personalmagazin 4/2015 - page 64

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SPEZIAL
_GESUNDHEITSMANAGEMENT
personalmagazin 04/15
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Das „Haus der Arbeitsfähigkeit“, so
wurde uns in den Gesprächen und Ana-
lysen schnell deutlich, ruht auf vier
unterschiedlichen, sich jedoch ergänzen-
den Säulen: Gesundheit, Qualifikation,
die allgemeinen Arbeitsbedingungen so-
wie Führung und Zusammenarbeit. Dies
bedeutet, das die Anpassung an den de-
mografischen Wandel weit mehr ist als
nur die altersgerechte Gestaltung des
Arbeitsplatzes oder die gezielte Anwer-
bung junger qualifizierter Arbeitskräfte.
Die vier Säulen der Arbeitsfähigkeit
Erste Säule ist die Gesundheit. Das Un-
terhalten eines werksärztlichen Diens-
tes ist für ein Unternehmen in unserer
Größe genauso eine Selbstverständlich-
keit wie ein ausgewogenes Speisenan-
gebot in den Kantinen. Darüber hinaus
informiert ein jährlicher Gesundheits-
tag zu Fragen richtiger Ernährung und
Bewegung, aber auch zu Themen wie
Stress, Sucht oder Internetmissbrauch.
Regelmäßige Informationen für eine ge-
sunde Lebensweise sind fester Bestand-
teil bereits der Ausbildung.
Qualifikation und Wissenstransfer bil-
den die zweite tragende Säule: Scheiden
Mitarbeiter aus, verliert das Unterneh-
men zwangsläufig auch Wissen. Dies
gilt gerade für Betriebe wie unserem,
wo beim Bau hochkomplexer Druckma-
schinen sehr viel Know-how und Erfah-
rung wichtig sind. Wir verteilen daher
Spezialwissen, das durch das altersbe-
dingte Ausscheiden von Kollegen verlo-
ren zu gehen droht, auf mehrere, jüngere
Beschäftigte. Wir achten zudem darauf,
wann welche Mitarbeiter mit welcher
Qualifikation ausscheiden – um die ent-
stehende Lücke genau zu diesem Zeit-
punkt möglichst optimal zu schließen.
Wichtig ist generell auch die Definition
einer Flexibilisierungsmatrix: wer kann
welche Aufgaben übernehmen, wenn ein
anderer kurzzeitig oder auch länger aus-
fällt. Demografie hat also sehr viel mit
Nachhaltigkeit zu tun.
Die Weitergabe von Wissen muss aber
nicht nur von der älteren zur jüngeren
Generation erfolgen, sondern auch um-
gekehrt – Stichwort „Digital Natives“. Den
demografischen Wandel zu meistern be-
deutet, ein vertrauensvolles Miteinander
der Generationen sicherzustellen. Weiche
Faktoren wie eine gute Zusammenarbeit
über die Grenzen von Abteilungen oder
Bereichen hinaus spielen eine wesent-
liche Rolle für gesundes Arbeiten.
Demografischer Wandel bedeutet
auch, konsequent in die Ausbildung jun-
ger Menschen zu investieren. Trotz der
schwierigen wirtschaftlichen Rahmen-
bedingungen hält unser Unternehmen
an einer überdurchschnittlich hohen
Ausbildungsquote von sechs Prozent
fest. Denn wir wissen: in wenigen Jahren
werden wir einen extrem harten Kampf
um junge Mitarbeiter haben.
Dritte Säule ist die Ergonomie: Etwa die
Hälfte unserer Beschäftigten in Deutsch-
land arbeitet in der Produktion und in
der Montage. Dort haben wir für jeden
einzelnen Arbeitsplatz einen Ergonomie-
Check durchgeführt und Anpassungen
vorgenommen, beispielsweise Hebehil-
fen installiert. Auch in der Verwaltung
gibt es zahlreiche Ansätze, etwa höhen-
verstellbare Tische, augenschonendes
Licht oder rückengerechte Bürostühle.
Grundsätzlich ist die Gestaltung altersge-
rechter Arbeitsplätze jedoch mehr als nur
die Anpassung mit technischen Hilfsmit-
teln. Sie ist vielmehr ein ganzheitlicher
Ansatz, der einer inneren Grundhaltung
entspringt. So wird es für jeden Mitarbei-
ter einen jährlichen Arbeitsfähigkeits-
Check geben – gefolgt von Maßnahmen,
die dem Alter des Mitarbeiters und
gegebenenfalls veränderten Arbeitsbe-
dingungen Rechnung tragen. Der Stand
und die Entwicklung der individuellen
Arbeitsfähigkeit soll auch Teil des jähr-
lichen Mitarbeitergesprächs sein.
Bleibt als letzte Säule die Kommunika-
tion: Die Gestaltung des demografischen
Wandels kann nur gelingen, wenn mög-
lichst viele Mitarbeiter eingebunden und
von der Notwendigkeit der Veränderung
überzeugt sind. Eine wichtige Rolle in
der Kommunikation spielt bei uns die
sogenannte Demografie-Arena. In einer
leerstehenden Werkshalle am größten
Produktionsstandort in Wiesloch-Wall-
dorf werden die Ergebnisse der einzel-
nen Projektteams wie auf einer Messe
präsentiert. Ziel ist es, einen Überblick
über die Komplexität dieser Mammut-
aufgabe zu gewinnen und Bewusstsein
für künftige Herausforderungen zu
schaffen. Bisher wurden nahezu alle
der gut 5.000 Mitarbeiter am Standort
in zweieinhalbstündigen Rundgängen
informiert und in den Veränderungspro-
zess integriert. Hinzu kommen mehr als
100 konkrete Umsetzungsgespräche vor
allem mit Führungskräften. Darüber hi-
naus wurden die Ergebnisse auf einem
sogenannten Demografiemarktplatz in-
teressierten Unternehmen aus der Me-
tropolregion Rhein-Neckar vorgestellt.
Mit 120 Besuchern aus unterschied-
lichsten Branchen stieß die ganztägige
Veranstaltung auf eine ausgesprochen
gute Resonanz.
Ein Thema für lange Zeit
Etliche der skizzierten Maßnahmen
sind bei uns schon länger Teil verant-
wortlicher Unternehmensführung. Die
konkrete Umsetzung anderer im Projekt
erarbeiteter Schritte startete zu Beginn
dieses Jahres. Eine Reihe von Maßnah-
men können schnell und mit überschau-
barem Aufwand durchgeführt werden,
etwa der Gesundheitstag. Andere neh-
men deutlich mehr Zeit in Anspruch,
beispielsweise ein nachhaltiger, umfang-
reicher Wissenstransfer. Eines ist sicher:
Das Thema Demografie wird uns noch
lange beschäftigen.
DR. RUPERT FELDER
ist
Leiter Global Human Resour-
ces bei der Heidelberger
Druckmaschinen AG.
BILDERGALERIE
Machen Sie einen Rundgang durch die
Demografie-Arena bei Heidelberger
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