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wirtschaft + weiterbildung
01_2017
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Die sieben Sphären der Resilienz
Unterschiedlichste Wissenschaftler haben
Schutzfaktoren herausgearbeitet, die es
Menschen ermöglichen, sich von Krisen
besser zu erholen als andere. Zusammen-
gefasst spricht man von den „Sieben Sphä-
ren individueller Resilienz“, die hier stark
verkürzt aufgezählt werden:
1
Die Sphäre „Persönlichkeit“.
Die Stressresistenz eines Menschen ist
eine Persönlichkeitseigenschaft, die zur
einen Hälfte genetisch bedingt ist und zur
anderen Hälfte von der frühkindlichen Prä-
gephase eines Menschen abhängt. Von
allen Sphären der Resilienz ist die Sphäre
„Persönlichkeit“ am wenigsten bewusst
beeinflussbar. Es geht hier vor allem darum,
die eigenen Ecken und Kanten besser ken-
nenzulernen – durch Selbstreflexion, Feed-
back von außen und durch die Instrumente
der Persönlichkeitspsychologie.
2
Die Sphäre „Biografie“.
Die Strategien, die in Kinder- und Jugend-
tagen effektiv waren, um Zuwendung zu
erhalten, sind meist auch ein effektiver
Antrieb für die spätere Karriere, allerdings
zu einem hohen Preis. Viele Manager haben
Glaubenssätze verinnerlicht wie „Wenn ich
nicht alles gebe, werde ich nicht akzep-
tiert“. Diese tief liegende Überzeugung setzt
einerseits ungeheure Kräfte frei, anderer-
seits kann sie sich auf Dauer negativ auf
das soziale Leben, die nötige Regeneration
und die persönliche Zufriedenheit eines
Menschen auswirken.
3
Die Sphäre „Haltung“.
Sieht ein Manager sich als „Gestalter“, der
seines eigenen Glückes Schmied ist? Oder
fühlt er sich eher als „Opfer“, das sich selbst
bedauert und die Verantwortung für seine
Misere bei anderen sieht? In der Sphäre
Modell.
Karsten Drath, Unternehmensberater und Business Coach, hat die Ergebnisse der Resilienz-
Forschung in einem „Sieben-Sphären-Modell“ zusammengefasst. Auf dem Coaching-Kongress 2017 in
Erding hält er am zweiten Kongresstag den Vortrag „Executive Coaching mit den sieben Sphären der
Resilienz: Ein neues Modell für bessere (Selbst-)Führung“.
ehrliche Beziehungen sind gerade für Füh-
rungskräfte wichtig, da sie hier nicht die
Rolle des stets souveränen Entscheiders
mimen müssen, der zu allen Problemen
stets eine Lösung parat hat. Authentische
Beziehungen zu Freunden, vertrauten Kol-
legen, Mentoren oder einem Coach geben
einem Manager die Gelegenheit, auch ein-
mal seine Zweifel oder Ängste zeigen zu
dürfen. Das macht solche Beziehungen aus-
gesprochen wertvoll. Von vielen erfolgrei-
chen Managern wird die Tragweite solcher
authentischen Beziehungen unterschätzt.
Der Pflege solcher Kontakte wird eine ent-
sprechend niedrige Priorität eingeräumt –
bis dann irgendwann keine Freunde mehr
da sind. Es gibt also eine (bislang unter-
schätzte) stabilisierende Wirkung dieser
„Critical Leader Relationships“.
7
Die Sphäre „Sinn“.
Beruflich engagierte und erfolgreiche
Menschen führen meist ein Leben auf der
Überholspur. Sie leisten viel, nehmen jede
Menge Unannehmlichkeiten für ihren Job
in Kauf, verzichten oftmals auf ein erfülltes
Privatleben. Nur wer wirklich einen Sinn in
dem sieht, wofür er sich engagiert – für den
sich also sein Handeln richtig und bedeut-
sam anfühlt – kann beruflichem Druck und
der Anfälligkeit für Lebenskrisen trotzen. In
der Sphäre „Sinn“ geht es folglich darum,
die persönlichen Werte zu erarbeiten und
herauszufinden, was wirklich bedeutsam
ist im Leben des Einzelnen.
Tipp:
Resilienz, die Fähigkeit, mit Druck
und Rückschlägen konstruktiv umzuge-
hen, lässt sich trainieren wie ein Muskel.
Je häufiger und intensiver dieses seelische
Fitnessprogramm absolviert wird, desto
besser ist der Einzelne gegen Krisen und
Rückschläge gewappnet.
„Haltung“ geht es daher darum, Strategien
zu entwickeln, um seine Haltung bewusst
konstruktiv beeinflussen zu können.
4
Die Sphäre „Ressourcen“.
Ressourcen sind einfache, schnell wirk-
same Strategien, um das eigene Wohlbe-
finden gezielt zu verbessern. Sie sind der
Erste-Hilfe-Kasten für Führungskräfte und
alle, die daran arbeiten möchten, sich zu
erden, Kraft zu tanken, eine Distanz zu den
Alltagsproblemen zu schaffen und sich so
für schwierige Situationen zu wappnen.
Ressourcen müssen meist erst erarbeitet
und danach regelmäßig angewendet wer-
den, damit sie positiv wirken können.
5
Die Sphäre „Hirn-Körper-Achse“.
Der Mensch besteht aus Körper und Geist.
Beide sind eng miteinander verbunden und
beeinflussen sich wechselseitig. Sie sollten
deshalb gleichermaßen Beachtung finden.
Die Arbeit an der Hirn-Körper-Achse beginnt
bei der Schlafmenge und der Qualität der
Ernährung und führt über verschiedene
Formen der körperlichen Aktivierung, wie
beispielsweise Walken oder Yoga bis hin zu
Achtsamkeits- und Meditationsübungen.
Ebenfalls gehört die Messung von körperli-
chen Stressindikatoren dazu – zum Beispiel
der Herzraten-Variabilität oder des Ruhepul-
ses, mit dem Ziel, die eigene Selbstwahr-
nehmung zu schärfen. Die Körperebene
ist besonders gut dafür geeignet, kurz-
fristig eine gesunde innere Distanz zu den
Geschehnissen des Alltags aufzubauen. Sie
senkt so das Erleben von negativem Stress.
6
Die Sphäre „Authentische
Beziehungen“.
Mit wem sprechen Sie, wenn Ihnen etwas
„an die Nieren“ geht? Wer bildet Ihren ganz
persönlichen Aufsichtsrat? Vertrauensvolle,
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