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personalmagazin 11/15
MANAGEMENT
_EINSTELLUNGSINTERVIEWS
E
igentlich gehören Einstellungs-
interviews zu den besten Me-
thoden, mit deren Hilfe sich der
berufliche Erfolg von Bewer-
bern vorhersagen lässt. Allerdings gilt
dies keineswegs für jede Form des Inter-
views. Unstrukturierte Interviews sind
oft kaum besser als ein Münzwurf – auch
wenn die Betroffenen dies subjektiv ganz
anders erleben können. Die denkbar
schlechteste Variante liegt vor, wenn der
Interviewer nur eine vage Vorstellung da-
von besitzt, wen er eigentlich sucht und
sich nicht auf das Gespräch vorbereitet.
Dann werden meist die üblichen zwei bis
drei Fragen gestellt, die so häufig schon
formuliert wurden, dass sie schon lange
in jedemRatgeber zu finden sind: Warum
haben Sie sich gerade bei uns beworben?
Was sind Ihre Stärken und Schwächen?
Warum soll ich Sie einstellen? Daneben
denkt sich der Interviewer im unstruk-
turierten Verfahren die meisten Fragen
während des Gesprächs aus.
Auf diese Weise stellt er verschie-
denen Bewerbern unterschiedliche Fra-
gen, auch wenn es um dieselbe Stelle
geht. Jedes Interview verläuft weitge-
hend anders. Während Bewerber A um-
fassend über seine Tätigkeit in einem
Konkurrenzunternehmen Auskunft
geben muss, interessiert man sich bei
Bewerber B vor allem für dessen Aus-
landserfahrung. Bei Bewerber C wiede-
rum erscheinen besondere sportlichen
Leistungen als Zehnkämpfer so interes-
sant, dass man sich eingehender damit
beschäftigt. Selbstverständlich existiert
Von
Uwe Peter Kanning
kein System, nach dem Punktwerte für
einzelne Kompetenzen zu vergeben wä-
ren. Dies geht schon deshalb nicht, weil
der Interviewer nicht gezielt bestimmte
Kompetenzen untersucht.
Interviews der alten Couleur
In der Konsequenz ist weder ein Ab-
gleich mit den konkreten Anforderun-
gen der Stelle möglich, noch lassen sich
die Bewerber aufgrund der völlig unter-
schiedlichen Gesprächsverläufe mitei-
nander vergleichen. Genau genommen
handelt es sich gar nicht um ein Inter-
view, sondern nur um ein Vorstellungs-
gespräch alter Couleur: Dabei wird nicht
die Eignung eines Kandidaten für eine
bestimmte Funktion geprüft, sondern
man möchte den Menschen hinter der
Bewerbung irgendwie kennenlernen.
Am Ende bekommt nicht derjenige die
Stelle, der über ein passendes Kompe-
tenzprofil verfügt, sondern der, der dem
Gesprächspartner – respektive Intervie-
wer – am besten gefällt.
Strukturierte Interviews empfohlen
Ganz anders verhält es sich am anderen
Ende des Spektrums der verschiedenen
Interviews. Hier finden sich hoch struk-
turierte Interviews, die mit einem ver-
bindlichen Leitfaden arbeiten. Der Reihe
nach werden allen Bewerber die glei-
chen Fragen gestellt. Jede Frage dient
der Erfassung bestimmter Kompeten-
zen, die im Vorhinein auf der Basis einer
Anforderungsanalyse für die zu beset-
zende Stelle inhaltlich definiert wurden.
Diagnose: verbesserungswürdig
STUDIE.
Interviews gehören seit Langem zu den wichtigsten Instrumenten der
Personalauswahl. Aber sie werden bei Weitem nicht professionell genug eingesetzt.
Viele Einstellungsinterviews
dienen nur dem Kennenler-
nen statt der professionellen
Personalauswahl.