personalmagazin 06/2015 - page 47

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06/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
auf ihre Wirksamkeit geprüft wurden.
Allerdings werden seitens des Gesetzes
keine besonderen (wissenschaftlichen)
Anforderungen an die Instrumente ge-
stellt. Es fehlt eine konkretisierende
Verordnung zur Durchführung der Ge-
fährdungsbeurteilung psychischer Belas­
tungen.
Leistungssteigerung als
unternehmerischer Mehrwert
Auch wenn häufig die rechtliche Notwen-
digkeit in vielen Unternehmen den Aus-
schlag gibt, eine Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen in Angriff zu
nehmen, ist es aus Sicht der Praxis sinn-
voll, sich im Unternehmen zu vergegen-
wärtigen, welchen konkreten Nutzen das
Unternehmen durch die Gefährdungsbe-
urteilung erzielen kann und möchte.
Als Ausgangspunkt einer solchen Be-
trachtung eignet sich beispielsweise die
Analyse vorliegender Informationen, wie
etwa die allgemeine Gefährdungsbeur-
teilung, die sich aus dem Arbeitsschutz-
gesetz ergibt, eine Mitarbeiterbefragung
und Ähnliches. Welche Anzeichen für
mögliche psychische Belastungen erge-
ben sich bereits aus diesen Informatio-
nen? Verweisen diese Hinweise bereits
darauf, in welchen Arbeitsbereichen es
sinnvoll ist, mit einer Gefährdungsbe-
urteilung psychischer Belastungen zu
beginnen?
Der Nutzen einer Gefährdungsbeurtei-
lung liegt in der systematischen Betrach-
tung und Reduzierung von Belastungen.
Eine ernsthaft durchgeführte Gefähr-
dungsbeurteilung führt in der Regel zu
einer Steigerung der Leistungsfähigkeit
und Produktivität des Unternehmens.
Studien belegen beispielsweise die
Steigerung der Produktqualität, Mitar-
beiterbindung, Leistungsbereitschaft,
Arbeitszufriedenheit und Kommuni-
kation sowie die Reduzierung von Feh-
lerquoten und Ausfallkosten. In den
Untersuchungen standen die allgemeine
Gefährdungsbeurteilung beziehungswei-
se allgemeine Präventionsmaßnahmen
im Fokus, nicht die spezifischen Aus-
wirkungen der Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen. Eine Übertrag-
barkeit darf aber sicher von der Gesamt-
tendenz her angenommen werden.
Der Zweck bestimmt
Verfahrensarten und Instrumente
Wie bereits dargestellt, gibt es keine
gesetzlichen Vorgaben zu den einzuset-
zenden Verfahren beziehungsweise In-
strumenten. Das Unternehmen ist frei,
sich – in Abstimmung mit dem Sozial-
partner – für ein Verfahren zu entschei-
den, das zum Unternehmen passt. Es
gibt verschiedene Systematiken von Ver-
fahrensarten. Die DIN EN 10075-3 bei-
spielsweise unterscheidet zwischen ori-
entierenden Verfahren, Screening- und
Expertenverfahren. Die BAUA-Tool-Box,
auf die zuweilen noch Bezug genommen
wird, enthält etwa 100 Verfahren zur
Durchführung einer Gefährdungsbeur-
teilung psychischer Belastungen. Leider
bietet sie jedoch keine systematische
Unterstützung bei der Auswahl eines
Verfahrens, sodass vielen Unternehmen
diese Zusammenstellung bei der Aus-
wahl eines für sie geeigneten Verfahrens
nicht hilft.
Die BAD GmbH bietet drei der gän-
gigsten vier Verfahrensarten an (si-
ehe Kasten Seite 48), und zwar das
© FUSE / THINKSTOCKPHOTOS.DE
Stressoren müssen frühzeitig
erkannt werden – sonst droht
der Zusammenbruch.
Einbindung ist sinnvoll. Hilfreich kann
auch die Beteiligung eines externen
Dienstleisters sein, der im Bedarfsfall
zwischen den Sozialpartnern vermittelt
und ergebnisoffen die Verfahrensaus-
wahl berät (einen Überblick über die ver-
schiedenen Vefahrensarten finden Sie auf
Seite 48). In sehr konflikthaften Konstel-
lationen können Kompromisse in Form
eines Methodenmixes hilfreich sein. Eine
generell bessere Basis für die Zusammen-
arbeit der Sozialpartner liegt mittlerweile
mit den gemeinsamen „Empfehlungen zur
Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen“ vor, auf die
sich Aufsichtsdienste der Unfallversiche-
rungsträger und Länder in Abstimmung
mit Gewerkschaften und Arbeitgeberver-
bänden 2014 geeinigt haben.
Die Gefährdungsbeurteilung psychi-
scher Belastungen ist fachkundig zu er-
stellen. Verfügt das Unternehmen selbst
nicht über das erforderliche Know-how,
muss es sich fachkundig beraten lassen,
zum Beispiel durch Fachkräfte für Ar-
beitssicherheit, Betriebsärzte oder ande-
re Experten. Sie muss tätigkeitsbezogen
erstellt werden und der Maßnahmenfin-
dung und -umsetzung dienen. Eine Ge-
fährdungsbeurteilung erfüllt erst dann
das Kriterium der Vollständigkeit, wenn
Maßnahmen umgesetzt und im Hinblick
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