personalmagazin 06/2015 - page 46

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ORGANISATION
_GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG
personalmagazin 06/15
P
sychische Belastungen sind
immer häufiger Gegenstand öf-
fentlicher Wahrnehmung und
Diskussion. Unterschiedliche
Faktoren wie die Dauer, Lage und Ver-
teilung der Arbeitszeit, die Arbeitsinten-
sität und die soziale Unterstützung am
Arbeitsplatz beeinflussen die psychische
Belastung bei der Arbeit. Und auch Um-
gebungsfaktoren wie Lärm, Beleuchtung
und Klima wirken auf sie ein. Vor diesem
Hintergrund verdient die Gefährdungs-
beurteilung psychischer Belastungen
mehr Aufmerksamkeit als sie zurzeit
erhält. Sie wird in vielen Unternehmen
noch immer ungern in Angriff genom-
men. Oftmals befürchten die Verant-
wortlichen im Unternehmen, dass sie
die Büchse der Pandora öffnet und die
Beurteilung zu einer Verschlechterung
des Betriebsklimas und der Leistungsfä-
higkeit führt.
Hemmende und förderliche
Umsetzungsbedingungen
Diese Sorgen sind durchaus nachvoll-
ziehbar, denn bereits mit der Diskussion
zur Vorgehensweise werden psychische
Belastungen zu einem betriebsöffentli-
chen Thema. Die strukturierte Analyse
psychischer Belastungen macht verbor-
gene Themen sichtbar und fordert zum
Handeln auf. Als umsetzungshemmende
Bedingungen werden meist fehlendes
Wissen oder fehlende Qualifikationen,
fehlende Zeit- und Personalressourcen
oder auch mangelndes Problembewusst-
sein genannt. Auch wird unter Arbeits-
Von
Claudia Olejniczak
schutzexperten vermutet, dass festge-
fahrene Konfliktstrukturen zwischen
den betrieblichen Sozialpartnern die
Umsetzung des Beurteilungsprozesses
erschweren können. Als förderlich zeigt
sich dagegen ein bereits bestehender
Grundkonsens der betrieblichen Akteure
über Zielsetzung und Vorgehensweise.
Im Optimalfall wird die Gefährdungsbe-
urteilung als ein Verständigungs- und
Lernprozess zur Weiterentwicklung der
Organisation verstanden. Weitere Er-
folgsfaktoren sind außerdem
• die Unterstützung durch die Unterneh-
mensleitung,
• die Einrichtung einer Steuerungsgrup-
pe mit Entscheidungsträgern,
• der Einsatz von pragmatischen auf das
konkrete Unternehmen abgestimmten
Verfahren und Instrumenten,
• die Einbindung möglichst aller betrieb-
lichen Ebenen und Akteursgruppen,
• eine Pilotphase zur Einführung der Ge-
fährdungsbeurteilung,
• die Festlegung von Verantwortlichkei-
ten für die Umsetzung der Maßnahmen,
• die Bereitstellung der erforderlichen
Ressourcen und Kompetenzen.
Inhalt und Verlauf einer psychischen
Gefährdungsbeurteilung
Bei der Gefährdungsbeurteilung psy-
chischer Belastungen im Sinne des Ar-
beitsschutzgesetzes (ArbSchG) steht
die Beurteilung und Gestaltung von
Arbeit im Fokus. Es werden nicht die
psychische Verfassung oder Gesundheit
der Beschäftigten betrachtet, sondern
ausschließlich die Arbeits- und Ausfüh-
rungsbedingungen von Tätigkeiten, bei-
spielsweise die Arbeitsintensität, Hand-
lungsspielräume bei der Arbeit oder die
Arbeitszeit. Sie zielt auf einen möglichst
sicheren und gesunden Arbeitsplatz, der
die Motivation und Leistungsfähigkeit
der Beschäftigten und damit den unter-
nehmerischen Erfolg sichert.
Die inhaltliche Gestaltung der Ge-
fährdungsbeurteilung psychischer Be-
lastungen unterliegt der betrieblichen
Mitbestimmung. Der Betriebsrat ist bei
der Auswahl eines Verfahrens einzubin-
den. Eine frühzeitige und ergebnisoffene
Nicht nur die Pflicht erfüllen
HANDLUNGSANLEITUNG.
Eine psychische Gefährdungsbeurteilung hilft, nachteiligen
Entwicklungen rechtzeitig vorzubeugen. Wir zeigen, wie sie richtig angewandt wird.
Die Initiative „Gemeinsame Deutsche
Arbeitsschutzstrategie“ hat erforderliche
Prozessschritte idealtypisch dargestellt.
1. Festlegen von Tätigkeiten/Bereichen,
für die die Gefährdungsbeurteilung
durchgeführt werden soll
2. Ermittlung der psychischen Belastung
der Arbeit (mit einem zum Unterneh-
men passenden Verfahren)
3. Beurteilung der psychischen Belastung
4. Entwicklung und Umsetzung von
Maßnahmen (falls erforderlich)
5. Kontrolle der Wirksamkeit der umge-
setzten Maßnahmen
6. Aktualisierung/Fortschreibung der
Gefährdungsbeurteilung im Falle
geänderter Gegebenheiten
7. Dokumentation
ABLAUFSCHEMA
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