wirtschaft + weiterbildung
02_2018
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tionsmethoden erarbeitet, um neues Wis-
sen zu etablieren und anzuwenden. Die
Teilnehmer müssen den Umgang mit Un-
gewissheit, Mustererkennung, Offenheit
und Neugier einüben. Eine Kultur des
Experimentierens muss gefördert werden.
Es geht darum, ein dysfunktionales Mind-
set in ein Global Mindset umzuformen.
Selbstengagement und Selbststudium von
globalen Nachrichten, Zeitungen, Publi-
kation, Industriereports sind dafür ein
guter Anfang.
Ebene zwei:
affektive/emotionale
Entwicklung
Eine Schlüsselrolle in der Entwicklung
eines Global Mindset stellt der emoti-
onal-affektive Bereich dar. Hierbei ist
zunächst wichtig zu wissen, wer man
selbst ist – wie man denkt, Dinge wahr-
nimmt, sich selbst realistisch einschätzt,
wie man Konflikte löst, verarbeitet und
wahrnimmt, welche Einstellung man
gegenüber anderen hat. Das bedeutet
die Kenntnis über das eigene „Selbst-
konzept“. Eine emotionale Offenheit
mitzubringen und Herausforderungen
mutig anzugehen, sind hier fundamen-
tale Säulen im Selbstwert. Selbstreflexion
und Transformation der Identitäten sind
wichtige Schritte im Lernprozess. Einige
Studien sprechen vom sogenannten „psy-
chologischen Kapital“, welches aus Hoff-
nung, Resilienz, Selbstwirksamkeit und
Optimismus geprägt ist. Dies sollte nach
und nach aufgebaut werden. „Mindful-
ness“ spielt dabei eine wichtige Rolle zur
Entwicklung auf emotionaler Ebene.
Ebene drei:
verhaltensorientierte
Entwicklung
Die verhaltensorientierte Perspektive ist
eine von außen sichtbare: wie sich je-
mand verhält, welche Körpersprache er
hat, wie er auf Emotionen reagiert und
wie er mit anderen interagiert. Soziales
Netzwerken mit Kollegen und Kunden ist
dazu erforderlich und praktizierte Lern
erfahrungen im Ausland unumgänglich:
die Bereitschaft mit anderen in Kontakt
zu treten, die Fremdsprache proaktiv zu
lernen, kommunikativ zu sein, eine Of-
fenheit mitzubringen. Kollaborations-
bereitschaft, Flexibilität, Anerkennung
und Bescheidenheit gegenüber anderen
sind Erfolgsfaktoren in der Entwicklung
ebenso wie der Wille, aus Erfahrungen
etwas Positives mitzunehmen und wei-
terzulernen.
Ebene vier:
kulturelle Entwicklungs-
ebene
Die kulturelle Ebene ist eine Ebene aus
tatsächlich gemachten Erfahrungen. Man
kann Kultur nicht lernen, sondern nur
erfahren. Lernstile sind kulturell geprägt.
Interkulturelles Verständnis, interkultu-
relle Anpassungsfähigkeit und kulturelle
Kompetenzen muss man erst erlernen. In-
terkulturelle Sensitivitätstrainings können
nur darauf vorbereiten.
Es geht ums Entdecken
Bei der Entwicklung eines Global Mind-
set geht es um das Entdecken, sowohl
persönlich als auch interaktionell. Neues
Wissen wird geschaffen durch Handlun-
gen, Entscheidungen, Erfahrungen und
Lernprozesse. Gefühle brauchen länger,
bis sie sich anpassen. Die Dinge müssen
neu bewertet werden – und das benötigt
einfach Zeit zur Reflexion.
Jörg Hruby
Kulturelle Unterschiede bewusst machen
Beispiele.
In einem Beitrag auf seiner Website erklärt der Harvard-Professor Pankay Ghemawat unter-
schiedliche Probleme der internationalen Zusammenarbeit, die auf kulturellen Unterschieden beruhen.
Anhand von Beispielen zeigt er, welche verschiedenen Denkweisen dahinterstecken.
Ghemawat hat auf seiner Website den Bei-
trag „National Cultural Differences and Mul-
tinational Business“ veröffentlicht. Darin
greift er die sechs Kulturdimensionen nach
Geert Hofstede (Machtdistanz, Kollektivis-
mus/Individualismus, Maskulinität/Femini-
tät, Ungewissheitsvermeidung, lang-/kurz-
fristige Ausrichtung, Nachgiebigkeit und
Beherrschung) auf und erklärt, wie deren
kulturell unterschiedliche Ausprägung zu
Missverständnissen führen kann.
Beispiel eins: Angeber versus Trottel
Ghemawat bemüht zu Beginn ein Beispiel,
das von Hofstede selbst stammt: Der Nie-
derländer hatte sich in jungen Jahren bei
einem US-Konzern beworben – allerdings
ohne Erfolg. Später beschrieb der Wissen-
schaftler das kulturelle Missverständnis,
an dem er gescheitert war: Niederländische
Bewerber würden sich aus amerikanischer
Sicht nicht gut genug verkaufen mit ihren
kurzen, bescheidenen CVs. Amerikanische
Lebensläufe wiederum würden für Nieder-
länder übertrieben erscheinen, da sie vor
Superlativen strotzten. Amerikaner würden
also Niederländer für Trottel halten – und
Niederländer Amerikaner für Angeber.
Beispiel zwei: Keine Kritik am Chef
Doch auch, wenn kulturelle Unterschiede
zu Missverständnissen führen können:
Manchmal können sie auch Leben retten.
Das macht Ghemawat an einem beson-
ders tragischen Beispiel deutlich: Zwischen
1970 und 2000 hatte die südkoreanische
Fluggesellschaft Korean Air eine hohe Zahl
an Flugzeugabstürzen zu beklagen. Eine
Analyse der auf den Blackboxes aufgezeich-
neten Gespräche aus den Unglücksfliegern
ergab: Die Co-Piloten und Flugbegleiter –
alle Koreaner – unterwarfen sich im Cock-
pit ganz der Meinung des Kapitäns. Selbst
wenn der Absturz kurz bevorstand, wider-
sprachen sie dem Ranghöheren so gut wie
nie. Der Hintergrund, schreibt Ghemawat: In
Korea sei es kulturell nicht akzeptiert gewe-
sen, Vorgesetzten zu widersprechen.
Mehr zum Thema finden Sie auf Pankay
Ghemawats Website: