als Business Partner
        
        
          bereits bei der Planung neuer Arbeits-
        
        
          welten auf die qualitative Aufwertung
        
        
          der Arbeitsplätze hinzuwirken, als
        
        
          Change Manager die Umsetzung aktiv
        
        
          voranzutreiben und das Arbeiten in den
        
        
          neuen Strukturen zu verstetigen. An-
        
        
          dernfalls besteht die Gefahr, dass die
        
        
          schöne neue Design-Arbeitswelt keine
        
        
          nachhaltige Rendite abwirft.
        
        
          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an 
        
        
        
          
            PROF. DR. MARTIN KLAFFKE
          
        
        
          lehrt Personal, HTW Berlin,
        
        
          und leitet das Hamburg Insti-
        
        
          tute of Change Management.
        
        
          
            ARIANE KUCHTA
          
        
        
          hat an der
        
        
          HTW studiert und arbeitet als
        
        
          Beraterin bei der WM-Consult
        
        
          GmbH.
        
        
          HR kann die Vorteile
        
        
          von New-Office-Kon-
        
        
          zepten nicht allein über
        
        
          eine Öffnung und Flexi-
        
        
          bilisierung sowie Chill-
        
        
          out-Areas erreichen.