wirtschaft und weiterbildung 2/2019 - page 27

wirtschaft + weiterbildung
02_2019
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etwa neue effiziente Möglichkeiten der
digitalen Kundenansprache nutzen und
neue Absatzmärkte identifizieren. Der
CIO sollte durch innovative Industrie-4.0-
Lösungen und Machine Learning die
Prozesse effizienter gestalten und Kos-
ten sparen. Der CHRO ist für den nötigen
Kulturwandel mitverantwortlich. Für den
CDO bedeutet das: Im Idealfall kann er
sich nach ein paar Jahren zurückziehen,
sobald die digitale Agenda in allen Funk-
tionsbereichen des Unternehmens erfolg-
reich verankert worden ist.
Welche Art von Führungskräften
brauchen Organisationen, wenn sie ins
Offroad-Gelände gehen?
Bosch:
Im Deutschen reden wir über die
Führungskraft. Im Englischen haben wir
eine Unterscheidung zwischen Manager
und Leader. Der Manager erledigt Dinge
in der richtigen Art und Weise und der
Leader zeigt auf, welche Dinge die richti-
gen sind. Der Leader gibt die Strategie vor
und trifft Entscheidungen, die eine Orga-
nisation im Digital Offroad von anderen
differenziert. Wer keine strategische Vi-
sion hat, kann keinen Führungsanspruch
wahrnehmen. Wir bewegen uns hin zu
einer Meritokratie: Impulsgeber ist der,
der die besten Ideen hat, nicht der, der
über Statussymbole oder das hierarchi-
sche Mandat verfügt.
Hentschel:
Eine Führungskraft setzt die
richtigen Impulse und ist ein Coach: je-
mand, der Ressourcen zur Verfügung
stellt, der moderiert und weniger einer,
der Befehle gibt. Die Vision muss vom
CEO kommen, weil er großen Einfluss auf
die Personalplanung, die Budgetplanung
und die Daseinsberechtigung des Unter-
nehmens hat. Gleichzeitig haben die Mit-
arbeiter heute Informationen, die früher
nur Führungskräfte hatten. Die Märkte
und Unternehmen sind transparenter ge-
worden.
Wie kommen denn Führungskräfte Ihrer
Ansicht nach mit dieser Veränderung
zurecht?
Hentschel:
Führungskräfte müssen sich
ein Stück weit neu erfinden, aber wir be-
obachten, dass sie ihre bisherigen Rollen
oft noch nicht weiterentwickelt haben.
Das hat dann manchmal fast Comedy-
Charakter. Wir haben Meetings erlebt, in
denen kontrovers über das Weglassen von
Krawatten diskutiert wurde, um damit
Uniformität abzustreifen. Auf der anderen
Seite gibt es aber auch positive Beispiele,
bei denen führende Mitarbeiter ihre Büros
in einen Konferenzraum umgestalten, um
mehr Basisnähe zu symbolisieren und zu
sagen, „Ich bin einer von euch“.
Kramer:
Häufig suchen sich Geschäfts-
führer ihr Lieblingsthema im Bereich der
digitalen Transformation aus und fokus-
sieren sich darauf. Auf sozialen Plattfor-
men aktiv zu sein, ist aber ebenso wenig
eine vollständige Digitalstrategie wie eine
vollautomatisierte Fabrikstraße. Ein holis-
tisches Bild fehlt oft. Außerdem müssen
Manager und Führungspersönlichkeiten
loslassen können. Das fällt vielen schwer,
sie haben Angst vor Kontrollverlust. Das
Gute ist: Mittlerweile haben Unterneh-
men erkannt, dass sie sich in Sachen
Digital Leadership dringend verändern
müssen. Sie stellen sich die Frage, wel-
che Strategien und Maßnahmen sie dafür
optimalerweise brauchen. Unser Offroad-
Konzept kann hier als Kompass für die
digitale Reise dienen.
Interview: Stefanie Hornung
Flixbus hat keine Busfahrer, aber brillante Informatiker
Die Flixmobility GmbH, München, betreibt seit 2013 unter
der Marke „Flixbus“ ein ausgesprochen erfolgreiches Fern-
busunternehmen, das als „Kind der Digitalisierung“ gilt. Die
Gründer fanden auf Basis von Big-Data-Analysen heraus,
wo Menschen hinreisen wollen und welche konkreten Städ-
teverbindungen von der Bahn vernachlässigt oder mangels
Schienennetz nicht angeboten werden.
Der Netzplan von Flixbus basiert vollständig auf Big-Data-
Analysen. So fand man heraus, von welchen mittelgroßen
Städten es besonders schwer war, in die jeweils für attrak-
tiv gehaltenen Großstädte zu kommen. Die dafür notwen-
dige Rechenpower liegt in der Cloud. Außerdem besitzt
Flixbus noch eine eigene IT-Plattform, die Funktionen für
Buchung, Abrechnung und Streckenüberwachung zur Ver-
fügung stellt. Die Programmierer erfanden ein Tool zur
„nachfragegesteuerten Preisfindung“: Ticketpreise werden
Vorzeigeunternehmen.
Die Gründer von Flixbus haben die Chancen der Digitalisierung konsequent
genutzt und eine dominierende Marktstellung im innerdeutschen Fernbusverkehr erreicht. Das
„Busunternehmen ohne Busfahrer“ lebt eine neue Art der Arbeitsteilung vor.
automatisiert zeit- und auslastungsgesteuert angepasst.
Flixbus beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter, aber keinen
einzigen Busfahrer. Man hat Verträge mit rund 250 regio-
nalen Busunternehmen, die mit knapp 1.000 Bussen das
Fernbusnetz betreiben.
Foto: Flixbus
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