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ORGANISATION
_CORPORATE VOLUNTEERING
personalmagazin 11/15
schlossen werden. Diese empfiehlt sich
allerdings auch in den erstgenannten
Modellen, da Sabbatjahre in der Kran-
kenversicherung Urlaubscharakter ha-
ben und die gesetzliche Krankenversi-
cherung nicht in jedem Fall im Ausland
leistet.
personalmagazin:
Worauf begründet sich,
dass der Arbeitnehmer bei echten Sabba-
ticals, also wenn er entweder in Teilzeit
weiterarbeitet oder einen definierten
Zeitraum hinweg weniger Lohn erhält,
weiter in der Sozialversicherung bleibt?
Gibt es hierzu ein Gesetz?
Groß:
Es gibt ein Flexischreiben, das
im Jahr 2009 unter anderem der GKV-
Spitzenverband, die Deutsche Renten-
versicherung und die Bundesagentur
für Arbeit herausgegeben haben. Darin
heißt es, dass die bestehenden versi-
cherungsrechtlichen Regelungen in
den einzelnen Versicherungszweigen
während einer Freistellung von der Ar-
beitsleistung oder der Verringerung der
Arbeitsleistung für einen Arbeitnehmer
uneingeschränkt Anwendung finden.
Voraussetzung ist, dass es im Rahmen
des Beschäftigungsverhältnisses nach
§ 7 Absatz 1a SGB IV eine Wertgutha-
benvereinbarung gibt. Die Einrichtung
eines Arbeitszeitkontos stellt eine sol-
che Verabredung dar.
personalmagazin:
Im Rahmen sogenannter
Corporate-Volunteering-Projekte schicken
die Unternehmen selbst ihre Mitarbeiter
ins Ausland, um an bestimmten, vom
Unternehmen ausgesuchten Freiwilligen-
projekten mitzuarbeiten. Handelt es sich
„Schutz besteht nicht immer“
INTERVIEW.
Was in der Sozial- und Auslandskrankenversicherung bei Sabbaticals und
Corporate Volunteerings gilt, erklärt Versicherungsexperte Claus-Helge Groß.
personalmagazin:
Ändert sich die Sozialver-
sicherung eines Mitarbeiters, wenn er ein
Sabbatjahr im Ausland verbringt?
Claus-Helge Groß:
Das kommt auf das ge-
wählte Modell an. Beim Teilzeitmodell
ist es etwa üblich, dass Arbeitnehmer
und Arbeitgeber einen zeitlich befris-
teten Teilzeitvertrag schließen, bei dem
beispielsweise die Vollzeitstelle für drei
Jahre lang auf eine Teilzeitstelle redu-
ziert wird mit einer entsprechend gerin-
geren Gehaltszahlung.
In der Realität arbeitet der Mitarbeiter
jedoch weiter in Vollzeit und spart somit
Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto
an. Somit kann im gerade genannten
Beispiel im vierten Jahr das angesparte
Zeitguthaben in Form von Freizeit ab-
gebaut werden. Der Vorteil hierbei ist,
dass der Arbeitgeber neben dem Gehalt
die ganze Zeit über auch weiterhin die
Sozialversicherungsbeiträge zahlt.
personalmagazin:
Und welche Modelle, ein
Sabbatical zu gestalten, gibt es in der
Praxis noch?
Groß:
Eine weitere Möglichkeit, Arbeits-
stunden für ein Sabbatical aufzuspa-
ren, besteht im Lohnverzicht. Dabei
bekommt der Mitarbeiter über mehrere
Jahre nur einen Teil des Lohns ausbe-
zahlt und spart den Rest als Guthaben
an. Beispielsweise kann der Mitarbeiter
sechs Jahre lang für fünf Sechstel seines
ursprünglich vereinbarten Lohnes ar-
beiten. Das Guthaben von sechs mal ein
Sechstel wird dann im Sabbatjahr aus-
bezahlt. Auch bei dieser Variante muss
er weder auf Lohn noch Sozialversiche-
rungsbeiträge verzichten.
personalmagazin:
Während echter Sabbat-
jahre ist der Arbeitnehmer also durchge-
hend weiter in der Sozialversicherung.
Wie sieht es aus mit der Versicherung,
wenn der Arbeitnehmer sich einfach
unbezahlt freistellen lässt?
Groß:
Lässt sich der Arbeitnehmer frei-
stellen – nimmt er also unbezahlten Ur-
laub – verhält es sich ganz anders, denn
hier ruht das Arbeitsverhältnis. Das
bedeutet, dass das Unternehmen weder
Lohn noch Sozialversicherungsbeiträge
zahlen muss. In der Folge endet für den
Arbeitnehmer der Versicherungsschutz
in der Sozialversicherung – und damit
auch in der gesetzlichen Krankenversi-
cherung. Es sollte dann dringend eine
Auslandskrankenversicherung
abge-
CLAUS-HELGE GROSS
ist Firmenkunden-
berater bei der auf Auslandsentsendungen
spezialisierten BDAE Gruppe.