personalmagazin 11/2015 - page 52

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ORGANISATION
_BESCHÄFTIGUNG ÄLTERER
personalmagazin 11/15
D
ie „Space Cowboys“ bei Daim-
ler sind wohl das berühmtes-
te Beispiel für ein spezielles
Beschäftigungsmodell für Äl-
tere. Es ist jedoch nicht das einzige und
auch nicht das älteste Programm für die
Zielgruppe 60 plus. Der Pionier, Bosch,
gründete sein Senioren-Experten-Pro-
gramm bereits 1999, Zielgruppe: ehe-
malige Bosch-Mitarbeiter, die über die
Rente hinaus dem Unternehmen zeitlich
befristet zur Seite stehen wollen.
Weitere Unternehmen zogen zu Be-
ginn der 2010er Jahre nach: So etwa
2011 das „Baysen – Bayer Senior Ex-
perts Network“ oder 2012 das „Senior
Expert Consultancy“-Programm bei der
Otto Group. Daimler startete erst 2013
mit seinem Programm; mittlerweile sind
die „Space Cowboys“ aber zum Inbegriff
der Rentenrückkehrer geworden – wohl
auch dank des einprägsamen Namens.
Ein Ehemaligen-Programm hat auch die
Allianz aufgesetzt – allerdings nicht zum
Einsatz der ehemaligen Mitarbeiter im
eigenen Unternehmen, sondern in eh-
renamtlichen Projekten.
Offenbar nimmt die Zielgruppe die
Programme gut an: Wie die Überblicks­
tabelle zeigt, können die befragten
Konzerne bereits eine Vielzahl von Se-
nioreneinsätzen verbuchen. Die Zah-
len spiegeln einen allgemeinen Trend:
Wie der kürzlich erschienene „Golden
Age Index“ von PWC belegt, hat sich in
Deutschland innerhalb eines Jahrzehnts
der Anteil der Erwerbstätigen im Al-
ter zwischen 65 und 69 Jahren von 5,5
Von
Andrea Sattler
(Red.)
Grauen-Power
TREND.
Firmen setzen vermehrt auf das Know-how Älterer und holen sie aus der Rente
zurück. Wie sie sie einsetzen und die Zusammenarbeit fördern, berichten Praktiker.
Prozent (2003) auf 12,6 Prozent (2013)
erhöht und damit mehr als verdoppelt.
Vom Willen Älterer, länger zu arbeiten,
profitieren nicht nur die Unterneh-
men: Einige Personalberatungen haben
sich eigens auf die Vermittlung älterer
Arbeitnehmer spezialisiert – mit spre-
chenden Namen wie „Greypool“ oder
„die Silberfüchse“. Der Interimsvermitt-
ler Automotive Senior Experts (ASE) etwa
hat schon 2.500 Rentner in seinem Pool.
Doch nicht nur Ehemalige, auch ältere
Mitarbeiter, die das Rentenalter noch
nicht erreicht haben, rücken langsam,
aber sicher in den Fokus spezieller Be-
schäftigungs- undWeiterbildungsmodel-
le. Ein preisgekröntes Beispiel dafür ist
das „Silverpreneur“-Programm von Jans-
sen Cilag, das beim Arbeitgeberwettbe-
werb „Deutschlands Beste Arbeitgeber“
Anfang 2015 mit dem Sonderpreis für
demografiebewusstes Personalmanage-
ment augezeichnet wurde (mehr dazu
lesen Sie in Ausgabe 05/2015).
Wirtschaftskrise war der Weckruf
Warum boomen solche Angebote seit we-
nigen Jahren? Steffen Haas mischt seit
2005 auf dem Seniorenexpertenmarkt
mit, er hat ASE gegründet und vermittelt
Ehemalige aus der Automotive-Branche
als Interimsmanager. Als Weckruf hat er
die Wirtschaftskrise am Ende des vergan-
genen Jahrzehnts ausgemacht: Danach
hätten viele Unternehmen vor riesigen
Aufgaben gestanden und nicht gewusst,
wie sie diese meistern sollen, sagt Haas.
Dadurch seien sie offener geworden:
„Plötzlich war den Unternehmen egal,
wie alt der Mitarbeiter ist – wenn er ihr
Problem bereits seit Jahren kennt und es
schnell lösen kann.“
Rekrutierung: am liebsten sofort
Welche Erfahrungen sie mit ihren Pro-
grammen gemacht haben, haben wir ei-
nige Praktiker, einen Interimsvermittler
und einen Seniorenexperten gefragt.
Zunächst zeigte sich: Meist rekrutie-
ren sich die Senior-Experten aus Mitar-
beitern, die das Unternehmen gerade
1...,42,43,44,45,46,47,48,49,50,51 53,54,55,56,57,58,59,60,61,62,...92
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