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06/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
eine Nullfehlermentalität geboten. Man
denke im HR-Bereich zum Beispiel an
die Entgeltabrechnung.
Der wichtigste und der nachdenk-
lichste Satz der Studie
Der wichtigste Satz in der Studie von
Maslach: „Akteure brauchen viele und
vielfältige Erfahrungen, um die Ursa-
chen für Fehler zu verstehen“ (Seite 3).
Der nachdenklichste Satz: „Unterneh-
men sollten mehr in Fehlschläge inves-
tieren, nicht weniger“ (Seite 7).
Konsequenzen für HR-Management
Der Umgang mit Fehlern und die Etab-
lierung einer lernenden Organisation
sind seit den 1990ern wichtige Themen
im Personalbereich. Aus dem betriebli-
chen Vorschlagswesen wurde das Ide-
enmanagement, aus klassischer Feh-
lerdokumentation wurde mancherorts
eine Feier. So zelebrierte BMW im Werk
Regensburg den „Kreativen Fehler des
Monats“. Dabei ist weniger relevant, die
Fehler in einer Datenbank zu sammeln.
Denn dort werden Probleme und Lösun-
gen zu oft auf die lange Bank geschoben.
Auch die bloße technische Fehlerbeseiti-
gung greift zu kurz. Beide Strategien fol-
gen einem Reiz-Reaktions-Schema: „Wer
komplexer Aufgaben ist, gibt es eine
große Herausforderung: Da meist jene
Mitarbeiter befördert werden, die wenig
Fehler machen, mangelt es im Manage-
ment an Fehlererfahrung. Diese Mana-
ger unterschätzen oft die Eintrittswahr-
scheinlichkeit negativer Ereignisse und
überschätzen die von positiven. In der
Folge nehmen Risikofreude und Scha-
densausmaß zu. Solche Manager haben
das Grundgesetz rheinischer Frohnatu-
ren verinnerlicht: „Et hät noch immer
jot jejange“.
HR muss sich überlegen, ob es diesen
Jecken nicht auch ein paar Spaßverder-
ber gegenüberstellen sollte. Dazu gilt es
Leistungsbewertung und Beförderungs-
kriterien so zu verändern, dass auch
Menschen mit Fehlererfahrung unter
den Entscheidern vertreten sind.
Produktinnovationen im
Medizinsektor: Auch hier
führen Fehler nicht gleich
zum Projektabbruch.
einmal eine heiße Herdplatte berührt,
sollte dies kein zweites Mal tun“.
Stattdessen zeigt die Studie, wie wich-
tig es ist, relevante Reize – also ver-
wertbares negatives Feedback – vom
irrelevanten Problemrauschen zu tren-
nen und richtig zu deuten. Man denke
nur an jene kleinen und großen, un-
ternehmensinternen wie -externen Be-
schwerden, die Manager und Mitarbeiter
als Unrat an sich vorbeirauschen lassen
müssen, um aus alledem das wirklich re-
levante Problem auszumachen.
Deshalb sollte HR darauf achten, dass
diese Interpretationskompetenz gestärkt
wird. HR könnte beispielsweise die Do-
kumentation mit Kontextinformationen
und Erfahrungswissen anreichern. Zu
Fehlern gehören auch die jeweils spezi-
fische Ausgangssituation und die Ziele
sowie die Beteiligten mitsamt ihren
Interessen. Ebenso wären alternative
Lösungswege abzuspeichern – gerade
diejenigen, die sich als Sackgasse erwie-
sen haben, um Gründe für das Scheitern
im Licht von Alternativen klarer sehen
zu können.
Aus Sicht der HR-Praxis weitergedacht
Wenn die Erfahrung mit Scheitern so
wichtig für das erfolgreiche Managen
MARTIN CLASSEN
führt seit
2010 sein Beratungsunter-
nehmen People Consulting.
DR. CHRISTIAN GÄRTNER
ist Assistenz-Professor an der
Universität der Bundeswehr
in Hamburg.
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