personalmagazin 4/2015 - page 56

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ORGANISATION
_INTERNATIONALE PERSONALARBEIT
personalmagazin 04/15
eine hohe Fluktuation der Performance
und dem wirtschaftlichen Ergebnis.
Sicher ist das chinesische HR-Manage-
ment ebenso einem Wandel unterwor-
fen und Fluktuation sowie die damit
verbundene Mitarbeiterzufriedenheit
gewinnt einen höheren Stellenwert.
In den Verhandlungen mit den chine-
sischen Partnern gilt es also herauszu-
finden, welche Prioritäten diese bei den
Partnern haben.
Sollte es für die deutsche Seite nicht
möglich sein, die Personalleiterfunk-
tion zu besetzen, empfiehlt es sich, in
den Verhandlungen sich auf bestimmte
Kernaussagen und auch Budgets zur
Mitarbeiterentwicklung zu einigen, ins-
besondere im Produktionsbereich.
Was zuvor zur Funktion des Personallei-
ters gesagt wurde, gilt selbstverständlich
auch für alle anderen Funktionen, in de-
nen Firmen mittelfristig Einheimische in
den Leitungsrollen positionieren wollen.
Rezepte gegen die gläserne Decke
Betrachtet man die Entwicklung der
Arbeitgeberattraktivität in den vergan-
genen Jahren, dann haben chinesische
Firmen gegenüber den ausländischen
Firmen in China stark an Boden gewon-
nen. Hauptgrund: die chinesischen Fir-
men haben bis in die Spitzenpositionen
Chinesen, während ausländische Firmen
stark auf vertraute Kräfte aus dem jewei-
ligen Herkunftsland der Firma setzen.
Die Botschaft an die chinesischen Nach-
wuchskräfte ist: „Willst du eine Spitzen-
position, dann geh zu einer chinesischen
Firma!“. Dieser auch als „Glass Ceiling“
(gläserne Decke) bezeichnete Effekt hat
bereits viele internationale Firmen in
China ihr Konzept der Führungskräfte-
Entwicklung überarbeiten lassen. Nur
mit einer systematischen Vorauswahl
von lokalen Potenzialträgern, einer ent-
sprechenden Förderung einschließlich
Rotation in die deutsche Unternehmens­
zentrale und einem gut organisierten
Mentorenkonzept können deutsche
(und andere internationale) Firmen in
China den Kampf um Talente gewinnen.
Speziell bei Joint Ventures ist zu be-
achten: Durch die Verteilung der Ma-
nagement-Funktionen zwischen beiden
Partnern, sind viele Top-Positionen und
diedarunterliegendenPositionenmit Chi-
nesen besetzt. Dies reduziert die wahr-
genommene gläserne Decke. Dies stellt
zwar sicher eine realistische Karriere­
aussicht für die internen chinesischen
Mitarbeitenden hinsichtlich Mittel- und
gehobenen Managementfunktionen dar,
die Top-Funktionen jedoch werden oft
durch Rotation von außen besetzt.
Krieg um die Talente erst am Anfang
Alles was wir derzeit in China im Kampf
um die Talente erleben, ist nur der An-
fang. Die meisten Absolventen chinesi-
scher Universitäten sind nicht ausrei-
chend auf die Berufspraxis vorbereitet,
sodass Firmen in starkem Wettbewerb
um die knappen, berufserfahrenen Ta-
lente stehen. Da praktisch alle Firmen in
China auf Wachstum setzen, ist es nur
eine Frage der Zeit, wann der Kampf um
Talente zu einer wilden Schlacht wer-
den wird. Wie sich Firmen für diesen
Kampf gerüstet haben, wird darüber
entscheiden, ob sie ihre Wachstumsträu-
me verwirklichen oder ob diesen ein
jähes Ende gesetzt wird. Insbesondere
in der Auswahl und Qualifizierung von
Mitarbeitenden liegt der langfristige
Schlüssel zum Erfolg in China. Hier
haben traditionell chinesische Firmen
weniger investiert als deutsche Firmen.
Deutsche Firmen können heute schon einiges tun, um sich Nachwuchs- und Fachkräf-
te auf dem chinesischen Markt zu sichern.
• Der Export der dualen Berufsausbildung und dualen Hochschulausbildung nach China
kann deutschen Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
• Deutschland hat ein positives Image in China. Dies gilt es beim Employer Branding zu
nutzen, um bei der Arbeitgeberattraktivität auf den vorderen Rängen zu sein.
• Konzentrieren Sie sich auf lokale Praktikanten. Die besten sollten Sie noch vor dem
Hochschulabschluss zu offenen Positionen ansprechen. Hierzu muss der Personalbe-
reich zusammen mit den Fachbereichen eine Performancebewertung der Praktikanten
durchführen und nach dem Praktikum in Kontakt mit den Praktikanten bleiben.
• Reduzieren Sie die gläserne Decke durch systematische Entwicklung von lokalen Po-
tenzialträgern in obere Führungspositionen.
• Gerade ausländische Firmen in China müssen es schaffen, ein Zugehörigkeitsgefühl bei
den Mitarbeitern zu entwickeln, welches über die formale Arbeitgeber-Arbeitnehmer-
Beziehung hinausgeht. Ein Arbeitgeber, der diese Bindung nicht herstellt, wird die
gewonnenen Talente schnell wieder verlieren, sobald sich für die Mitarbeiter eine
lukrativere Stelle bei einem anderen Unternehmen anbietet.
• Beispiele für solche Aktivitäten sind Familientage, Social Clubs (Interessengruppen zu
Hobbies, für die die Firma Räume in den Abendstunden oder am Wochenende bereit-
stellt), „Lunch & Learn“ und „Brown Bag Lunches“ (Lernangebote während der Mit-
tagszeit mit mitgebrachter Verpflegung) oder „Townhall Meetings“ (Veranstaltungen,
in denen das Top Management über die aktuelle Geschäftsentwicklung berichtet).
„War for Talent“ in China
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