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personalmagazin 04/15
MANAGEMENT
_BEWERTUNGSPORTALE
B
ei einem neuen Arbeitgeber an-
zufangen ist wie das Öffnen ei-
ner „Black Box“: Was sich genau
hinter den Türen verbirgt und
ob die Arbeitserfahrung auch tatsächlich
den Vorstellungen entspricht, kann der
neue Mitarbeiter in den meisten Fällen
erst nach einer gewissen Zeit im Arbeits-
verhältnis beantworten. Viele potenzielle
Arbeitskräfte evaluieren daher ihre Mög-
lichkeiten detailliert und ziehen dabei
eine Vielzahl an Quellen heran, etwa die
Angaben in Stellenanzeigen, auf Unter-
nehmenswebsites, Facebook-Seiten, Xing-
Profilen, Blogs oder Youtube-Videos mit
Mitarbeiter-Statements. Weitere wichtige
Informationen über ein Unternehmen
liefert der Bewerbungsprozess selbst.
Trotz der Vielzahl von Informationen
und ihrer Erfahrungen im Bewerbungs-
prozess kommt es oft vor, dass poten-
zielle Mitarbeiter unsicher sind, wenn
sie Jobentscheidungen treffen. Hier
kommen Arbeitgeber-Bewertungsplatt-
formen wie Kununu, Bizzwatch oder
Jobvoting ins Spiel, auf denen aktuelle
oder ehemalige Mitarbeiter anonym ih-
re Erfahrungen bei einem Arbeitgeber
anhand bestimmter Kriterien bewerten
und veröffentlichen.
Ob und wie wertvoll diese Informati-
onsquelle für Bewerber ist, hängt jedoch
von einigen Faktoren ab: Eine Voraus-
setzung ist etwa, dass das gesuchte
Unternehmen als Arbeitgeber auf der
Plattform geführt wird und bereits be-
wertet wurde. Daneben müssen die
Bewerber für sich selbst entscheiden,
inwieweit eine Bewertung einen authen-
tischen Blick ins Unternehmen bietet
oder eher eine Einzelmeinung darstellt.
Problematisch dabei ist nämlich etwa,
dass die tatsächliche Identität der Be-
wertenden auf Bewertungsplattformen
nicht kontrollierbar ist. Da die Bewer-
tungen anonym sind, kann es zudem zu
Manipulationen kommen: Zum einen
können verärgerte Mitarbeiter überzo-
gen negative Kommentare verfassen und
dabei sogar mit mehreren Benutzerkon-
ten auftreten. Zum anderen sind auch
die positiven Bewertungen nicht über
allen Zweifel erhaben, da sie im Auftrag
des Arbeitgebers veröffentlicht worden
sein könnten. Fraglich bleibt daher, ob
die Evaluationen tatsächlich auf Erfah-
rungen aus erster Hand basieren. Dabei
Kununu & Co.: Fluch oder Segen?
STUDIE.
Die Universität Bamberg ist der Frage nachgegangen, inwieweit positive und
negative Bewertungen auf Online-Portalen die Arbeitgeberattraktivität beeinflussen.
Von
Isabelle Hillebrandt, Philipp Rauschnabel,
Carolin Hartmann
und
Björn S. Ivens
BILDERGALERIE
Wie intensiv Arbeitnehmer und Arbeit-
geber Bewertungsportale nutzen, erfah-
ren Sie in der Personalmagazin-App.
personalmagazin:
Der USP von Glass-
door ist die Möglichkeit zum Gehalts-
vergleich. Kann das in Deutschland
funktionieren, wo viele ungern über
Gehälter sprechen?
Sonja Perry:
Gehalt ist in der Tat
etwas, über das niemand sprechen
will – was aber jeden interessiert.
Das hat eine unabhängige Befragung
bestätigt, bei der wir von deutschen
Arbeitnehmern wissen wollten, ob sie
Gehaltsinformationen teilen würden.
Nur 28 Prozent von ihnen sagten ja;
im Vereinigten Königreich waren es
hingegen 42 Prozent und 63 Prozent
in Frankreich. Als wir die Mitarbeiter
allerdings fragten, ob sie ihre Gehalts-
informationen anonym teilen würden,
sagten 45 Prozent ja, während sich
bei dieser Frage die Prozentzahlen im
Vereinigten Königreich und Frank-
reich kaum änderten. Gehalt ist in
Deutschland also immer noch ein
Tabu, aber die Möglichkeit, anonym
darüber zu sprechen, ändert das.
personalmagazin:
Die Anonymität erhöht
jedoch das Risiko falscher oder über-
trieben negativer Posts. Wie will Glass-
door Fake-Bewertungen vermeiden?
„Gehalt ist immer noch ein Tabu“
INTERVIEW
Das Portal Glassdoor gibt es seit Kurzem auch in Deutschland. Ob die totale Transpa-
renz, die dort bis zum Gehalt geht, bei Nutzern und Arbeitgebern ankommen wird?