personalmagazin 04/15
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RECHT
_ARBEITNEHMERDATENSCHUTZ
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
VERENA BRAECKELER-
KOGEL
ist Leiterin der
Arbeitsrechtspraxis bei der
Kanzlei Simmons & Simmons.
SASCHA KUHN
ist Partner
im Bereich Konfliktlösung
und Compliance bei der
Kanzlei Simmons & Simmons
und berät dabei auch in allen Fragen des
Datenschutzrechts.
sinnvolle oder praktikable) Lösungsan-
sätze vertreten und diskutiert. Es sei
vorweggenommen, dass es zumindest
momentan noch keine befriedigende
Lösung gibt, welche die Interessen von
Arbeitnehmern und Arbeitgebern glei-
chermaßen perfekt berücksichtigen und
in Einklang bringen kann. Jedoch gibt
es Lösungen (wie beispielsweise die so-
genannte „Kiosk-Lösung“), die einem In-
teressenausgleich so nahe kommen, wie
es gesetzlich und praktisch möglich ist.
Auch die „Einwilligungslösung“ und die
„Markierungslösung“ sind zwei Ansät-
ze, die immer noch häufig vorgeschlagen
werden, jedoch so offensichtliche Nach-
teile mit sich bringen, dass sie letztlich
nicht ratsam sind. Dennoch sollen sie
hier kurz vorgestellt werden.
Der Ansatz der Einwilligungslösung
sieht vor, dass alle Arbeitnehmer bei
Beginn ihrer Tätigkeit oder mit Ein-
führung der E-Mail-Auswertung eine
Einwilligungserklärung unterzeichnen.
Der Ansatz wird unabhängig davon an-
gepriesen, ob private E-Mail-Nutzung
erlaubt ist. Doch diese Lösung ist nicht
befriedigend: Zum einen wäre ein sol-
cher Ansatz bei einer verbotenen Privat-
nutzung von E-Mail-Programmen nur für
rein unternehmensinterne Kommunika-
tion sinnvoll. Sobald der Adressat eine
unternehmensexterne Person ist, kann
die Einwilligung des Arbeitnehmers die-
se Person nicht erfassen. Zum anderen
bringt auch eine Einwilligung von allen
Seiten keine ausreichende generelle
Rechtssicherheit, da die Wirksamkeit
von Einwilligungen im Arbeitsverhält-
nis umstritten ist und somit zumindest
bei privaten E-Mails auf jeden Fall eine
Abwägung im Einzelfall vorgenommen
werden muss.
Die Markierungslösung sieht vor, dass
die Arbeitnehmer in der Betreffzeile pri-
vate E-Mails entsprechend markieren.
Auch hier gibt es aber rechtliche wie
praktische Probleme: Bei erlaubter Pri-
vatnutzung hilft die Markierung nicht
über die Hürde des Fernmeldegeheim-
nisses hinweg. Und selbst bei verbotener
Privatnutzung verbliebe das Problem,
dass auch dienstliche Inhalte als privat
gekennzeichnet werden könnten. Au-
ßerdem ist weiterhin keine Totalüber-
wachung dergestalt möglich, dass alle
E-Mails zugreifbar sind. Als erster Zu-
griff stehen nur die E-Mail-Logfiles zur
Verfügung, welche dann ausgewertet
werden und zu punktuellen Zugriffen
berechtigen können. Auch hier wird
deutlich, dass es aus Unternehmenssicht
unumgänglich ist, zumindest die private
E-Mail-Nutzung zu verbieten, um den
Zugriff auf E-Mails bei Bedarf über die
Logfiles mit Betreffzeile zu ermöglichen.
Hierfür kann unter mehreren gangbaren
Varianten gewählt werden.
Sichere Wege: Generelles Verbot,
Kiosklösung oder ein Kompromiss
Ein komplettes Verbot der Privatnut-
zung von E-Mail und Internet muss ein-
deutig kommuniziert und durchgesetzt
werden. Durch das komplette Verbot ist
sichergestellt, dass E-Mail-Logfiles mit
Betreffzeile gespeichert sowie ausge-
wertet werden und (mit Ausnahme of-
fenkundig privater Inhalte) bei gegebe-
nem Anlass eingesehen werden können.
Kiosk-Lösungen oder WLAN-Bereiche
stellen eine Alternative zur kompletten
Verbotslösung dar. Das Komplettverbot
besteht zwar bezüglich der dienstlich
verwendeten IT weiterhin, allerdings
werden in ausgewählten Bereichen des
Unternehmens Computer zur Privatnut-
zung aufgestellt oder WLAN-Netzwerke
eingerichtet, die über private Geräte der
Arbeitnehmer zur privaten Internet-Nut-
zung verwendet werden können.
Zuletzt kann auch lediglich die Pri-
vatnutzung der dienstlichen E-Mail ver-
boten werden. Die Privatnutzung des
Internets kann erlaubt bleiben. Über
Betriebsvereinbarungen oder Internet-
Nutzungsrichtlinien kann dann genau
festgelegt werden, welche Webmailing
Services genutzt werden dürfen und
welche Inhalte technisch gesperrt wer-
den. Dies erlaubt nicht den Zugriff auf
die Browser-Historie, aber der Zugriff
auf E-Mails ist weitestgehend ermöglicht
und eine Zuwiderhandlung gegen die Be-
triebsvereinbarung oder Nutzungsricht-
linie kann zu arbeitsrechtlichen Folgen
für den Arbeitnehmer führen.
Bei allen Lösungsansätzen bleibt die
Einbeziehung des Betriebsrats zu be-
achten: Bei der Einführung und Anwen-
dung von technischen Einrichtungen
zur Überwachung des Verhaltens oder
der Leistung der Arbeitnehmer sieht
das Betriebsverfassungsgesetz seine
Mitbestimmung vor. Hierunter fällt das
Anlegen und Anwenden der technischen
Möglichkeit, E-Mail-Logfiles zu erstellen.
Der Betriebsrat muss somit ausführlich
über die Vorhaben unterrichtet werden.
Auch darf er beratend und mitbestim-
mend auf die Ausführung einwirken. Ne-
ben der Einbeziehung des Betriebsrats
ist es außerdem sinnvoll, allen Arbeit-
nehmern nachhaltig zu vermitteln, was
nach den neuen Regelungen erlaubt ist,
zu welchen Zwecken Daten erhoben und
verwendet werden können sowie eine
Erklärung über die Funktionsweise der
neu eingerichteten Systeme zu geben.
Den Interessen von Arbeitgeber und Ar-
beitnehmern ist dann hinreichend Genü-
ge getan.
Betriebsvereinbarung
Internet und E-Mail
Nutzung (HI3444168)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE