personalmagazin 06/2015 - page 45

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ORGANISATION
_CATERING
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leischlos glücklich ist im Trend
– doch was der VW-Konzern in
den Betriebskantinen der Auto-
stadt Wolfsburg veranstaltete,
war manchem doch zu viel: Unter dem
Motto „vital, vegetarisch und vegan“
wollte die Autostadt Mitarbeitern und
Besuchern die Ernährungsphilosophie
ihrer Restaurants näher bringen. Doch
die sehr pauschalen Aussagen auf der
Internetseite des Unternehmens zu ge-
sundheitlichen Gefahren beim Verzehr
von Fleisch und Umweltschäden durch
Tierhaltung erregten den Zorn des Bau-
ernverbands derart, dass Bauernver-
Von
Katharina Schmitt
(Red.)
bandspräsident Werner Hilse indirekt
zum Boykott des Autokonzern aufrief.
Unternehmen, die ihre Betriebs-
kantine auch zum Aufbau einer fir-
meninternen (Ess-)Kultur nutzen,
bleiben angesichts solcher Vorfälle rat-
los zurück: Was also soll nun auf die
Kantinenteller, ohne einzelne Mitar-
beitergruppen zu verprellen? „Eine ve-
getarische Menülinie gehört längst als
Mindestanforderung in jedes Betriebs-
restaurant“, erklärt Jeannine Haberich,
Leiterin der Unternehmenskommuni-
kation bei Sodexo. Das bedeute kreative
vegetarische und vegane Gerichte an-
zubieten, die auch Nicht-Vegetarier auf
den Geschmack bringen.
Auch Dr. Hans-Ulrich Sachenbacher,
Geschäftsführer Sales, Marketing und
Business Development bei Eurest, stellt
einen Trend zur fleischlosen Kost nicht
nur bei Vegetariern aus Überzeugung
fest, sondern auch bei Gästen, die sich
einfach gerne flexibel für eines der ve-
getarischen Gerichte entscheiden. „Das
Einräumen von Wahlmöglichkeiten, ob
und wann sie vegetarisch essen möch-
ten, ist für die Mitarbeiter sehr wichtig“,
bestätigt Michael Tschech, Marketing-
leiter der Apetito AG. Auch die meisten
Kunden von Dussmann hätten in den
Betriebsrestaurants mehrere fleischfreie
Alternativen fest im täglichen Angebot
integriert, erklärt Dussmann-Sprecherin
Bianca Krömer.
Veggie Days sind Einzelfälle
Wäre ein „Veggie Day“ als regelmäßiger
fleischfreier Tag ein Kompromiss? Se-
bastian Zösch, Vorsitzender des Vegeta-
rierbunds Deutschland, der die Kampag-
ne „Donnerstag ist Veggietag“ 2010 nach
Deutschland geholt hat, sieht durchaus
gute Gründe dafür. Viel wichtiger sei
aber, dass es in den Betriebsrestaurants
jeden Tag eine gute Auswahl an vegetari-
schen und veganen Speisen gebe.
Denn reine Veggie-Days stießen nicht
auf Akzeptanz bei den Kantinenbesu-
chern, erklärt Ulrike Mößner, Diplom-
Oecotrophologin bei Aramark: „Unser
Credo lautet, die Gäste bei einer gesun-
den Ernährung zu unterstützen anstatt
sie zu bevormunden.“ Der Gast solle
selbst entscheiden können, was er ge-
nießen möchte, „ohne erhobenen Zeige-
finger“ – das ist auch die Überzeugung
von Christian Eick, Head of Marketing &
Sales Support bei der SV (Deutschland).
Regelmäßig Anfragen für einen
Veggie-Day bekommt dagegen Ulrich
Höngen, Geschäftsführer von Wisag
Catering. Trotzdem plädiert auch er für
flexible Angebote: „Will man die Akzep-
tanz für fleischlose Küche insgesamt
erhöhen, muss man Gästen die Wahl-
freiheit lassen. Erzwungener Verzicht
schreckt ab.“
Der Streit ums Kalb
GRENZEN.
Wegen eines „Nein“ zum Fleisch in VW-Kanti­
nen drohten Bauern mit Boykott. Auch in anderen Betrie-
ben erfordert das Kantinenangebot Fingerspitzengefühl.
Soll dieses Kalb zum Schnitzel
werden? Kantinenbesucher
haben die Wahl.
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