personalmagazin 4/2015 - page 79

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04/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
im Stellenmarkt der Samstagsausgabe
durchschnittlich erreicht und was sie
kostet. Punkten kann hier, wer sich für
einen vielversprechenden und kosten-
günstigen Kanal entscheidet. Die Auto-
ren wollen damit den Blick der Spieler
dafür schärfen, wie ihre Zielgruppen
ticken – etwa, dass sie manche nicht
über E-Mail, sondern besser über Instant
Messaging erreichen.
Andere Bewertungen hängen dagegen
von der Ad-hoc-Entscheidung des Spiel-
leiters ab – etwa wenn es darum geht,
ob die während des Spiels entwickelte
Stellenanzeige die erhofften Reaktionen
in der Zielgruppe hervorrufen würde.
Sind die Punkte für die jeweilige Auf-
gabe vergeben, dürfen die Personaler
zum nächsten Feld auf dem Spielbrett
weiterrücken. Die Spielschritte beruhen
auf Knoblauchs Toolbox mit neunstu-
figem Einstellungsverfahren. Die Eig-
nung eines Bewerbers wird dabei mit
einem Personalfragebogen, Referenzen,
einem strukturierten Telefon- und zwei
persönlichen Interviews festgestellt. Ein
personaldiagnostischer Test fehlt jedoch.
„Mehr Spaß als Blasmusik von vorne“
Was im Spiel ebenfalls anders als im
Alltag der meisten Personaler fehlt, sind
digitale Elemente. Wie kommt man in
einer zunehmend digitalisierten Welt,
in der auch Spiele immer virtueller wer-
den, auf die Idee, ein Brettspiel zu entwi-
ckeln? „Die digitalen Medien stoßen an
Grenzen, wenn es um Verhaltensthemen
geht, wenn die Spieler diskutieren und
Erfahrungen austauschen sollen und es
nicht die eine richtige Lösung gibt“, so
Schirrmacher zur Entscheidung gegen
ein digitales Spiel. „Zudem erleben die
Spieler am Computer weder Mimik, Ge-
stik noch Tonfall des Gegenübers.“
Für Knoblauch spielte das Format des
Spiels hingegen bei der Entwicklung kei-
ne entscheidende Rolle. „Für mich stand
im Mittelpunkt, Menschen spielerisch
dazu zu bringen, zu diskutieren und wie
im wirklichen Leben auch zusammen
Entscheidungen zu treffen.“ Eine Digita-
lisierung sei nicht ausgeschlossen: „Viel-
leicht gibt es ja auch irgendwann mal
eine Online-Version des Spiels.“
Doch egal, ob digital oder analog: Für
Schirrmacher steht das Spielen im Fo-
kus. Der ehemalige Personaler, der auch
schon Planspiele zu Führung, Sucht-
und Burnout-Prävention entwickelt hat,
erklärt: „Aus der Lernforschung wissen
wir, dass das spielerische Lernen zu den
effektivsten Arten des Lernens gehört.“
Noch gebe es jedoch Vorurteile: „Viele
haben falsche Vorstellungen von Plan-
spielen, sie halten Spielen für kindlich
und ziellos“, sagt Schirrmacher. „Er-
wachsene sind nichts anderes als lang-
gezogene Kinder, und die spielen gern
und hören gern Geschichten“, entkräftet
Knoblauch dieses Vorurteil. „Und Spie-
len macht mehr Spaß als Blasmusik von
vorne wie beim Frontalunterricht.“
Um neben dem Spielspaß auch den
Lernerfolg beim Recruiting-Brettspiel zu
sichern, hat sich Schirrmacher an zwei
Anforderungen aus der Lernforschung
orientiert: „Erstens: sich intensiv mit
dem Thema zu beschäftigen. Zweitens:
Den Lernern die Angst zu nehmen und
ihnen mit dem spielerischen Element
Lernfreude zu geben.“
Diesem Anspruch ist das Recruiting-
Brettspiel bei der Spielpremiere gerecht
geworden. Schnell verlegte sich der Fo-
kus des Spiels vom Spielbrett weg hin
zur lebhaften Diskussion in den Teams.
Viele der teilnehmenden Personaler
brachten die eigene Erfahrung mit ein
und diskutierten ganz praktische Fra-
gen: Ist es sinnvoll, mit leistungsge-
rechter Vergütung zu werben? Kommt
die Stellenanzeige wirklich locker rüber?
Die Spieler lobten am Ende den spie-
lerischen Ansatz, die Diskussion und
den Austausch mit Kollegen anderer
Branchen. Ihr Blick sei vor allem für die
ersten Schritte des Auswahlverfahrens
geschärft worden, was mehr Effizienz im
späteren Verlauf geschaffen habe.
Außerhalb des Seminars, so eine weite-
re Teilnehmerstimme, sei das Spiel jedoch
nur bedingt einsetzbar: Denn in kleinen
und mittelständischen Unternehmen, aus
denen viele der Teilnehmer kamen, gebe
es meist nur wenige Personaler – das rei-
che nicht für einen sinnvollen Austausch.
Am Ende des Premierentags fanden
alle Teams ihren A-Kandidaten auf
dem Spielbrett. Verdienter Spielerfolg
für eine gute Recruiting-Strategie oder
Glück im Spiel? Möglicherweise beides
– wie im wahren Leben: Auch dort lässt
sich trotz ausgefeilter Diagnostik nicht
hunderprozentig voraussagen, ob sich
ein Kandidat als A-Mitarbeiter erweist.
Glück ist auch dabei. Denn, wie ein Teil-
nehmer abschließend sagte, „man kann
jedem nur bis vor den Kopf gucken“.
© TEMPUS-CONSULTING
®
Jörg Knoblauch (rechts) und Uwe Schirrmacher (2. von rechts) bei der Spielepremiere
BILDERGALERIE
Brettspiel live: Eindrücke von der Premi-
ere des Spiels finden Sie in der Bilder-
galerie in der Personalmagazin-App.
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