personalmagazin 06/2015 - page 32

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MANAGEMENT
_RECRUITING
personalmagazin 06/15
sich dann auf Xing, Linkedin und Co.
eine Übereinstimmung, schlägt die Soft-
ware dem Mitarbeiter automatisch vor,
den potenziellen Kandidaten anzuspre-
chen. So werden ausgeschriebene Stel-
len sehr viel weiter gestreut. Und vor
allem fungieren die Mitarbeiter als Bot-
schafter ihres Arbeitgebers. In der Regel
ist eine solche persönliche Ansprache
unter Fachkollegen oder Online-Freun-
den Erfolg versprechender als eine
anonyme Stellenanzeige. Trifft dann
tatsächlich eine Bewerbung ein, kann
das Personalmarketing diese durch die
Software im Bewerbermanagementpor-
tal nachverfolgen. Der Mitarbeiter wird
mit einer Vermittlungsprämie belohnt.
Viktor Lau, früher Personalmanager
bei Banken, heute Berater beim Finanz-
branchenspezialisten Zeb in Frankfurt,
stört an der Verlagerung ins Team, dass
„es wieder in die Richtung geht, Personal
kann jeder“. Die Frage, ob einer ins Team
passt, könne „nur eine zusätzliche Vari-
ante sein neben eignungsdiagnostischen
Instrumenten wie einem strukturierten
Interview“. Auch eine mangelnde Kennt-
nis im Arbeitsrecht berge finanzielle Ri-
siken, die gerade kleine Firmen in eine
Existenzkrise treiben können.
Immer wieder ist es die Professio-
nalität, die Personalfachleute fordern
– und bei sich sehen. Rüdiger Hossiep,
Wirtschaftspsychologe an der Ruhr-
Universität Bochum, meldet Zweifel
für die Unternehmensrealität an: „Das
Rekrutieren wird zu oft Nachwuchsleu-
ten überlassen, die zu wenig von Per-
sonalentwicklung verstehen.“ Er rät,
Biografiearbeit und strukturierte Bewer-
bungsgespräche versierten Personalpro-
fis zu übergeben. „Das Team kann und
soll dann entscheiden, ob es sich vorstel-
len kann, mit dem Neuen zu arbeiten.“
Software für den nötigen Überblick
Auch für Thomas Lindt, Produktmana-
ger beim HR-Software-Anbieter Veda
GmbH in Alsdorf, steht außer Frage,
dass passende Mitarbeiter nur in Zu-
sammenarbeit von Personalspezialisten
und Fachabteilung gefunden werden:
„Die Verantwortung für die Personalbe-
schaffung verlagert sich stärker auf die
Fachvorgesetzten und zum Teil auch auf
das Team der Fachabteilungen“, erklärt
er. Gefragt sei daher eine intuitiv nutz-
bare Software. Diese müsse einerseits
von Mitarbeitern außerhalb der HR-
Abteilung unkompliziert zu bedienen
sein und andererseits den administra-
tiven Prozess straffen. „Neben dem Ta-
gesgeschäft bleibt den Mitarbeitern der
Fachabteilungen nicht viel Zeit, um sich
in den kompletten Bewerbungsprozess
und noch dazu in HR-Software einzu-
arbeiten“, so Lindt. Die in einer Bewer-
bermanagementsoftware elektronisch
erfassten und strukturierten Daten, wie
Zeugnisse oder Referenzen eines Kan-
didaten, sind jederzeit verfügbar. Mit-
arbeiter können sich in verschiedenen
Stufen des Bewerbungsprozesses von
potenziellen Kollegen einbringen.
Wie beimTextilunternehmen Leinewe-
ber GmbH & Co. KG in Herford mit 1.100
Mitarbeitern: Im Karriereportal hinter-
legen die Bewerber die klassischen Un-
terlagen von Lebenslauf bis Zeugnis. Die
Digitalisierung des ganzen Prozesses
ermöglicht es den HR-Referenten Initi-
ativbewerbungen sofort an die Fachab-
teilungen weiterzuleiten. Dort geben
die Führungskräfte und besonders
berechtigte Mitarbeiter in Dropdown-
Boxen ihre Einschätzung ab. Die reicht
vom Anklicken vorgegebener Quotes
wie „Interessante Bewerbung, bitte zum
Einladungsgespräch“, „Kein Bedarf, aber
Aufnahme in den Pool“ oder „Qualifika-
tion ist nicht passend“ bis zum Freitext
für eine kurze Begründung der Einschät-
zung. Dieses Vorgehen beschleunigt den
kompletten Einstellungsprozess, wobei
die Personalabteilung die Fäden in der
Hand hält. So steuern die Personalrefe-
renten das Monitoring, wissen also im-
mer, wem welche Bewerbung vorliegt
und wer womöglich noch kein Feedback
abgegeben hat. Zudem werden die Ver-
teiler dokumentiert, Datenschutzfristen
eingehalten und die Daten werden nach
Beendigung des Auswahlverfahrens an-
onymisiert.
Personalisierte Jobbeschreibungen
Genau daran arbeitet auch die Haufe-Um-
antis AG im schweizerischen St. Gallen.
Der
Talent-Management-Softwareent-
wickler vereinbart Datenschutz und
Praktikabilität – für Kunden und fürs ei-
gene Unternehmen. Die Teams schreiben
die Stelle aus, das Talent Management
„Die Frage, ob einer ins Team passt,
kann nur ein Zusatz sein neben eig-
nungsdiagnostischen Instrumenten.“
Dr. Viktor Lau, Zeb
„Das Rekrutieren wird zu oft Nach-
wuchsleuten überlassen, die zu wenig
von Personalentwicklung verstehen.“
Dr. Rüdiger Hossiep, Ruhr-Universität Bochum
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