personalmagazin 11/2015 - page 53

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Zu Beginn des Programms hätten mehr-
heitlich Manager teilgenommen; heute
liegt ihr Anteil nach Auskunft des Un-
ternehmens nur noch bei einem Drittel.
Motiv: nicht ins Rentenloch fallen
Warum tauschen die Teilnehmer frei-
weillig die Rentnerbank gegen den Büro-
stuhl? Der Tenor der Befragten: Die meis-
ten kommen wegen der Arbeit und nicht
wegen des Gelds wieder. „Dabei spielt
das Gefühl, weiter gebraucht zu wer-
den, eine große Rolle – oder die Angst,
in ein Rentenloch zu fallen“, so Ebelings
Erfahrung. „Klar gibt es auch die finan-
zielle Motivation – aber überwiegend
sind unsere Rentner einfach stolz, weiter
gebraucht zu werden.“ Taschke ergänzt:
„Wir rennen mit unserem Programm
offene Türen ein: Wir bekommen viele
Anrufe von Rentnern, die nachfragen,
ob sie gebraucht werden.“
Den Luxus, aus Spaß weiterzuarbeiten,
haben jedoch nicht alle Rentner. „Vor
allem in der Gruppe der gering Qualifi-
zierten hat der Trend zur Weiterarbeit
zugenommen“, sagte der Sozialforscher
Professor Dirk Hofäcker von der Univer-
sität Duisburg-Essen kürzlich dem „Se-
nioren-Ratgeber“. Ihr Motiv: Sie seien auf
das Zusatzeinkommen angewiesen.
Ältere als Karrierehürde für Jüngere?
Eine weitere mögliche Kehrseite der
wachsenden Beschäftigung Älterer be-
nannten Gewerkschafter bei der Einfüh-
rung des Senioren-Experten-Programms
bei Otto: Hamburgs DGB-Chef Uwe
Grund warnte damals, das Zurückholen
von Rentern dürfe nicht zur Regel wer-
den – nicht, dass es dann plötzlich heiße:
verlassen – oder vor nicht allzu langer
Zeit verlassen haben. Um qualifizierte Se-
nior-Experten zu rekrutieren, sprechen
etwa die HR-Verantwortlichen bei Bayer
potenzielle Kandidaten schon beim Pensi-
onierungsgespräch an, erläutert Michael
Taschke, der das Senioren-Experten-Pro-
gramm bei Bayer betreut. Ähnlich sieht
es bei Otto aus, wo die Senioren tempo-
räre Engpässe überbrücken, unter ande-
rem in der IT: Zu drei Vierteln seien die
Senioren-Experten ältere Mitarbeiter,
die bei Erreichen des Rentenalters noch
verlängern, weil sie ein Projekt noch
nicht abgeschlossen haben, berichtet
Christoph Ebeling, Manager der „Senior
Expert Consultancy“. Ein pragmatischer
Ansatz – denn schließlich nimmt die
Produktivität der Ehemaligen ab, je län-
ger sie weg sind: „Wenn einer fünf Jahre
auf Mallorca am Strand gelegen hat, ist
es schwierig, ihn wieder ins Berufsle-
ben zu integrieren“, ist Haas überzeugt.
Prinzipiell gebe es aber keinen Grund,
intellektuell arbeitende Menschen nicht
bis zu ihrem 70. Lebensjahr zu beschäf-
tigen.
Teilnehmer: meist Manager
Als potenzielle Kandidaten nehmen die
Personaler mehrheitlich Fach- und Füh-
rungskräfte ins Visier. Bayer etwa rek-
rutiert ausschließlich Mitarbeiter mit
außertariflichem Status, also Führungs-
kräfte bis hin zu Vorständen. Auch das
Allianz-Ehrenamtsprogramm ist auf
Führungskräfte ausgelegt. Das Pro-
gramm bei Otto ist für viele Funktionen
konzipiert – allerdings gebe es eine
Tendenz hin zu außertariflichen Mitar-
beitern, Spezialisten und Fachkräften,
sagt Ebeling. Bei Bosch hat sich das Ver-
hältnis von Managern und anderen Mit-
arbeitern im Lauf der Zeit gewandelt:
Wie hier bei Bayer
kommen in deut-
schen Unterneh-
men immer mehr
Über-65-Jährige
zum Einsatz.
© 2013 THORSTEN MARTIN, URH.-NR.: 1910742
VIDEO
Ein Bosch-Rentner erzählt von seinem
Einsatz als Senioren-Experte. Sie finden
das Video in der Personalmagazin-App.
© YOUTUBE
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