wirtschaft + weiterbildung
10_2017
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kann in einem zweiten Schritt beispiels-
weise im Dialog mit der Führungskraft
oder einem Coach ermittelt werden, in-
wieweit es sich bei den identifizierten
Stärken um bereits genutzte oder noch
ungenutzte Stärken handelt und ob der
Mitarbeiter beim Wahrnehmen gewisser
Tätigkeiten bestimmte Stärken eventuell
übertreibt, sodass hieraus Schwächen
werden.
Hierauf aufbauend kann dann erneut im
Dialog mit dem Mitarbeiter ermittelt wer-
den, welche Aufgaben er verstärkt über-
nehmen sollte, damit er seine Stärken
noch besser oder umfassender nutzen
kann; außerdem können mit ihm Ent-
wicklungsmaßnahmen vereinbart wer-
den, was er tun kann, damit sich seine
noch ungenutzten Talente zu Stärken
entwickeln und seine Stärken weiter ge-
festigt werden. Eine Personaleinsatzpla-
nung, die sich an den Stärken der Mit-
arbeiter orientiert, hat den Vorzug, dass
die Mitarbeiter beim Wahrnehmen ihrer
Aufgaben intrinsisch motiviert sind, da
sie ihnen leicht von der Hand gehen und
sie dabei überdurchschnittlich erfolgreich
sind; und weil ihnen diese Erfolgserleb-
nisse – insbesondere, wenn sie zudem
ein positives Feedback erhalten – Befrie-
digung bereiten, fragen sich die Mitar-
beiter nahezu automatisch, wie sie die
betreffende Aufgabe künftig noch besser
machen können. Sie zeigen also die ge-
wünschte Eigeninitiative und -verantwor-
tung.
Aus Mitarbeitern werden
Selbstmanager
Ähnlich verhält es sich bei der Personal-
und Kompetenzentwicklung. Wenn Mit-
arbeiter ihre Stärken und Talente kennen,
sind sie in der Lage, sich eigenständig zu
überlegen,
• was sie tun können, damit aus ihren
noch ungenutzten Talenten Stärken
werden und
• in welchen Aufgabenfeldern sie ihre
Stärken noch (besser) nutzen können.
Das heißt, sie können für sich einen Ent-
wicklungsplan entwerfen und danach
beispielsweise das Gespräch mit ihrer
Führungskraft darüber suchen,
• inwieweit dieser persönliche Entwick-
lungsplan in ihrem Unternehmen be-
ziehungsweise aktuellen Arbeitsfeld
realisierbar ist und
• welche Unterstützung ihnen die Füh-
rungskraft beziehungsweise das Unter-
nehmen bei dessen Realisierung bieten
kann.
Das heißt, die Verantwortung für die Ent-
wicklung des Mitarbeiters liegt anders
als beim klassischen Talent Management
nicht in den Händen einer fernen Perso-
nalentwicklungsabteilung, sondern sie ist
und bleibt in der Selbstverantwortung des
Mitarbeiters. Und die Personalentwick-
lung sowie die unmittelbaren Vorgesetz-
ten haben hierbei nur eine unterstützende
Funktion.Ein solcher Paradigmenwechsel
bei der Personal- und Kompetenzent-
wicklung ist in vielen modernen Unter-
nehmen nötig, denn in ihnen können die
Personalabteilungen – unter anderem
aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben
und (beruflichen) Biografien der Mitar-
beiter – immer schwerer erfassen, was
die Mitarbeiter für ihre weitere Entwick-
lung brauchen. Und schon gar nicht kann
der Bedarf mit zentral konzipierten Ent-
wicklungsmaßnahmen befriedigt werden.
Dafür ist der Entwicklungsbedarf indivi-
duell zu verschieden.
Entsprechendes gilt für die Führungs-
kräfte. Auch sie können meist nur bedingt
einschätzen, welche Förderung Spezialis-
ten brauchen, um entweder noch mehr
oder künftig die gewünschte Wirkung zu
entfalten. Deshalb können sie im Prozess
der Kompetenzentwicklung letztlich nur
unterstützend agieren. Die zentrale Ver-
antwortung hierfür muss beim Mitarbei-
ter bleiben. Deshalb ist ein Schwenk von
einem eher zentral organisierten Talent-
management hin zu einem individuellen
Stärkenmanagement vor Ort sinnvoll, das
die Mitarbeiter einerseits in die Pflicht
nimmt und ihnen andererseits die nötigen
Gestaltungsmöglichkeiten bietet.
Frank Rebmann
Überblick mit der „Stärken-Map“
Analyse.
Beim Versuch, mehr Klarheit über sich selbst zu gewinnen,
hilft eine Stärken-Map mit vier Feldern.
Quelle: www.staerkentrainer.de
STÄRKEN
SCHWÄCHEN
Ihre genutzten Stärken
· Welche Tätigkeiten geben mir beson-
ders viel Energie im Job?
· Was mache ich regelmäßig im Job,
das mir Freude bereitet und bei dem
ich sehr gute Ergebnisse erziele?
· Wann setze ich diese Stärken ein?
An welche Beispiele erinnere ich
mich?
· Was gefällt mir dabei, wenn ich diese
Stärken einsetze? Wie fühle ich mich
dann?
Ihre ungenutzten Stärken
· Was mache ich sehr gerne, was ich
aber in meiner jetztigen Situation
oder Position nur selten nutzen
kann?
· Welche Stärken habe ich früher öfter
eingesetzt?
· Zu welchen Gelegenheiten kann ich
diese Stärken bereits jetzt nutzen?
Ihre schwächeren Punkte
· Wo muss ich mich anstrengen und
erreiche trotzdem keine besonders
guten Ergebnisse?
· Wie beeinflusst diese Schwäche
meine gegenwärtige Rolle und mei-
nen Job?
· Wie wichtig ist diese Fähigkeit in mei-
ner jetztigen Situation überhaupt?
Muss ich sie ausgleichen oder kann
ich sie so belassen, wie sie ist?
Ihre überzogenen Stärken
· Wo setzte ich Stärken von mir zu oft
oder zu intensiv ein?
· Welche Auswirkungen hat das auf
mich? Meinen Job? Mein Umfeld?
· Wieso setze ich diese Stärken den-
noch zu oft oder zu intensiv ein?
Frank Rebmann
arbeitet als Trai-
ner, Berater und
Coach und gilt als
Experte für das
Themenfeld „Ermitteln und Entwickeln
der Stärken von Führungskräften und
ihren Mitarbeitern“. Der zertifizierte
Trainer und systemische Coach ver-
fügt über 16 Jahre Erfahrung als Füh-
rungskraft und 20 Jahre Erfahrung als
Verkäufer in Industrie- und Handels-
unternehmen.
Frank Rebmann, Stärkentrainer
Stresemannstr. 7, 70192 Stuttgart
Tel. +49711 91401156
AUTOR