81
11/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
© KATARZYNABIALASIEWICZ / THINKSTOCKPHOTOS.DE
Einschreiben nichts nützt, wenn es
vom zu Kündigenden nicht entgegen-
genommen wird. Mit dem Einwurf des
Benachrichtigungszettels ist das Kün-
digungsschreiben keineswegs als zu-
gegangen zu werten. Beweistüchtig ist
der Zugang aber durch einen Boten, der
im Bestreitensfall vor Gericht als Zeuge
benannt werden kann. Aber auch hier
gibt es Tücken: So wird eine Aussage des
Arbeitgebers, der den Brief selbst einge-
worfen hat, nicht zugelassen, da dieser
als Partei nicht gleichzeitig Zeuge sein
kann.
Auch kann es passieren, dass nicht
der Einwurf bestritten wird, sondern die
Tatsache, dass sich im Briefumschlag ein
Kündigungsschreiben befunden hat. In
diesem Fall muss der Bote auch glaubhaft
erklären können, dass sich im Umschlag
ein Kündigungsschreiben befunden hat.
Zugangszeitpunkt erst ab Kenntnis
Der genaue Zeitpunkt des Zugangs ist in
Kündigungsschutzprozessen von erhebli-
cher Bedeutung. Für diesen ist nicht ent-
scheidend, wann die Kündigung tatsäch-
lich eingeworfen wurde, sondern wann
der Arbeitnehmer von ihr, nach „dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge“ Kenntnis
nehmen konnte. Mit anderen Worten:
Je nach Zeitpunkt des tatsächlichen Zu-
gangs wird der rechtliche Zugang fiktiv
auf einen späteren Zeitpunkt gelegt.
Ist der Brief vom Boten beispielswei-
se erst am Samstagabend eingeworfen
worden, gilt der Brief rechtlich gesehen
als erst am darauf folgenden Montag zu-
gegangen, da nach dem „gewöhnlichen
Lauf der Dinge“ der Mitarbeiter nicht am
Samstagabend, sondern erst amMontag-
vormittag mit Postzustellungen rechnen
muss.
Wie aber sieht der Fall aus, wenn der
Brief um 13.30 Uhr eingeworfen wor-
den wäre? Sie ahnen es, dann wird man
sich darüber vor Gericht streiten, ob der
Mitarbeiter um diese Uhrzeit noch mit
Post rechnen konnte. Auch hier ist der
Arbeitgeber in der Beweislast und muss
beispielsweise den Zusteller als Zeugen
Selbst eine Empfgangsquittung
beweist nicht immer den Zugang.
Nicht jede Empfangsquittung, die im Haus des zu Kündigenden ausgestellt wird,
reicht als Beweis des Zugangszeitpunktes. Hier muss genau hingeschaut werden.
Nicht selten müssen in Kündigungsschutzprozessen auch folgende Situationen bewertet
werden: Um einem Mitarbeiter noch in der nächstmöglichen Frist kündigen zu können,
möchte der Personalleiter diesem das Kündigungsschreiben noch am Abend persön-
lich aushändigen lassen. Der damit beauftragte Bote trifft den Arbeitnehmer nicht an,
jedoch öffnet eine andere Person die Tür, nimmt das Schreiben entgegen, quittiert es
und schreibt auf Anforderung des Boten auch noch brav seinen Vor- und Zunamen in
Blockschrift unter die Unterschrift.
Doch ob das als Beweis im späteren Kündigungsschutzprozess ausreicht, wenn der
Zugang des Kündigungsschreibens wieder einmal bestritten wird, hängt davon ab, ob die
unterschreibende Person vom Gericht rechtlich als Empfangsbote oder nur als sogenann-
ter Erklärungsbote eingeordnet wird. Beim Empfangsboten gilt die Entgegennahme als
Zugang, so als wenn der Mitarbeiter das Schreiben selbst entgegengenommen hätte.
Eindeutige Empfangsboten sind erwachsene Familienangehörige oder Lebenspartner.
Aber auch andere Personen können im Einzelfall dazu gehören, wenn das Gericht zum
Ergebnis kommt, dass die Person zum Arbeitnehmer in einem „besonderen persönli-
chen Verhältnis“ steht. Nimmt allerdings nur ein Erklärungsbote das Schreiben entge-
gen, gilt nicht der Übergabezeitpunkt als Zugang. Das Schreiben ist vielmehr rechtlich
erst dann angekommen, wenn der Erklärungsbote das Kündigungsschreiben an den
Arbeitnehmer weitergegeben hat. Typischer Erklärungsbote ist der Nachbar oder der
Handwerker in der Wohnung, aber auch das minderjährige Kind des Empfängers.
Wenn ein Dritter den Empfang quittiert
PRAXIS