wirtschaft und weiterbildung 1/2019 - page 33

wirtschaft + weiterbildung
01_2019
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men veröffentlicht. Jeder Mitarbeiter hat
somit einen Einblick in die OKRs zum
Beispiel der Geschäftsführung und der
anderen Bereiche. Hierdurch soll sicher-
gestellt werden, dass nicht widersprüch-
liche Ziele bearbeitet werden.
Die OKR-Philosophie empfiehlt, von einer
Verknüpfung der Methode mit dem Ver-
gütungssystem abzusehen – unter ande-
rem, weil die definierten Ziele und die
damit verbundenen Key Results sehr am-
bitioniert sein sollen. Eine Zielerreichung
von 100 Prozent soll nahezu unmöglich
sein, damit die Mitarbeiter auch dazu ani-
miert werden, über neue Lösungsmög-
lichkeiten beziehungsweise Wege zur
Zielerreichung nachzudenken. Für die
Zielerreichung der Key Results sollten in
etwa folgende Schwellenwerte gelten:
• 70 bis 100 Prozent erreicht: Ein Key
Result sollte nur in Ausnahmefällen zu
100 Prozent erreicht werden. Ein Nicht-
erreichen bedeutet kein Scheitern, son-
dern: Das Ziel war sehr ambitioniert.
• 40 bis 60 Prozent erreicht: Das Ziel
wurde zwar nicht erreicht, doch es
wurde im Quartal ein beachtlicher Fort-
schritt erzielt. Somit ist alles im grünen
Bereich.
• 0 bis 30 Prozent erreicht: Das Ziel
wurde nicht erreicht und auch der Fort-
schritt ist unzureichend. Das Ziel wird
deshalb gegebenenfalls ins nächste
Quartal mitübernommen.
Inwieweit die Belegschaft eines Unter-
nehmens mit dieser Art der Beurteilung
der Zielerreichung umgehen kann, hängt
stark von der Kultur und dem Reifegrad
der Organisation ab sowie davon, wie
stark in ihr zum Beispiel bereits der KVP-
Gedanke verankert ist. Deswegen lautet
eine Empfehlung: Das Management eines
Unternehmens sollte sich bereits vor dem
eventuellen Einführen der OKR-Methode
Gedanken darüber machen, wie mit dem
Setzen der Schwellenwerte umgegangen
wird.
Unterjähriger Umsetzungs-
prozess
Die OKRs sind hinsichtlich ihrer unterjäh-
rigen Umsetzung sehr agil gestaltet. Da-
hinter steckt die grundsätzliche Aufforde-
rung: „Plane für den nächsten Zeitraum,
setze um und prüfe Dein Ergebnis und
setze Dich insbesondere damit auseinan-
der, was Du gelernt hast.“ Die Abbildung
„Unterjährig“ auf der gegenüberliegen-
den Seite zeigt, wie sich der unterjäh-
rige Umsetzungsprozess gestaltet. Zum
Beispiel werden jedes Quartal die OKRs
neu geplant. Vor Ende des ersten Quartals
werden bereits die OKRs für das zweite
Quartal definiert und finalisiert. Dazwi-
schen findet die Beurteilung der Zielerrei-
chung statt. Zu Beginn des Folgequartals
erfolgen die Präsentation der Zielerrei-
chung aus dem Quartal 1 und die Vorstel-
lung der OKRs für das Quartal 2.
Danach beginnt die nächste Umsetzungs-
phase. Der Vorteil dieser Vorgehensweise
liegt in der kurzzyklischen Ausrichtung
der Ziele. Keinesfalls sollte jedoch der
benötigte Zeitaufwand für das jeweilige
Festlegen der OKRs – auf jeder Ebene –
und deren Abstimmung unterschätzt wer-
den. Folgende Einflussgrößen sollte das
Management beim Einführen der OKR-
Methode berücksichtigen:
• Was ist generell das Ziel der OKR-Ein-
führung für unser Unternehmen?
• Wie hoch ist der Reifegrad der Organi-
sation hinsichtlich Problemlösungsden-
ken und Agilität?
• Welche weiteren Systeme zur Strategie-
umsetzung und Zielvereinbarung gibt
es bereits?
• Wie binden wir die OKRs an das beste-
hende KPI-System an?
• Liegt unser Fokus auf der strategischen
Ausrichtung oder einem Mix aus stra-
tegischer Ausrichtung, kontinuierlicher
Verbesserung und Tagesgeschäft?
• Welchen Mix aus Top-down und Bot-
tom-up-Zielabstimmung wählen wir?
• Wie viele Hierarchieebenen binden wir
im ersten Schritt ein?
• Wie soll die Anbindung an das Shop­
floor Management-System erfolgen?
• Wer treibt intern den OKR-Einführungs-
prozess voran?
• Welche Ressourcen im Sinne der betei-
ligten Führungskräfte stehen uns zur
Verfügung?
• Wie messen wir den Erfolg der OKR-
Einführung?
• Binden wir OKR an das Bonus-/Vergü-
tungssystem an?
• Wie gestalten wir den Veränderungs-
prozess und die Kommunikationsstra-
tegie?
• Ist die 20-60-20-Regel bei uns gültig (20
Prozent der Betroffenen sind dafür, 60
Prozent sind neutral, 20 Prozent zeigen
Widerstand)?
Fazit:
Die OKR-Methode ist keine neue
Wunderwaffe, weder für das Führen
von Mitarbeitern und Teams noch zum
Erhöhen der Agilität von Unternehmen.
Sie ist jedoch eine bewährte Methode zur
Strategieumsetzung insbesondere auf der
operativen Ebene. Dabei sollten jedoch
zwei Dinge nicht vergessen werden: Das
Definieren der Objectives und Key Results
allein befähigt die Mitarbeiter nicht, diese
zu erreichen. Deshalb setzt das Arbeiten
mit der OKR-Methode auch eine Füh-
rungskultur voraus, bei der sich die Füh-
rungskräfte primär als Ermächtiger und
Befähiger beziehungsweise Coachs ihrer
Mitarbeiter verstehen. Außerdem gilt es,
ihnen Tools wie den PDCA-Zyklus oder
den A3-Report an die Hand zu geben, mit
denen sie das Lösen von Problemen ein-
üben können.
Ein großer Vorzug der OKR-Methode:
Sie lässt sich einfach mit Systemen wie
Hoshin Kanri und der Balanced Scorecard
verknüpfen, die eher auf das Erreichen
der mittel- und langfristigen (strategi-
schen) Ziele abzielen. Zudem harmoniert
sie mit dem KVP- und dem Lean-Gedan-
ken, da es auch bei ihr um ein kontinuier-
liches Sich-Verbessern der Organisation
und der Mitarbeiter geht.
Dr. Daniela Kudernatsch
Dr. Daniela
Kudernatsch
ist
Managing
Director der Unter­
nehmensberatung
Dr. Kudernatsch
Consulting & Solutions, Straßlach
bei München. Sie hält unter anderem
Seminare zum Thema „Hoshin Kanri –
Policy Deployment – der effektive Stra­
tegieumsetzungsprozess“.
Dr. Daniela Kudernatsch
Fußsteinerstraße 3
82064 Straßlach bei München
Tel. 08170 92233
AUTORIN
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