titelthema
20
wirtschaft + weiterbildung
02_2019
04.
Chief Marketing Officer:
digitale Kanäle nutzen und neue
Geschäftsmodelle suchen
05.
Chief Information Officer:
Digital
Lab verantworten, Prototypen
entwickeln, Wissen verbreiten
06.
Chief Transformation Officer:
wichtige Position (die schnell
geschaffen werden sollte)
R
wäre wenn“-Fragen potenzielle Szenarien
gesammelt, geclustert und dann mögliche
Reaktionen darauf vorbereitet.
Dabei ist es hilfreich, die Unternehmens-
brille einmal abzusetzen und die Dinge
auch aus der Sicht aller Marktakteure
zu betrachten: Kunden, Lieferanten, Ge-
schäftspartner. Was könnte aus deren
Perspektive geschehen, was zu einer
Verhaltensänderung führen würde? Die
Ergebnisse werden dann im nächsten
Schritt mit der Unternehmensführung
geteilt, die Feedback geben und pas-
sende Maßnahmen in die Wege leiten
kann. Der Vorteil dieses Formats be-
steht darin, dass die Gruppenmitglieder
mögliche Gefahren frei äußern dürfen.
In einem sicheren Umfeld, ohne Angst.
Diese gedankliche Freiheit ist besonders
wertvoll, da die meisten Mitarbeiter dies
im Büroalltag eher vermeiden, um nicht
als Schwarzmaler oder Nestbeschmut-
zer abgestempelt zu werden. Das von
Anfang an klar definierte Ziel wirkt wie
ein Sicherheitsnetz für die Teilnehmer.
Denn alle Beteiligten werden angehalten,
„herumzuspinnen“ und möglichst viele
Katastrophen-Szenarien durchzuspielen.
Durch ihre Arbeit kann die Gruppe schon
frühzeitig Bedrohungen identifizieren, die
das Unternehmen ins Wanken bringen
könnten. Somit kann sie eine Initialzün-
dung für ein notwendiges Umdenken und
Umlenken bewirken.
Tool:
Disrupt-me-Wettkampf
Ein ähnliches Tool ist unter dem Namen
„Disrupt me!“ verbreitet. Bei diesem aus
dem Silicon Valley stammenden Format
werden zwei miteinander konkurrierende
Gruppen gebildet. Die eine Gruppe ver-
tritt das bisherige traditionelle Geschäfts-
modell, während die zweite Gruppe (die
Disruptoren) von einem Moderator ange-
feuert wird, Strategien zum Angriff auf
dieses Geschäftsmodell zu entwickeln.
Die Konzepte können das Geschäftsmo-
dell ergänzen, erweitern oder durch ein
neues Modell ersetzen. Mithilfe dieses
Instruments entstehen in der Regel in
kürzester Zeit eine Vielzahl an Innova-
tionsideen, die dann im Anschluss auf
Machbarkeit geprüft werden. So kann das
Unternehmen agieren, bevor ein Wett-
bewerber den ersten Schritt macht. Der
Gothaer Versicherungskonzern ist ein be-
geisterter Nutzer des Disrupt-me-Formats.
„Wir setzen sehr auf Digitalisierung, in
dem Zusammenhang ist ein solcher An-
satz zur Ideenfindung für uns extrem
spannend und hilft uns, die Bedürfnisse
der künftigen Kunden zu kennen und er-
füllen zu können“, betont Emanuel Issag-
holian, bei der Gothaer Versicherung als
Leiter Digitalisierung tätig.
Tool:
Reverse Pitch
Auch beim sogenannten „Reverse Pitch“
treffen die alte und die neue Welt aufei-
nander. In einem spielerischen Umfeld
präsentiert (pitcht) ein Unternehmen sein
aktuelles Geschäftsmodell vor einer Jury
aus der New Economy. Der Reverse Pitch
vertauscht somit die herkömmlichen
Rollen eines üblichen Investoren-Pitchs:
Nicht das kleine Start-up buhlt um die
Gunst der großen Investoren, sondern
das etablierte Unternehmen wirbt für sich
vor der Start-up-Jury. Die Jury-Gruppe
stellt dabei eine Reihe kritischer und hy-
pothetischer Fragen, wodurch eine span-
nende Diskussion entsteht über mögliche
Gefahren für das derzeitige Geschäfts-
modell sowie über sinnvolle Reaktionen
und Antworten darauf. Auch bei diesem
Ansatz folgt dann anschließend eine tief-
Professor Niels Van Quaquebeke von der
Kühne Logistics University in Hamburg
hat im Jahr 2016 eine überraschende Ent-
deckung gemacht: Manager, die brenzlige
Situationen für ihre Firma gedanklich
häufig durchgespielt hatten, waren auf
Krisenfälle besser vorbereitet. So para-
dox es klingt: Diejenigen, die ständig
eine Pleite fürchteten, handelten weniger
ängstlich, falls es dann doch dazu kam.
Schließlich wurde die Situation in der
Fantasie schon mehrfach durchlebt. Der
Hang zu Worst-Case-Szenarien fördert
die Routine im Ernstfall. „Sie antizipieren
schneller“, sagt die Wissenschaft. „Diese
Fähigkeit zählt zu den wichtigsten Er-
folgsfaktoren von Unternehmen.“
Wer mit seinem Auto die Autobahn ver-
lässt und querfeldein fährt, braucht nicht
nur ein schnelleres Reaktionsvermögen,
sondern muss auch Hindernisse und
Sackgassen vorausahnen können. Im
übertragenen Sinn: Er muss Entwick-
lungen vorhersehen können. „Das kann
man üben“, sagen Ulf Bosch, Stefan
Hentschel und Steffen Kramer, die Au-
toren des Wirtschaftsbestsellers „Digital
Offroad“.
Tool:
Was-wäre-wenn-Spiel
Sie empfehlen das „Was wäre wenn?“-
Gedankenspiel. Dabei denken sich Mitar-
beiter für ihr Unternehmen bedrohliche
Szenarien aus. Als Format eignet sich ein
offenes Brainstorming. Die Gruppe be-
steht im Idealfall aus einem Querschnitt
von Funktionsbereichen und Hierarchie-
ebenen, um die Organisation möglichst
repräsentativ abzubilden. Manche Un-
ternehmen rufen hierzu Mini-Thinktanks
ins Leben, die sich regelmäßig zusam-
menfinden. Während eines Meetings
werden mithilfe einer Vielzahl von „Was