wirtschaft und weiterbildung 2/2019 - page 29

wirtschaft + weiterbildung
02_2019
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wird nicht so geschätzt wie die Coaching-
Plattform „Butterfly“ des New Yorker
Start-ups „Butterfly“
utterfly (Leitspruch: „Great mana-
gers make great teams“) sammelt zum
Beispiel für einen Teamleiter in Echtzeit
Feedback von dessen Mitarbeitern ein.
Üblicherweise sagt niemand seinem
neuen Teamleiter die Meinung ins Ge-
sicht. Butterfly sammelt also anonym bei
den „Geführten“ deren Feedback ein. Der
Teamleiter kann dann kurzfristig nachle-
sen, was man über ihn denkt („Seine An-
sagen sind immer so unklar“). Er weiß:
„Das kommt authentisch aus meinem
Team“ und erkennt die nötige Dringlich-
keit, etwas bei sich zu verändern.
Internetplattformen scheinen auf die
Personalentwicklung einen großen
Einfluss zu bekommen …
Keese:
Ja, ganz gewiss. Und deshalb
noch ein Beispiel: Das Unternehmen
„Smartup“ mit Sitz in London bietet eine
„Mobile Peer-to-Peer Knowledge Sharing
Platform“ an
iese
Plattform ermöglicht es Berufstätigen,
Wissen untereinander zu teilen. Ich bin
als Angestellter nicht darauf angewiesen,
dass mir ein Berater hilft, denn ich kann
über diese Plattform (selbst am anderen
Ende der Welt) einen Kollegen finden, der
mein konkretes Problem schon gelöst hat.
Von dessen Erfahrungen kann ich gegen
eine geringe Gebühr profitieren. Jeder
glaubt doch, er stünde alleine mit seinem
Problem da. Ein Berater oder Coach sollte
sich darauf spezialisieren, an den Kon-
zepten solcher Peer-to-Peer-Plattformen
mitzuarbeiten, sodass sie noch erfolgrei-
cher werden. Das wäre für jeden Berater
ein eleganter Weg, in die Plattformökono-
mie einzusteigen.
Sie selbst haben schon einmal bei der
Produktion eines MOOC als Referent
mitgewirkt. Was haben Sie dabei über
den Weiterbildungsmarkt erfahren?
Keese:
In Bochum gibt es ein Start-up mit
das Lehrvideos in der Form von Massive
Open Online Courses (kurz MOOCs)
produziert. Die Videos von Masterplan
vermitteln digitale Kompetenzen an die
Mitarbeiter eines Unternehmens. Füh-
rende Digitalexperten aus Deutschland
und dem Silicon Valley teilen ihr persön-
liches Fachwissen mit den Zuschauern.
Ziel ist es, Ängste der Mitarbeiter abzu-
bauen, Wissen zu schaffen und digitales
Denken zu fördern. Die Videos werden
in allerhöchster Kinoqualität erstellt.
Die opulente optische Qualität vermit-
telt in Verbindung mit starken Inhalten
neues Wissen – so unterhaltsam, wie es
nur eben möglich ist. Die Unternehmen
abonnieren die Videos, weil sie so kos-
tengünstig dafür sorgen können, dass alle
Mitarbeiter über die Grundlagen der Di-
gitalisierung informiert werden. Es geht
nicht um die Lösung individueller Pro­
bleme. Es geht um die breite Vermittlung
von Grundlagenwissen, wofür früher sehr
viele Präsenzseminare durchgeführt wer-
den mussten.
Werden Trainer, Berater und Coachs
durch die Digitalisierung bald ersetzt
werden?
Keese:
Wenn Sie diese Frage so formulie-
ren, lautet die Antwort schlicht „Nein“.
Wenn die Frage lauten würde, ob es Sinn
mache, die Arbeit von Trainern, Beratern
und Coachs durch spezifische Angebote
der künstlichen Intelligenz zu ergänzen,
dann lautet die Antwort „Ja“. Als Berater
kann man viel dazu beitragen, dass digi-
tale Angebote erfolgreicher werden. Man
kann sich so ein weiteres Standbein er-
arbeiten. Wenn ich Risiken und Chancen
abwäge, muss ich sagen, dass es doch
einen erheblichen Chancenvorsprung
gibt. Die Beratungs- und Trainingsbran-
che hat Anlass zu Optimismus – unter der
Bedingung, dass man handelt!
Interview: Martin Pichler
Buchtipp.
Christoph Keese: Disrupt
yourself, Verlag Penguin, München 2018,
288 Seiten, 22 Euro
Christoph Keese (Mitte).
Der
Digitalisierungsexperte wirkte
beim Start-up „Masterplan“ bei
der Produktion von MOOCs mit.
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