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Die Erlaubnis der Privatnutzung hat
eine weitere Dimension: Es ist umstrit-
ten, wie Arbeitgeber, welche die private
Nutzung erlauben, rechtlich einzuord-
nen sind. In der Praxis werden sie zu-
meist als Diensteanbieter im Sinne des
Telekommunikationsgesetzes (TKG)
betrachtet. Dies bedeutet: die Telekom-
munikationsvorgänge unterliegen dem
Fernmeldegeheimnis, der Arbeitgeber
darf also nur in engen Grenzen Zugriff
nehmen. Stets erlaubt ist dabei die Spei-
cherung der Verkehrsdaten (Absender,
Empfänger, Zeitpunkt, Größe der E-
Mail) in sogenannten E-Mail-Logfiles,
zu unternehmensschützenden Zwecken
(wie etwa Sicherheit und Integrität der
IT-Systeme oder generelle Schadensab-
wehr). Der Zugriff auf den Inhalt der E-
Mails ist aber verwehrt.
Einzelfallabwägung auch bei aus-
drücklichem Verbot der Privatnutzung
Nur bei einem ausdrücklichen Ver-
bot der privaten Nutzung ist nicht das
Fernmeldegeheimnis, sondern nur das
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) anzu-
wenden. Dies bedeutet, dass E-Mails wie
Geschäftsbriefe behandelt werden und
zu ihrer Speicherung und Auswertung
die bekannten datenschutzrechtlichen
Instrumente – Einwilligung und gesetz-
liche Rechtfertigung – Anwendung fin-
den. Hier besteht indes die Problematik,
ob Arbeitnehmer überhaupt wirksam
einwilligen können. Die umfassende In-
formation des Arbeitnehmers über den
Zweck der Datenerhebung und –ver-
wendung ist jedenfalls stets notwendig.
Als gesetzlicher Rechtfertigungsgrund
kann die Nutzung zu Geschäftszwe-
cken, die Durchführung des Arbeitsver-
hältnisses oder auch Aufklärung von
Straftaten angeführt werden. Wenn der
genaue Zweck konkretisiert und dem
Arbeitnehmer mitgeteilt wurde, können
die E-Mail-Logfiles mit Betreffzeile ge-
speichert werden.
Die verbotene Privatnutzung lässt
jedoch keine Totalüberwachung zu. Es
muss stets eine anlassbezogene Einzel-
fallabwägung stattfinden. Allerdings
machen es die vorhergegangene Infor-
mation des Arbeitnehmers und das Ver-
bot der Privatnutzung einfacher, den
dienstlichen Zweck in der Abwägung
überwiegen zu lassen. Im Fall offenkun-
dig privater E-Mails ist der Zugriff im
Regelfall nicht gestattet. So bleibt der
Kernbereich des Rechts auf informatio-
nelle Selbstbestimmung geschützt.
Zugriff bei ungeplanten Abwesen-
heiten oder aus Beweisgründen
Der Wunsch auf Zugriff hat nicht im-
mer mit Kontrolle zu tun. Häufig speist
er sich aus wirtschaftlicher Notwendig-
keit. Bei ungeplanter temporärer oder
dauerhafter Abwesenheit von Arbeit-
nehmern ist es notwendig, Zugriff auf
deren E-Mails zu erhalten, um die Ar-
beit weiterzuführen und Geschäftsab-
läufe nachvollziehen zu können sowie
eine Arbeitsvertretung einzuarbeiten.
Besonders bei nicht einvernehmlichen
Kündigungen ist das Risiko, sich erst
gerichtlich den Zugriff erstreiten zu
müssen oder diesen möglicherweise gar
nicht erhalten zu können, zu hoch.
In vielen Gerichtsverfahren dienen
E-Mails als Beweis für einen Kündi-
gungsgrund. Zum Beispiel, wenn der
Kündigungsgrund im E-Mail- und
Internet-Nutzungsverhalten des Ar-
beitnehmers selbst zu suchen ist, oder,
wenn in E-Mails der Beweis für einen
anderen Kündigungsgrund enthalten
ist. Auch kommt es immer häufiger in
grenzüberschreitenden Streitigkeiten
dazu, dass Unternehmen von auslän-
dischen Gerichten zur Beibringung von
Dokumenten aufgefordert werden. Da
der internationale Geschäftsverkehr fast
ausschließlich per E-Mail und Internet
abgewickelt wird, machen E-Mails einen
großen Teil der angeforderten Doku-
mente aus.
Doch es gibt noch weitere Gründe,
weshalb ein Einsichtsrecht für den Ar-
beitgeber wichtig sein kann: Für Un-
ternehmen ist es essentiell, dass sie die
Integrität, Sicherheit und jederzeitige
Funktionalität ihrer IT-Systeme sicher-
stellen können. Darüber hinaus kann es
sich kein Unternehmen leisten, Sicher-
heitslücken und den daraus resultieren-
den Verlust von Geschäftsgeheimnissen
nicht aufklären zu können und somit
Informationsabflüsse zwar zu bemer-
ken, aber nichts dagegen unternehmen
zu können.
Unternehmen in regulierten Geschäfts-
bereichen haben vermehrt gesetzliche
Monitoringpflichten einzuhalten. Über
die Informationspflichten zu den Auf-
sichtsbehörden hinaus soll das Arbeit-
nehmerverhalten und die Nutzung aller
Kommunikations- und IT-Systeme genau
überwacht werden.
Lösungsansätze in der Praxis für
generelle Zugriffsmöglichkeiten
Um all diesen wirtschaftlichen Notwen-
digkeiten und gesetzlichen Verpflich-
tungen nachkommen zu können, kann
es sich kein Unternehmen leisten, kei-
nen vorhersehbaren Zugriff auf alle
geschäftlichen Vorgänge zu haben. Inso-
fern drängt sich die Frage auf, wie sich
ein Arbeitgeber den Zugriff auf die E-
Mails sichern kann. Hierbei ist es nicht
sinnvoll, in jedem Fall eine Einzellösung
zu finden, es sollte vielmehr das Ziel
verfolgt werden, sich den Zugriff auf E-
Mails weitestgehend zu eröffnen.
Unter Datenschutzrechtlern wer-
den hierzu mehrere (teilweise weniger
Zugriff hat nicht immer
mit Kontrolle zu tun.
Bei längerer Krankheit
ist er notwendig, um die
Arbeit weiterzuführen
oder Geschäftsabläufe
nachzuvollziehen.
© SHEFF / SHUTTERSTOCK.DE
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