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TITEL
_UNTERNEHMENSKULTUR
personalmagazin 04/15
müssen merken, dass sich etwas ändert
und dass sie mit diesen Veränderungen
selbst, in ihrer eigenen Arbeitsumge
bung mehr Erfolg haben.
personalmagazin:
Sie sagen, „Verordnen
geht nicht“. Nun haben wir in der Einlei-
tung zu diesem Titelthema die These von
Professor Werner Widuckel, ein Kultur-
wechsel habe immer auch mit Macht zu
tun. Können Sie dem nicht zustimmen?
Schöcke:
Doch, das stimmt natürlich auch.
Sie brauchen jemanden, der den Kul
turwandel protegiert. Eine Geschäfts
führung, die vorne steht und sagt: „Wir
brauchen das“. Doch zur Umsetzung, im
zweiten Schritt, müssen die Mitarbeiter
selbst erfahren, was ein Wandel bringt.
Es braucht also beides: zum einen eine
Zugfigur, zum anderen die Möglichkeit,
die Änderungen nachzuvollziehen und
selbst zu erleben.
personalmagazin:
Wo haben Sie dafür bei
der Einführung des Wandels angesetzt?
Schöcke:
Dazu hatten wir die Trainings. In
den Trainings erfahren und erleben die
Mitarbeiter Möglichkeiten, sich anders
zu verhalten. Das Erlernte wird dann
von den Trainings in das tägliche Doing
übertragen. Doch dazu braucht es eine
kritische Masse an Personen, die diese
Erfahrung gemacht haben. Mit nur zehn
Leuten funktioniert das nicht.
personalmagazin:
Und wie viele Personen
bildeten diese notwendige Masse?
Schöcke:
Wir gehen bei dem Projekt von
oben nach unten. Wir hatten als erstes
mit den drei Ebenen unterhalb der Ge„Verordnen geht nicht“
INTERVIEW.
Exzellente Zusammenarbeit, national wie international, soll die Zukunft
von Marquardt sichern. Ludger Schöcke setzt dazu auf eine Kultur der Wertschätzung.
personalmagazin:
Das Projekt „Kulturwan-
del“ bei Marquardt läuft jetzt seit fünf
Jahren – was hat sich seitdem geändert?
Ludger Schöcke:
In erster Linie die Zusam
menarbeit. Es wird viel mehr aufein
ander eingegangen, es wird viel mehr
geschaut, wie Dinge gemeinsam ge
meistert werden können. Wir sind zwar
immer noch nicht dort, wo ich unsere
Kultur gerne hätte, aber ganz allgemein
haben sich die Stimmung und die Effi
zienz in Sitzungen und Besprechungen
erheblich verbessert.
personalmagazin:
War das das Ziel?
Schöcke:
Wir hatten uns zum Ziel gesetzt,
nicht nur innerhalb Deutschlands, son
dern weltweit besser zusammenzuar
beiten. Der Wandel, der sich in unserem
Unternehmen weltweit vollzieht, spie
gelt sich in dem, was wir in Rietheim
beobachten können: Bei uns sind es die
einzelnen Abteilungen eines Bereichs
oder auch die Bereiche, die nun anders
miteinander arbeiten, weltweit sind es
die verschiedenen Standorte, die jetzt
besser zusammenarbeiten können.
personalmagazin:
Ist also verbesserte Team-
arbeit der Schlüssel für internationalen
Erfolg?
Schöcke:
Ich denke schon, dass die verän
derte Zusammenarbeit der wesentliche
Stellhebel ist. Schlechte Kommunika
tion und Reibungsverluste bei der Zu
sammenarbeit sind oft der Grund für
Ineffizienz, Zeitverlust und zuletzt Ver
schwendung. Meine Erfahrung ist: Wird
an diesen Stellen gearbeitet, wird das
Gesamtergebnis besser.
personalmagazin
: Sie arbeiten in einem
schwäbischen Traditionsunternehmen,
das ist eine besondere Ausgangslage:
Viele Mitarbeiter sind schon sehr lange,
teilweise in zweiter oder dritter Generation
im Unternehmen, die Strukturen sind
gewachsen. Ist es hier ein besonderes
Problem, eine neue Kultur zu verordnen?
Schöcke:
Verordnen geht nicht. Letztlich
können Sie die Mitarbeiter nur über
zeugen. Nun ist es zugegebenermaßen
schwierig, Mitarbeiter, die die vergange
nen zwanzig Jahre in dem Glauben, sehr
erfolgreich zu sein, immer das Gleiche
gemacht haben, davon zu überzeugen,
dass jetzt alles anders gemacht wer
den soll. Das wird nur gelingen, indem
sie Erfolge generieren: Die Mitarbeiter
DR. LUDGER SCHÖCKE
ist Leiter
Personal- und Organisationsentwicklung bei
der Marquardt GmbH in Rietheim.