personal- und organisationsentwicklung
28
wirtschaft + weiterbildung
02_2018
mawat (siehe Kasten auf Seite 29) mit
einem Global Attitude Protocol, ebenso
von Paula Caligiuri und Kollegen einen
„Cultural Agility“-Fragebogen. Kulturelle
Intelligenzfragebögen sind auch kosten-
los im Umlauf. Doch meist fehlt diesen
Angeboten die Prozessperspektive. Sie
bilden nur einen Status quo ab und zei-
gen keine Entwicklungsperspektive.
Global Mindset aufbauen
Mit dem richtigen Ansatz und den rich-
tigen Tools kann ein Global Mindset
über die Zeit aufgebaut werden. Dazu
benötigen Manager gewisse Führungs
eigenschaften, Kompetenzen, Wissen
und vor allem die Lernbereitschaft und
die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Auch
diese können durch Führungskräfteent-
wicklungsmaßnahmen wie Trainings,
Weiterbildung und Coachings bezie-
hungsweise Personalentwicklungsmaß-
nahmen aufgebaut werden.
Dennoch: Unserer Meinung nach gibt
es einige Persönlichkeitseigenschaften,
die ein Manager schon haben müsste,
um ein Global Leader mit einem Global
Mindset zu werden. Hier kann zunächst
anhand der Persönlichkeitsfaktoren (den
sogenannten „Big Five“) geprüft werden,
ob zum Beispiel der Faktor „Offenheit
gegenüber Neuem“ stark ausgeprägt ist.
Selbstbewusstsein ist sicherlich auch sehr
förderlich. Neurotisch zu sein ist dagegen
eher kontraproduktiv.
Eine Entwicklung des (Global) Mindsets
läuft s-förmig ab. Dabei kontrolliert das
aktuelle Mindset die Auffassung und In-
terpretation von neuen Informationen.
Solange die neuen Informationen mit
dem aktuellen Mindset übereinstimmen,
werden wir darin bestärkt. Sobald aber
die neue Information nicht mit dem ak-
tuellen Mindset übereinstimmt, verwei-
gern wir die neue Information – oder wir
ändern unser Mindset. Je offener jemand
der Welt gegenübersteht, desto eher än-
dert diese Person ihre Denkweise. Wir
können in der Regel nur durch Interak-
tion mit einem Coach, Trainer oder Men-
tor unsere eigene Sicht der Dinge infrage
stellen. Andernfalls geschieht das nur,
wenn sehr starke emotionsbasierte Erfah-
rungen („Triggermomente“) unser Den-
ken nachhaltig verändern.
Instrumente zur Veränderung des Mind-
sets in der Personalentwicklung sind
zum Beispiel Fallstudien, Simulationen,
Rollenspiele und Auslandseinsätze (As-
signments). Ebenso zwingend notwendig
sind Fremdsprachenkenntnisse. Erfah-
rungsbasierte Methoden sind zielführen-
der als didaktische Methoden. Die kog-
nitive Verhaltenstherapie, Ansätze zum
Thema aufmerksamkeitsbasierte („mind-
fulness“) Trainingsmethoden sowie auch
eine psychoanalytische Therapie können
hier rigide Denkmuster aufbrechen. Es
wird jedoch empfohlen, immer einen lo-
kalen interkulturellen Coach im Gastland
zu wählen. Kulturelle Briefings mögen
gut sein, aber vielfach sind sie nur ein
erster Schritt.
Allem vorweg müssen die Manager zu-
nächst aber die Bereitschaft und Moti-
vation haben, sich selbst zu verändern
und sich neuen Erfahrungen zu widmen.
Kenntnisse der erfahrungsorientier-
ten Lerntheorie können hier auch eine
Grundlage bei Weiterbildungsmethoden
sein. Ohne tatsächlich gemachte neue
Erfahrungen findet keine Weiterentwick-
lung des Mindset statt. Es wird auch von
„korrigierenden Erfahrungen“ gespro-
chen, die maladaptive Denkmuster korri-
gieren. Einstellungen lassen sich nur über
positiv gemachte Erfahrungen verändern.
Aus unserer Erfahrung sind Gruppen-
coachings mit einer gewissen Dynamik
zielführend. Dabei lernen die Teilnehmer
viel aus den Erfahrungen und Sichtwei-
sen der anderen Teilnehmer. Dazu sollte
das Unternehmen jedoch in wöchentliche
Sitzungen mit einer Dauer von insgesamt
ein bis zwei Jahren investieren.
Vier Ebenen fürs Training
Insgesamt führt das Global Mindset zu
einer Emanzipation, damit Führungs-
kräfte sich sicherer im Umgang mit län-
derübergreifenden Tätigkeiten fühlen. Sie
hinterfragen ihre Komfortzonen und bre-
chen sie auf. Dazu braucht es eine Lern-
kultur, bei der Lernen und Experimentie-
ren gefördert werden. Denn Anpassung
bedeutet Veränderung und Veränderung
bedeutet Reflexion.
Wir sind der Meinung, dass dynamische
interaktive Trainingsmethoden anhand
von vier Ebenen gestaltet werden sollten:
einer kognitiven, einer affektiv-emotio-
nalen, einer verhaltensorientierten und
einer kulturellen Ebene. Diese sind je
nach Proband individuell zu konzipieren.
Ebene eins:
kognitive Entwicklung
eines Global Mindset
Auf dieser Ebene wird kognitive Komple-
xität durch Differenzierungs- und Integra-
R
Dr. Jörg Hruby
ist Lehrbeauftrag-
ter an der Inter-
national School
of Management
und Geschäftsführer des Steinbeis-
Beratungszentrums Global Mindset &
Leadership.
Steinbeis-Beratungszentrum Global
Mindset & Leadership
Spanger Straße 38
40599 Düsseldorf
Tel. 0162 5428716
AUTOR
Buchtipp.
Mehr
zum
Thema
„Global Mind-
set“ lesen Sie
im
Springer
Essential, das
der Autor die-
ses Texts 2014
veröf fentlicht
hat.
Darin
erzählt er die
Entwicklungsgeschichte des Global
Mindset, analysiert dessen Bedeu-
tung für Unternehmen und schluss-
folgert, welche Implikationen das
alles für das Management hat (Jörg
Hruby: Global Mindsets. Springer
Gabler, Wiesbaden 2014, 27 Sei-
ten, 6,99 Euro).
Überblick:
Global Mindset