personalmagazin 06/2015 - page 51

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06/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das Interview führte
Katharina Schmitt.
personalmagazin:
Wie sieht das bei den
Vorständen aus? Was sind aktuell die
beliebtesten Dienstwagen bei den Chefs?
Resch:
Im Vergleich zum Dienstwagen-
Check bei den Politikern, der bei den
Bundesministern einen eindeutigen
Hang zum Audi A8 feststellen ließ,
konnten wir bei den Unternehmen letz-
tes Jahr kein eindeutiges Lieblingsmo-
dell erkennen. Mercedes Benz, BMW
und Audi waren gleichermaßen ver-
treten. Ob sich das dieses Jahr ändern
wird, kann ich noch nicht sagen.
personalmagazin:
Also werden die Dienst-
wagen der Unternehmenslenker weiter-
hin meist nach PS-Stärke oder anderen
Statussymbolen ausgesucht. Was ist mit
der vielgepriesenen Vorbildfunktion der
Führungskräfte?
Resch:
Zu Beginn unserer Umfrage 2010
hat sich die Mehrheit der Unternehmen
gar keine Gedanken über die Vorbild-
funktion der Autos ihrer Vorstandsre-
präsentanten gemacht. Mittlerweile gibt
es einzelne positive Vorreiter, aber viele
Unternehmenslenker tun noch immer
so, als gehe sie der Klimaschutz nichts
an und sind weiterhin mit übermotori-
sierten Limousinen unterwegs. Das ist
ein Skandal. Aber auch sie werden sich
nicht dauerhaft dem Klimaschutz ver-
weigern können.
personalmagazin:
Sie sprechen von ein-
zelnen positiven Vorreitern. Was fahren
diese denn für Wagen?
Resch:
Es sind nur wenige Vorstands-
vorsitzende, die beim Klimaschutz mit
gutem Beispiel voranfahren. Im letzten
Jahr konnten wir vier Vorstandsvorsit-
zende ermitteln, deren Dienstwagen
den von der EU festgelegten Grenz-
wert für den Kohlendioxid-Ausstoß un-
terschritten hatte. Zu nennen wäre da
beispielsweise Felix Ahlers, der Vor-
standsvorsitzende der Frosta AG. Er
war letztes Jahr in einem VW up mit 98
Gramm CO
2
pro Kilometer unterwegs.
Ebenfalls lobenswert ist der Mercedes
Benz E300 Blue-Tec Hybrid Kombi des
Vorstandschefs der Pfeiffer Vacuum
GmbH Manfred Bender mit 116 Gramm
CO
2
pro Kilometer.
personalmagazin:
Und stimmen Firmenflot-
te und die Fahrzeuge der Führungskräfte
immer überein – oder zeigen sich da
auch interne Grabenkämpfe?
Resch:
Es gibt alle Kombinationen. Ei-
nerseits wissen wir von Unternehmen,
deren Konzernspitze ökologisch vor-
bildlich im Auto unterwegs ist und
damit auch ein klares Signal an die
Mitarbeiter und die Fuhrparkmanager
sendet, entsprechende Autos einzuset-
zen. Andere Unternehmen besitzen eine
klimaverträgliche Flotte, während die
Chefetage immer noch meint, gegen den
Klimaschutz Schaufahren zu müssen.
personalmagazin:
Wie haben sich die
Mobilitätsstrategien in den letzten Jahren
verändert?
Resch:
Einige Unternehmen setzen am-
bitionierte Kohlendioxid-Obergrenzen
für ihre Dienstwagen fest. Die SMA
Solar Technology AG hat beispielswei-
se im letzten Jahr den CO
2
-Ausstoß der
Betriebsfahrzeuge in der Fuhrpark­
ordnung auf 120 Gramm pro Kilometer
beschränkt. Die Deutsche Telekom AG
hat ein CO
2
-basiertes Auswahlverfahren
für die Beschaffung neuer Dienstwagen
eingeführt und dies mit einem Bonus-/
Malussystem verbunden. Hier zeigt
manches Unternehmen große Kreati-
vität und Verantwortungsbewusstsein.
Wichtig ist aber auch, dass solche An-
sätze und Anreizstrategien zur Redu-
zierung von Emissionen und Spritver-
brauch regelmäßig auf ihre Wirksamkeit
hin überprüft und gegebenenfalls ver-
schärft werden. Nur ambitionierte Vor-
gaben können eine klimafreundliche
Umstellung der Flottenfahrzeuge wir-
kungsvoll beschleunigen.
personalmagazin:
Mit welchen Argumen-
ten kann man Ihrer Erfahrung nach
Fuhrparkverantwortliche und Geschäfts-
führer am ehesten davon überzeugen,
auf klimaschonendere Dienstwagen
umzurüsten?
Resch:
Zum einen ist es so, dass die Un-
ternehmen mit der Umrüstung ihrer
Flotte aktiv zum Klimaschutz beitragen
und durch den Einsatz umweltverträgli-
cher Fahrzeuge auch den eigenen Nach-
haltigkeitsstrategien nachkommen und
sie mit Glaubwürdigkeit untermauern
können. Zum anderen sparen die Unter-
nehmen durch den Einsatz klimascho-
nender und spritsparender Dienstwa-
gen natürlich auch Geld.
Und zudem sollten sich Unternehmen
beim Travelmanagement auch ihrer
Macht auf dem gesamten Fahrzeug-
markt bewusst sein: Über 60 Prozent al-
ler Neuzulassungen in Deutschland sind
heute gewerblich, in der oberen Mittel-
klasse und der Oberklasse sind sogar
80 bis 85 Prozent der Neufahrzeuge in
gewerblicher Hand. Die Nachfrage um-
weltfreundlicher Modelle von Seiten der
Unternehmen wird deshalb mittelfristig
entscheidend sein für die Modellpolitik
der Autohersteller. Hier könnten noch
wesentlich mehr positive Signale ge-
setzt werden.
„Viele Unternehmenslenker tun noch immer so, als
gehe sie der Klimaschutz nichts an und fahren wei-
terhin übermotorisierte Limousinen. Aber auch sie
werden sich nicht dauerhaft verweigern können.“
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