personalmagazin 4/2015 - page 68

personalmagazin 04/15
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RECHT
_URTEILSDIENST
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Urlaubsanspruch bleibt trotz Wechsel von Voll- in Teilzeit
Arbeitgeber dürfen den Urlaubsan-
spruch ihrer Mitarbeiter nicht mehr ver-
hältnismäßig kürzen, wenn diese von
Vollzeit in Teilzeit wechseln und des-
halb an weniger Wochentagen arbeiten.
tagewoche festgelegte Erholungsurlaub
nach einer Verringerung der Arbeitszeit
während des Urlaubsjahrs auf weniger
als fünf Wochentage vermindert, als
Diskriminierung entlarvt.
Das entschied nun das BAG und folgte
damit den Vorgaben des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH). Dieser hatte schon
2013 die Regelung für den öffentlichen
Dienst, nach der sich der für die Fünf-
URTEIL DES MONATS
Bisher galt im öffentlichen Dienst nach § 26 Abs. 1 TVöD, dass beim
Wechsel von Voll- in Teilzeit der Arbeitnehmer im Jahr des Teilzeit-
wechsels nur einen verminderten Urlaubsanspruch hat, der sich
allein an der Teilzeitbeschäftigung orientiert. Die dieser Regelung
entgegenstehende Entscheidung des EuGH, nachdem sich die Anzahl
der Urlaubstage wegen des Übergangs in Teilzeit nicht verringern
darf, hatte das Bundesarbeitsgericht zu beachten. Entsprechend der
Rechtsauffassung des EuGH erkennt nun auch das Bundesarbeitsge-
richt in einer „nachträglichen“ Verringerung des Urlaubsanspruchs
eine Diskriminierung.
In der Sache hatte ein Beschäftigter des öffentlichen Diensts in
Hessen im Juli 2010 von einer Vollzeittätigkeit und einer Fünftage-
woche in eine Teilzeitbeschäftigung an vier Wochentagen gewech-
selt. Von Januar bis Ende Juni hatte er keinen Urlaub genommen. Die
beklagte Arbeitgeberin errechnete sodann ausgehend von einem
tariflichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen nach dem Wechsel in die
Teilzeit einen Anspruch auf insgesamt 24 Tage Urlaub. Die Rechnung
entsprach aber nicht der Rechtsprechung des EuGH. Für das erste
Halbjahr waren nun vielmehr 15 Tage und für das zweite 12 Tage zu
veranschlagen, also insgesamt 27 Tage. Erhebliche Auswirkungen in
der Praxis wird das Urteil besonders für Arbeitgeber haben, deren
URLAUBSABGELTUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Bei einer fristlosen Kündigung muss ein noch
bestehender Urlaubsanspruch sofort abgegolten werden. Der Abgel-
tungsanspruch kann nicht mehr wie bisher im Fall der Kündigung
durch einen Vermerk in der Freistellungserklärung erfüllt werden.
RELEVANZ
Häufig wurde bisher die Abgeltung im Kündigungs-
schreiben mitgeteilt: „...werden Sie mit sofortiger Wirkung unter
Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwi-
derruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Das
genügt nicht mehr. Das Bundesarbeitsgericht verlangt nun bei einer
fristlosen Kündigung immer eine finanzielle Urlaubsabgeltung. Es
empfiehlt sich deshalb, den Kündigungstermin um den noch beste-
henden zeitlichen Urlaubsanspruch nach hinten zu verschieben.
SEXUELLE BELÄSTIGUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Ein einmaliger sexueller Übergiff ohne Wie-
derholungsgefahr muss nicht zwangsläufig zur Kündigung führen.
Entscheidend für die fristlose Kündigung, so das BAG, sind unter
anderem Umfang und Intensität der Belästigung.
RELEVANZ
Die jetzt veröffentlichte Entscheidung zeigt, wann eine
Abmahnung der Kündigung vorzuziehen ist. Im zu entscheidenden
Fall hatte das BAG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für zu-
mutbar erklärt: Der übergriffige Mitarbeiter, der einer Kollegin an
den Busen gefasst hatte, gestand im direkt folgenden Gespräch mit
seinem Chef sein Fehlverhalten ein, entschuldigte sich bei der Frau
und zahlte im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs Schmerzensgeld.
Eine Abmahnung, so das BAG, wäre hier ausreichend gewesen.
Mitarbeiter beispielsweise aus der Elternzeit wiederkommen und
nur noch wenige Tage in der Woche arbeiten. Hat ein Arbeitnehmer
in diesem Fall noch 20 Tage Resturlaub und reduziert seine Arbeit
von fünf Tagen auf einen Tag pro Woche, so hat er weiter 20 Tage,
umgerechnet also 20 Wochen Urlaub.
Der Urlaub beim Wechsel in Teilzeit kann extrem lang sein.
Quelle
BAG, Urteil vom 10.2.2015, Az. 9 AZR 53/14
Quelle
BAG, Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 651/13
Quelle
BAG, Urteil vom 10.2.2015, Az. 9 AZR 455/13
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