personalmagazin 06/2015 - page 48

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ORGANISATION
_GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG
personalmagazin 06/15
DR. CLAUDIA OLEJNICZAK
ist Referentin in der Abtei-
lung Produktmanagement in
der BAD Gesundheitsvorsorge
und Sicherheitstechnik GmbH.
Basismodul Psychischer Gefährdungen
(Checkliste), KFZA und COPSOQ (Mit-
arbeiterbefragungen) sowie Move (Mo-
derationsverfahren). Praxiserfahrungen
belegen, dass mit diesen Verfahren für
viele kleine und größere Unternehmen
eine sinnvolle Durchführung der Ge-
fährdungsbeurteilung psychischer Bela-
stungen möglich ist.
Worauf Entscheider bei der Vefahrens-
auswahl achten sollten
Da es keinen schematischen Weg gibt,
um das fürs Unternehmen passende
Verfahren zu finden, sind individuelle
Lösungen gefragt. Die Voraussetzungen
sind von Unternehmen zu Unternehmen
unterschiedlich und beeinflussen die
Wahl des Verfahrens. Bewährt haben
sich in der Praxis die Beschäftigung
mit den unterschiedlichen Verfahrens-
arten (beispielsweise im Arbeitsaus-
schuss) und ein Abwägen der jeweiligen
Vor- und Nachteile für das konkrete
Unternehmen. Kriterien, die unter an-
derem die Auswahl beeinflussen, sind
beispielsweise die Vorerfahrungen mit
Erhebungen: So kann in einem Unter-
nehmen die Mitarbeiterbefragung das
richtige Verfahren sein, weil die Akzep-
tanz für Befragungen im Unternehmen
generell hoch ist. Dagegen können in
anderen Unternehmen Ermüdungser-
scheinungen bei einer solchen Befra-
gung auftreten. Auch die Praktikabili-
tät und die Ressourcen sind von hoher
Relevanz bei der Verfahrensauswahl.
Bereits bei der Verfahrensauswahl ist
auch zu beachten, dass sich gerade für
kleinere Unternehmen im ersten Schritt
einfache Checklistenverfahren eignen
können. Eine externe Unterstützung
muss oft erst hinzugezogen werden,
wenn größere Belastungsthemen offen-
bar werden oder es keine oder zu weni-
ge Ideen für sinnvolle Maßnahmen gibt.
Und ein weiterer wichtiger Punkt: Die
Gefährdungsbeurteilung psychischer
Belastungen endet nicht mit der Er-
fassung der psychischen Belastungen.
Ihre Beurteilung sowie die Ableitung
von Maßnahmen sind unerlässlich und
müssen formell durch den Arbeitsschut-
zausschuss beschlossen werden. Doch
auch damit endet sie noch nicht: Sie um-
fasst auch die Umsetzung der Maßnah-
men sowie die Wirkungskontrolle.
Professionelle Umsetzung kann lang-
fristig Belastungen reduzieren
Mittlerweile gibt es eine Reihe von gu-
ten und übersichtlichen Publikationen,
die den Einstieg in die Thematik erleich-
tern sowie Beratung und Unterstützung
durch die Unfallversicherungsträger,
die zuständige Arbeitsschutzbehörde,
Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften
und Dienstleister des Arbeits- und Ge-
sundheitsschutz. Je früher diese Ange-
bote genutzt werden, umso eher gelingt
dem Unternehmen eine professionelle
Umsetzung der Gefährdungsbeurtei-
lung psychischer Belastungen. Richtig
angewandt hilft diese Gefährdungsbeur-
teilung Unternehmen, psychische Bela-
stungen systematisch zu erkennen und
gegebenenfalls mit geeigneten Maßnah-
men zu reduzieren. Sie stellt einen Lern-
prozess dar, der im Unternehmen ins-
gesamt das Verständnis für psychische
Belastungen und ihre möglichen Folgen
erhöht.
Aus Perspektive der Praxis lassen sich die Verfahrensarten am sinnvollsten nach Art
und Weise der Informationsgewinnung sowie Erkentnisreichweite unterscheiden.
Checklistenverfahren: Erfasst werden Sachverhalte, vor allem auf der organisato-
rischen oder technischen Ebene, die psychische Belastungen zur Folge haben können
(zum Beispiel Arbeitsmenge, Arbeitszeiten, besondere Gefahren). Die Erhebung erfolgt
meist durch die Begehung typischer Arbeitsplätze. Abgeleitet werden mögliche Gefähr-
dungen und geeignete Maßnahmen, die im weiteren Prozess zu konkretisieren sind.
Belastungen, die sich aus den sozialen Beziehungen ergeben, werden nur sehr allge-
mein erhoben, weshalb bei Anzeichen von größeren Belastungen vertiefende Verfahren
erforderlich sein können.
Mitarbeiterbefragungen: Mit dieser Verfahrensart werden in der Regel alle Mitarbei-
ter und Führungskräfte in die Informationsermittlung einbezogen. Sie werden je nach
Instrument zu Aspekten ihrer Tätigkeit standardisiert befragt. Oft können spezifische
Belastungsaspekte gezielt von Anfang an einbezogen werden (zum Beispiel Präsentis-
mus). Im Anschluss an die Befragung erfolgen eine Auswertung für definierte Arbeits-
platztypen und Organisationseinheiten sowie Workshops für die Interpretation der
Daten und die Ableitung von Maßnahmenvorschlägen.
Moderationsverfahren: Hier erfolgt die Erhebung der psychischen Belastungen in
moderierten Workshops für zuvor definierte Arbeitsplatztypen (APT). Der Teilnehmer-
kreis umfasst nach Möglichkeit einen Vertreter aus dem Bereich HR, einen Betriebs-
ratsvertreter, jeweils zwei bis drei Mitarbeiter und Führungskräfte des jeweiligen APT,
die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie den Betriebsarzt. Die Maßnahmenvorschläge
werden im Workshop entwickelt.
Expertenverfahren: Diese Verfahren werden durch besonders geschulte Fachkräfte
oder Experten in Form von Arbeitsplatzbeobachtungen oder Beobachtungsinterviews
durchgeführt. Sie sind besonders geeignet für spezifische Tätigkeitsbereiche, da sie sehr
aufwendig sind.
Welches Verfahren für welchen Zweck
INSTRUMENTENWAHL
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