wirtschaft und weiterbildung 1/2017 - page 31

wirtschaft + weiterbildung
01_2017
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Reihe mit vier Terminen zu je vier Stun-
den angeboten. Diese Aktion begann drei
Monate nach Projektende und erstreckte
sich über neun Monate. Außerdem sollen
die Teilnehmer zu Multiplikatoren für das
Thema „Achtsamkeit im Unternehmen-
salltag“ werden.
Die Ingenieure erfolgreicher deutscher
Konzerne können auch deshalb regelmä-
ßig für das Trainingsprogramm „Working
Mind“ begeistert werden, weil es seit
dem Jahr 2014 wissenschaftlich begleitet
wird. Das Forschungsdesign stammt von
Prof. Dr. Niko Kohls von der Universität
Coburg. Zu Beginn und am Ende des
Trainings werden mit identischen Test-
verfahren Daten erhoben. Es erfolgt zum
Beispiel eine Dokumentation der Medi-
tationszeiten über eine App oder über
andere internetgestützte Zeiterfassungs-
systeme.
Außerdem wird ein „Attention-Network-
Test (ANT)“ durchgeführt, der beispiels-
weise die Fähigkeit zur Konzentration
und Fokussierung misst. Mit anderen
Tests wurden auch noch Veränderungen
bei der Freude an der Arbeit, der Krea-
tivität oder dem Teamklima erfasst. Ge-
messen wurde zudem, wie sich beim
intra-individuellen Erleben Achtsamkeit,
Präsenz und Akzeptanz veränderten und
wie sich die psychische Anspannung ver-
änderte. Jeder Teilnehmer konnte sich am
Ende des Trainings einen fünfzehnseiti-
gen Auswertungsbericht herunterladen,
der die individuellen Veränderungen in
Form von Balkendiagrammen erläutert
und dem Gruppenergebnis gegenüber-
stellt. Der Auftraggeber erhält außerdem
eine Auswertung, die sich auf seine Firma
bezieht. Über die Ergebnisse wird mit
den Teilnehmern ausgiebig diskutiert: In-
wieweit entsprechen die Daten den sub-
jektiven Eindrücken? Woran macht man
das im Alltag fest? Gab es Feedback von
Kollegen?
Die (insbesondere beim Thema „Stress-
stabilität“) überdurchschnittlich guten
Ergebnisse decken sich mit den Erfah-
rungsberichten der Teilnehmer, den Ein-
drücken der begleitenden Trainer und des
hohen Engagements beim Einüben von
Achtsamkeit. Die Teilnehmer haben im
Schnitt fünf Mal wöchentlich über den
gesamten Projektzeitraum meditiert. Alle
Projektziele wurden als erreicht bewertet.
Viele der Teilnehmer treffen sich über das
Projektende hinaus regelmäßig in ihren
Kleingruppen, meditieren gemeinsam in
einem jetzt dauerhaft zur Verfügung ge-
stellten Raum und tauschen sich aus. Es
wurde ein Artikel in der Werkszeitung
veröffentlicht und am „Schwarzen Brett“
hängen neuerdings Plakate, auf denen
Teilnehmer Achtsamkeit als Mittel gegen
den Alltagsstress empfehlen.
So urteilte die Jury
Der Berufsverband für Trainer, Berater
und Coaches (BDVT) in Köln verleiht seit
1992 jährlich seinen „Europäischen Preis
für Training, Beratung und Coaching“. In
diesem Jahr gab es fünfmal Gold, sechs-
mal Silber und sechsmal Bronze. In seiner
Eröffnungsrede zur Preisverleihung freute
sich BDVT-Präsident Stephan Gingter: „In
einem wirtschaftlich, gesellschaftlich und
politisch herausfordernden Umfeld ist es
den Gewinnerinnen und Gewinnern ge-
lungen, den Ertrag und Erfolg sowohl für
die auftraggebenden Unternehmen wie
auch für deren Mitarbeiter nachweislich
deutlich zu steigern.“ Einer der „Gold“-
Gewinner war die Kalapa Academy
GmbH in Bergisch Gladbach. Sie wurde
für ihr Trainingsprogramm „Working
Mind“ ausgezeichnet.
Die Jury lobte, dass Kalapa gezeigt habe,
dass ein grundlegendes Training des
menschlichen Geists kein Luxus mehr
sei, sondern eine Notwendigkeit. Medita-
tionstechniken wurden dazu aus dem ur-
sprünglich spirituellen Kontext herausge-
löst, sprachlich neu gefasst und zum Bei-
spiel für Ingenieure zugänglich gemacht.
Die „herausragende Leistung“ von Kalapa
lag dem BDVT zufolge darin, einer Ziel-
gruppe, für die das Thema völlig neu war,
die Relevanz von „Achtsamkeit“ ganz
praktisch aufzuzeigen. Da Achtsamkeit
über einen längeren Zeitraum und unter
Anleitung geübt werden muss, um in den
Alltag integriert werden zu können, gilt es
auch als beachtlich, dass die Akademie in
der Lage ist, potenzielle Auftraggeber von
einem mehrwöchigen Intervalltraining zu
überzeugen. Allein schon die Dauer der
Trainingsmaßnahme ist für die Jury ein
Alleinstellungsmerkmal.
Das schlichte Beobachten des eigenen
Geistes ist für viele Berufstätige eine
fundamentale Erfahrung und große Her-
ausforderung. Es braucht meist mehrere
Wochen, bis man begreift und akzeptiert,
dass es „nur“ darauf ankommt, den ei-
genen Zustand immer präziser wahr-
zunehmen und bewertungsfrei anzu-
nehmen. Das alleine ist dann oft schon
der Ausgangspunkt dafür, dass alte Ver-
haltens- und Denkmuster durch neue
ersetzt werden können. Liane Stephan,
Geschäftsführerin der Kalapa GmbH, ist
sich sicher: „Achtsamkeit ist die Grund-
lage von Selbstführung und damit auch
immer von Führung.“ Indem Menschen
achtsamer würden, veränderten sich um
sie herum viele andere Bereiche spür-
bar zum Positiven. Stephan: „Wir gehen
davon aus, dass Achtsamkeitsübungen
in spätestens 20 Jahren in allen größe-
ren Unternehmen allgegenwärtig sind,
so wie heute Sport- und Ernährungspro-
gramme.“ In den Augen der Jury leistet
Kalapa gerade Pionierarbeit.
Martin Pichler
Siegerlächeln.
Kalapa-Grunderin
Liane Stephan und
Trainer Matthias
Nitsche freuen sich
uber den BDVT-
Gold-Award.
Foto: BDVT
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