personalmagazin 11/2015 - page 77

77
11/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
strebte Zweck mit dem milderen Mittel
der Abmahnung erreicht werden kann.
Eine Verdachtskündigung ist an
strenge Wirksamkeitsvoraussetzungen
geknüpft, da gerade keine erwiesene Ar-
beitspflichtverletzung oder Straftat des
Arbeitnehmers zugrunde liegt, sondern
die Gefahr besteht, dass der Arbeitneh-
mer zu Unrecht beschuldigt wird.
Objektiv dringender Verdacht einer
schwerwiegenden Verfehlung
Da einem Arbeitnehmer nicht aufgrund
einfacher Mutmaßungen gekündigt wer-
den kann, muss zunächst der objektiv
dringende Verdacht einer schwerwiegen-
den Verfehlung bestehen. Anknüpfungs-
punkte können der Verdacht von Strafta-
ten zum Nachteil des Arbeitgebers wie
auch der Verdacht schwerwiegender Ver-
letzungen arbeitsvertraglicher Pflichten
sein. In Betracht kommen beispielswei-
se Verdachtsmomente wegen strafbarer
Privatgeschäfte auf dem Betriebsgelän-
de (BAG, Urteil vom 6.11.2003, 2 AZR
631/02), Unterschlagungen zum Nach-
teil des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom
5.4.2001, 2 AZR 217/00) oder das Si-
mulieren von Krankheiten (BAG, Ur-
teil vom 26.8.1993, 2 AZR 154/93).
In jedem Fall muss die Arbeitspflichtver-
letzung beziehungsweise Straftat, derer
der Arbeitnehmer verdächtig ist, eine
Kündigung rechtfertigen können, wenn
sie erwiesen wäre.
Soll an den Verdacht von außer-
dienstlichen Verfehlungen angeknüpft
werden, so muss sich dieses Verhalten
hypothetisch auf das Arbeitsverhältnis
auswirken können. Kündigungsrelevant
sind solche Verdachtsmomente nur aus-
nahmsweise, wenn der Arbeitnehmer in
erheblicher Weise seine – auch außer-
halb des Arbeitsverhältnisses geltende
– Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf
die Arbeitgeberinteressen verletzt hat
und sich das außerdienstliche Verhalten
konkret innerbetrieblich auswirkt. Dies
gilt etwa, wenn der Verdacht besteht,
Arbeitnehmer würden sich an extremen
politischen Gruppierungen beteiligen.
Außerdienstliches Verhalten, das keinen
Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist,
ist dementsprechend auch im Rahmen
einer Verdachtskündigung grundsätz-
lich nicht geeignet, eine Kündigung zu
rechtfertigen.
Begründung durch objektive Tat-
sachen und Schwere des Verdachts
Im Falle einer Verdachtskündigung
muss der Verdacht durch objektive Tat-
sachen derart begründet sein, dass ein
verständig und gerecht abwägender
Arbeitgeber sich zur Kündigung veran-
lasst sähe. Entscheidend sind dabei, wie
bereits erläutert, die Verletzung arbeits-
vertraglicher Pflichten sowie der daraus
resultierende Vertrauensbruch, nicht
aber die strafrechtliche Bewertung des
Fehlverhaltens durch die Strafverfol-
gungsbehörden.
Daraus folgt, dass der Arbeitgeber
seinen Verdacht zwar grundsätzlich
auf eigene Erkenntnisse stützen muss
und die Berufung auf staatsanwalt-
liche Ermittlungsergebnisse für sich
genommen nicht ausreicht (BAG, Urteil
vom 25.10.2012, 2 AZR 700/11). Aller-
dings können die im Strafverfahren
gewonnenen Erkenntnisse der Straf-
verfolgungsbehörden seinen Verdacht
verstärken (BAG, Urteil vom 24.5.2012,
So eindeutig ist es selten – ob ein Arbeit-
nehmer unerlaubt Daten kopiert hat, lässt
sich meist nur schwer nachweisen.
1...,67,68,69,70,71,72,73,74,75,76 78,79,80,81,82,83,84,85,86,87,...92
Powered by FlippingBook