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MANAGEMENT
_BEWERTUNGSPORTALE
personalmagazin 04/15
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
DR. ISABELLE HILLEBRANDT
ist Postdoc-
Researcher an der Universität Bamberg.
ASS.-PROF. DR. PHILIPP A. RAUSCHNA-
BEL
ist Assistant Professor of Marketing an
der University of Michigan-Dearborn, USA.
CAROLIN HARTMANN
ist Managerin
Werbung und Kommunikation bei der R+V
Allgemeine Versicherung AG.
PROF. DR. BJÖRN S. IVENS
ist Professor
für Marketing an der Universität Bamberg.
relativieren. Daneben können sie sich
aktiv in Form von Informationstexten,
Bildern oder Videos auf der Plattform
präsentieren. Diese Möglichkeit nutzen
Arbeitgeber in Deutschland allerdings
bislang noch eher selten, wie der kürz-
lich erschienene „Social Media Index“
von ADP zeigt (siehe Kasten).
Warum Firmen mit Negativimage am
meisten von Bewertungen profitieren
Offen bleibt bislang die Frage, inwieweit
die veröffentlichten Bewertungen tat-
sächlich einen Effekt haben. Um diese
Frage zu beantworten, hat der Lehrstuhl
für Marketing der Universität Bamberg
die Auswirkungen von positiven und
negativen Arbeitgeberbewertungen auf
die wahrgenommene Arbeitgeberat-
traktivität von Unternehmen empirisch
untersucht. Dafür wurden exemplarisch
mehrere Unternehmen aus dem Bereich
der Transport- und Logistikbranche be-
trachtet und über 500 Teilnehmer mit
einem Online-Fragebogen quantitativ
befragt.
Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass
Arbeitgeberbewertungen – wie erwartet
– generell einen empirisch belegbaren
Effekt auf die wahrgenommene Arbeit-
geberattraktivität eines Unternehmens
haben. Dieser empirische Zusammen-
hang sagt jedoch zunächst noch nichts
über den Effekt positiver beziehungs-
weise negativer Bewertungen aus.
Bei der weiteren Analyse ergab sich:
Positive Bewertungen erhöhen die wahr-
genommene Arbeitgeberattraktivität.
Unternehmen, die generell mit einem
negativeren Arbeitgeberimage assozi-
iert wurden, konnten sogar besonders
stark von diesem positiven Effekt profi-
tieren. Die wohlwollenden Evaluationen
aktueller und ehemaliger Mitarbeiter
wurden nämlich in diesen Fällen als
glaubwürdig angesehen und bei der Ar-
beitgeberauswahl positiv berücksichtigt.
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Be-
wertungen eine Signalwirkung haben,
wenn es darum geht, gute Arbeitserfah-
rung zu bestätigen.
Demgegenüber zeigen die Ergeb-
nisse, dass negative Bewertungen nicht
zwangsläufig zu einem schlechteren Ar-
beitgeberimage führen. Mögliche Erklä-
rungen hierfür sind, dass die Kritik der
bewertenden Bewerber oder Mitarbeiter
oft nicht glaubwürding erscheint und die
Nutzer in diesen Fällen glauben, dass es
sich bei einer Negativbewertung um ei-
nen Einzelfall ohne allgemeine Gültig-
keit handelt.
Die Ergebnisse zeigen auch, dass So-
cial Media insgesamt eine hohe Relevanz
hat und dass dies auch außerhalb der
klassischen Marketingfunktionen gilt,
wie hier im Bereich des Arbeitsmarkts.
Was bedeuten diese Ergebnisse nun
konkret für die Unternehmenspraxis?
• Arbeitgeberbewertungsplattformen
sind eine relevante Informationsquelle,
die die Wahrnehmung der Arbeitgeber-
marke potenziell beeinflusst.
• Während das Monitoring klassischer
Konsumentendialoge in vielen Unter-
nehmen bereits Standard ist, gibt es
beim Monitoring der Arbeitgebermarke
noch Luft nach oben. Analysen können
die Stärken und Schwächen des Arbeit-
gebers sowie die Stärken und Schwä-
chen der Wettbewerber offenlegen.
• Unternehmen sollten, je nach Un-
ternehmenskultur, in Betracht ziehen,
Mitarbeiter zu Markenbotschaftern
zu machen. Mitarbeiter auf Seiten wie
Kununu, Glassdoor und Mein Chef auf-
merksam zu machen, kann sie unauf-
dringlich dazu motivieren, ihre Erfah-
rungen zu teilen.
• Ein holistisches Management von So-
cial Media über Abteilungsgrenzen hin-
weg birgt enorme Potenziale. Unterneh-
men sollten die neuen Medien jedoch
nicht als neues Werbemittel auffassen.
Keinesfalls sollten sie aufgrund mög-
licher Negativkommentare versuchen,
Social Media aus dem Businessalltag zu
verdrängen.
Insgesamt empfiehlt sich ein proaktiver
Umgang mit allen Chancen und Risiken
von Arbeitgeberbewertungen, nicht nur,
um die Authentizität des Unternehmens
darzustellen, sondern auch um Dialog-
bereitschaft zu signalisieren und so die
Vertrauenswürdigkeit zu erhöhen.
Auf Arbeitgeberbewertungsplattformen können Arbeitgeber sich präsentieren. Der
„Social Media Index“ von ADP zeigt: Bislang nutzen jedoch erst wenige diese Option.
Arbeitgeber können über Bewertungsportale aktiv auf ihre Attraktivität einwirken –
etwa, indem sie ihr Profil mit Unternehmens- und HR-Informationen wie Jobangeboten
füttern und auf Posts antworten. Im „Social Media Index“ von ADP hat sich allerdings
gezeigt: Arbeitgeber sind in dieser Hinsicht noch wenig aktiv. Auf „Mein Chef“ nutzen
die 95 untersuchten Unternehmen gerade einmal 15 Prozent der Möglichkeiten zur
Arbeitgeberdarstellung, bei Jobvoting 13 Prozent und bei Bizzwatch sogar nur vier Pro-
zent. Immerhin: Bei Kununu werden schon 50 Prozent der Arbeitgeberangebote genutzt
– ein langsamer Anstieg: vor zweieinhalb Jahren waren es knapp 40 Prozent. Langsam
gestiegen sind auch die absoluten Nutzerzahlen der Portale. Auch hier liegt Kununu vor-
ne. Mit Abstand folgen Mein Chef, Jobvoting und Bizzwatch. Über Glassdoor lagen beim
„Social Media Index“, der im Dezember 2014 erhoben wurde, noch keine Nutzerzahlen
vor, da das Portal erst im Januar 2015 in Deutschland gestartet ist.
(ak)
Arbeitgeber noch wenig aktiv
STUDIE