personalmagazin 11/2015 - page 74

personalmagazin 11/15
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RECHT
_URTEILSDIENST
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Keine Vergütung von Raucherpausen
Ein Arbeitnehmer hatte versucht, eine
Vergütung für seine Raucherpausen zu
erhalten. Er war der Auffassung, dass
er aufgrund betrieblicher Übung darauf
vertrauen dürfe, dass seine Auszeiten
ses Verlangen jedoch ab und bestätigte
damit die Rechtsauffassung, die auch
schon die Erstinstanz bezüglich der so-
genannten Raucherpausen und der be-
trieblichen Übung vertreten hatte.
von der Arbeit, in denen er eine oder
auch mehrere Zigaretten rauchte, wei-
terhin vergütet werden würden. Zur
Erleichterung vieler Arbeitgeber lehnte
das Landesarbeitsgericht Nürnberg die-
URTEIL DES MONATS
Der konkrete Fall: Bei der beklagten Arbeitgeberin hatte es sich
eingebürgert, dass die Beschäftigten den Arbeitsplatz für eine
sogenannte Raucherpause jederzeit verlassen konnten – ohne
dafür am Zeiterfassungsgerät zu stempeln. 2012 wurde in einer
Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Betrieb festgelegt, dass
beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen das nächstgelegene
Zeiterfassungsgerät zum Ein-und Ausstempeln zu benutzen sei. Die
Betriebsvereinbarung trat zum 1. Januar 2013 in Kraft. Für Januar
2013 wurden dem Kläger 210 Minuten, für Februar 96 und für März
572 Minuten für seine Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen
und nicht vergütet. Das wollte der Arbeitnehmer nicht hinnehmen. Er
klagte und trug vor, die Raucherpausen im Umfang von durchschnitt-
lich 60 bis 80 Minuten pro Tag seien durch Fortzahlung der Vergütung
gebilligt worden. Die Betriebsvereinbarung habe den arbeitsvertrag-
lichen Anspruch aus betrieblicher Übung nicht wirksam geändert,
sondern regle nur die Zeiterfassung. Die Frage nach einer Entgeltzah-
lungspflicht sei davon gerade nicht betroffen.
Das LAG wies die Klage jedoch ab und schloss sich der Auffassung
der Arbeitgeberin an: Zwar dürften Arbeitnehmer umso mehr auf die
Weitergewährung einer Vergütung vertrauen, je stärker diese als Ge-
genleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung anzusehen
BEI ANRUF KÜNDIGUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Eine Bürokauffrau hatte über die Telefonan-
lage ihres Arbeitgebers bei einer Gewinnspiel-Hotline angerufen
und wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das LAG Düsseldorf sah
zwar eine fristlose Kündigung als zu hart an, befand die hilfsweise
ausgesprochene ordentliche Kündigung aber für rechtmäßig.
RELEVANZ
Knifflig an dem Vorfall war, dass Privatgespräche über
den Büroapparat grundsätzlich erlaubt waren. Zu kostenpflichtigen
Sonderrufnummern gab es keine Regelung. Deshalb urteilte das in
erster Instanz angerufene Arbeitsgericht auch zugunsten der Kläge-
rin. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf allerdings meinte, dass die
Duldung privater Telefongespräche nicht automatisch die Erlaubnis
zu Gewinnspielen umfasse und bestätigte die Kündigung.
KEIN STREIK IN KIRCHEN
ZUSAMMENFASSUNG
Die Gewerkschaft Verdi ist mit einer Verfas-
sungsbeschwerde zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen
gescheitert. In dem Verfahren ging es um die Teilnahme der Ge-
werkschaften an kirchlichen Tarifverhandlungen nach dem soge-
nannten Dritten Weg und ein mögliches Streikrecht.
RELEVANZ
Das Bundesarbeitsgericht hatte 2012 das Streikverbot
für Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen zwar gelockert und eine
bessere Einbindung der Gewerkschaften angemahnt – das Selbst-
bestimmungsrecht der Kirchen im Grundsatz aber bestätigt. Die
Gewerkschaft Verdi zog daraufhin nach Karlsruhe und erhob Verfas-
sungsbeschwerde. Diese wurde jedoch nicht zugelassen, denn die
Gewerkschaft sei nicht belastet, entschieden die Verfassungsrichter.
sei. Raucherpausen ständen jedoch in keinem Zusammenhang mit
der Arbeitsleistung. Ohne Rechtsgrundlage bedürfe es ganz besonde-
rer Anhaltspunkte, damit ein Arbeitnehmer darauf vertrauen könne,
auch ohne jede Gegenleistung vom Arbeitgeber bezahlt zu werden.
Solche Anhaltspunkte sah das Gericht aber eben nicht.
Raucherpausen und Arbeitsleistung hängen nicht zusammen.
Quelle
LAG Nürnberg, Urteil vom 5.8.2015, Az. 2 Sa 132/15
Q
uelle
BVerfG, Beschluss vom 15.7.2015, Az. 2 BvR 2292/13
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom16.9.2015, Az. 12 Sa 630/15
© MICHAEL BAMBERGER
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